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Rund um den Rothaarkamm: Mit dem Rad von Erndtebrück über den Rhein-Weser-Turm nach Schanze und über Albrechtsplatz und Bad Berleburg wieder zurück

In der letzten Woche war ich auffällig häufig rüber über den Rothaarkamm in den Schmallenberger Raum gefahren. Ich wollte das gute Wetter nutzen, zwei noch unerkundete Örtchen etwas genauer unter Augenschein zu nehmen. Das war zum einen Latrop, wo ich zumindest an dessen Zufahrtsstraße an einem sehr verregneten Sonntag mit dem Crosser vorbei kam. Und das andere Örtchen war Schanze. Beide Örtchen nur wenig voneinander entfernt, beide nur von einer Richtung zu erreichen.

Am letzten Sonntag war ich in Latrop – sehr hübsch, aber nicht Thema dieses Beitrages. Und am Dienstag und Freitag war ich mal in Schanze. Am schnellsten lässt sich Schanze von Erndtebrück aus über die L 720 über Womelsdorf nach Röspe und dann von dort der L 553 folgend nach Wingeshausen erreichen. Nun war erstere Landstraße letzte Woche aber noch voll gesperrt, so dass man aktuell einen Umweg über Schameder, Birkefehl und Berghausen fahren muss. So kamen hin und zurück am Dienstag immerhin knappe 84 km und 1229 Höhenmeter zusammen.

Wittgensteiner Höhen bei Birkefehl

Denn von Wingeshausen hoch nach Jagdhaus wird der Rothaarkamm am Grenzweg bezwungen (prägnanter Anstieg Nummer 1 – noch prägnanter in der Nordanfahrt auf dem Rückweg von Fleckenberg nach Jagdhaus) und aus Grafschaft heraus führt der Anstieg nach Schanze (prägnanter Anstieg Nummer 2). Ja, um den Anstieg geht einem als Rennradler hauptsächlich. Schanze als Ziel zum Selbstzweck ist ansonsten eher uninteressant. Eine toller Wanderpunkt, aber als Ort (wenige Häuser) jetzt nicht sooo pittoresk. Im Gegenteil: Im Vergleich zu den Nachbarorten Grafschaft oder Latrop geradezu langweilig (die Schanzer mögen es mir hier verzeihen). Ergo: Ausgangspunkt für Wanderungen am Rothaarsteig und in der Umgebung: Top! Zielpunkt für Wanderungen oder zum Spazieren durch Schanze selbst: Da würde ich doch eher Latrop, Grafschaft oder andere Orte in der Umgebung wählen.

Hier in Schanze scheint es ein paar Wanderwege zu geben…

Am Freitag hatte ich für eine längere Tour Gelegenheit und so blieb es nicht bei dem Hin- und Zurück auf kürzestem Wege wie am Dienstag (diese Ausfahrt hatte zunächst nur lockeren Erkundungscharakter und vor allen Dingen musste ich mich ja fast erst einmal an die Hitze gewöhnen. Das war tatsächlich der erste richtige Sommertag im Sommer 2012 überhaupt).

Meine Tour führte mich auf einer schönen Rundstrecke zunächst wieder über Birkefehl (ich fuhr es über Leimstruth und den Flugplatz Schameder an) und nach der folgenden Abfahrt nach Berghausen dann erst einmal auf glatt asphaltierter Rollerstrecke über Aue, Röspe bis nach Rüspe. Hier beginnt der Gradient langsam aber sicher anzusteigen, dabei aber nur im obersten Teil knapp über 5% zu erreichen, um hoch zum Rhein-Weser-Turm zu führen.

Hier war auch das erste Steigungssegment, dass ich zum Ausbelasten genutzt hatte. Sprich: Ziel war, so schnell wie möglich die Steigung zu erklimmen um eine neue persönliche Bestleistung und idealerweise auch den Bergpreis (den King of Mountain – KOM) dieses Segments auf Strava zu holen. Das ist immer eine gute Gelegenheit, über die Dauer eines Anstiegs (die je nach Strecke hier im Wittgensteiner und im Sauerland so zwischen 10 bis 20 Minuten betragen kann) möglichst nahe an, auf oder zum Schluss in den letzten Metern auch über der anaeroben Schwelle zu fahren und dabei auch entsprechend motiviert zu sein.

Dummerweise wurde ausgerechnet dieses Segment von Stravas Segmentmatching nicht meiner Strecke zugeordnet. Die Gründe sind mir aber bekannt und ich warte gerade auf die Beantwortung meines Support-Tickets. Ich will den KOM. ;-)

Vom Rhein-Weser-Turm geht es dann auf dem gleichen, neuen glatten Asphalt über mehrere Serpentinen hinab nach Oberhundem. Aber so schön der Asphalt (und auch der Ausblick über die Höhen des Sauerlandes ist), obacht in den Kurven. Traktoren, LKW oder wer auch immer schaffen es in schöner Regelmäßigkeit, etwas Schotter oder Splitt von den Banketten in die Kurven zu tragen. Also – wie immer gilt beim Rennrad fahren: nur so schnell in die Kurven einfahren, wie man nicht nur die Verkehrssituation, sondern auch Untergrundbeschaffenheit eindeutig erkennen kann.

Oberhundem wird mitsamt seinem Wasserschloss, Schloss Adolfsburg, rechts liegen gelassen (wobei ein hindurchschlendern durchaus lohnenswert ist) und der leicht abfallenden L 553 etwas weiter gefolgt, bis der Abzweig nach Selbecke erreicht wird. Hier biege ich ein, um zu einem sehr schönen Anstiegs-Schmankerl zu gelangen. Einer Strecke, ganz so, wie ich es mag. Ein kleiner, schmaler asphaltierter Weg führt ab Ortsausgang Stelborn unter Bäumen hindurch hoch in den Wald. Die Asphaltqualität ist hier nicht unbedingt die Beste, das kümmert beim Bergauf fahren jedoch nicht (sollte jedoch im Hinterkopf behalten werden, wenn man die Strecke entgegengesetzt befährt).

Mit im Schnitt rund 6, in Spitzen allerdings bis zu 12 % geht es, oft unter schattigen Bäumen (sehr willkommen am auch heute endlich wieder sehr schön sonnigen Sommerwetter) hindurch, hoch zum so genannten Potsdamer Platz, einem Kreuzungspunkt verschiedener Wanderwege. Von hier aus ist es auch nur noch ein Katzensprung zum Alpenhaus – welches allerdings nicht auf aspaltiertem Weg zu erreichen ist.

Auch hier powere ich mich wieder voll aus. Ich weiss zwar, dass es diesen Anstieg auf Strava noch nicht gibt, ich ihn heute erst anlegen werde und somit als „Erstbefahrer“ auf Strava auch zwangsläufig der KOM sein werde. Aber das ist mir egal – eine gute Zeit vorlegen hat noch niemandem geschadet und hier geht es ja auch um den Trainingseffekt. Außerdem weiss ich, dass ich gleich im Anschluss des Anstiegs an einem sehr lauschigen Plätzchen werde Rast machen können.

Der Heiligenborn zwischen Stelborn und Milchenbach

Kurz hinter dem Gipfelpunkt erreiche ich die Quelle des Heiligenborn. Hier war ich im Frühjahr bereits schon einmal mit dem Crosser. Hier gibt es ein paar Bänke und Tische, Holzkreuz und Hinweistafel und die Quelle selbst, die in früheren Jahren als Heilquelle, insbesondere für Augenleiden galt. Auf der anderen Wegesseite mündet sie in einen kleinen Tümpel, bevor sie ihren weiteren Weg durch den Wald sucht.

Der Heiligenborn (die Sony DSC-RX100 macht sich übrigens mitsamt dem kleinsten Joby-Gorillapod hervorragend, um auch Langzeitaufnahmen verwischten Wassers zu erstellen)

Wenn das Wasser gegen Augenleiden geholfen haben soll, dann ist es bestimmt auch super geeignet, meine von Schweisstropfen verunzierte Brille zu reinigen. ;-)

Und zum Kühlen des Gesichts, des Nackens und der Arme… Ahhhh – welch Wohltat!

Rastplatz am Heiligenborn

Ich esse noch einen Riegel, mache noch ein paar Fotos und weiter geht es, jetzt auf viel besserer Asphaltqualität als im Anstieg, hinab nach Milchenbach und im Anschluss ins Tal der Lenne auf die B 236, der ich jetzt lenneauf an Fleckenberg vorbei bis nach Schmallenberg folge. In Schmallenberg biege ich auf die K 17 nach Grafschaft ab.

Grafschaft ist ein schöner kleiner Ort der u.a. eine sehr rührige Radsport-Abteilung besitzt, die überregional bekannte Rennrad- und vor allen Dingen Mountainbike-Rennen veranstaltet. Und der auch durch das Kloster Grafschaft geprägt wird, welches ich mir bei meiner Fahrt am Dienstag zum ersten Mal (trotz zahlreicher bisheriger Ortsdurchfahrten) etwas näher anschaue.

Kloster Grafschaft, gegründet 1072 als Benediktinerabtei, seit 1948 das Generalmutterhaus der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Karl Borromäus und heute Fachkrankenhaus
Lauschiges Plätzchen für ein Wilier Triestina vor dem barocken Kloster Grafschaft

Im Ort selbst findet sich recht bald der Hinweispfeil nach Schanze, dem ich nun folge. Attacke! Da ich weiss, das für diesen Anstieg ein sehr starker KOM existiert, habe ich wenig Hoffnung, eben diesen zu erobern. Aber mal schauen was geht, auch hier wieder voll ausbelasten und einen starken zweiten Platz holen – ach, was rede ich, natürlich den KOM in meiner Altersklasse (hehe) – das ist das Ziel. Ahh, ich liebe es. :)

Ein solider Herzfrequenzschnitt von 170 über das gesamte Segment und damit in der oberen Hälfte der Zone 4 und ganz zum Schluss von 178, also bereits anaerob bringt ein ebensolches Ergebnis: 16,0 km/h im Schnitt, 18:10 Minuten für die 298 Höhenmeter auf 4,9 km Strecke und somit Platz 2 von 13 Strava-Aufzeichnungen von 8 unterschiedlichen Fahrern.

Ein Wartehäuschen in Schanze gegenüber Bräutigam-Hanses Gasthaus: Wilier Triestina vor Briefkasten, Wanderkarte und Defibrilator!
Alles beisammen: wenn man vom Bergsprint oben zusammenklappt, kann man sich wiederbeleben, auf der Karte schauen, wo man ist und per Post schreiben, wo man abgeholt werden kann… ;-)

Ein Strava- und Twitterkontakt aus Medebach (keine Namen, um die Schuldigen zu schützen…) empfahl die Skihütte in Schanze zur Einkehr. Nun kehre ich fast nie während meiner Rennradtouren irgendwo ein. Sei es, weil ich ohnehin nicht weit von daheim entfernt bin, sei es, weil ich einfach keine einladende Gelegenheit gerade dann finde, wenn ich es vom Pausenbedürfnis her erhoffte (und damit meine ich in der Regel Außengastronomie, windgeschützt, Ausblick, Gelegenheit mein Rennrad ganz nah am Tisch zu haben, schnelle Bedienung… eine seltene Kombination) oder weil ich in einer zwei, drei oder auch vier- und mehrstündigen Ausfahrt zwar gerne 10 bis 30 minütige Fotopausen mache, wenn es sich ergibt, aber nicht so lange und länger tatenlos wegen Nahrungsaufnahme herumhocken will.

Wie dem auch sei – ein, zweimal im Jahr kann man so etwas ja machen…

Skihütte also. Gut. Außengastronomie, Windgeschützt, Rennrad am Tisch, schnelle Bedienung (ja, war zunächst ziemlich alleiniger Gast) passte. Ok. Ich wählte einen Apfelstrudel mit Vanillesauce und einen Kaffee. Keine gute Wahl. Aus zweierlei Gründen. Der Kaffee war gut. Nichts zu meckern. Die Apfelstrudel- und vor allen Dingen Vanillesauce-Portion war sehr reichlich. Das ist ja eigentlich gut, nur von Art der Speise und Menge dann doch der folgenden Weiterfahrt eher abträglich. Und das einzig gute, was ich über den Apfelstrudel selbst sagen kann, ist, dass er essbar war. Soeben. Hätte wohl doch besser die angebotenen Waffeln mit frischen Erdbeeren oder einen klassischen Käsekuchen wählen sollen.

Apfelstrudel in der Skihütte Schanze

Naja – und Handy-Empfang gibt’s da auch nicht. Also bezahlen und weiter. Rollen. Sehr gemächlich. Oh, mein Magen…

Was gibt’s denn noch so in Schanze? Wenn man die Straße durch den Ort verfolgt, so geht diese wenige Meter hinter Bräutigam-Hanses Gaststätte (oder sogar Hotel?) in einen Wanderweg über. Und noch ein paar wenige Meter weiter steht man vor einem Tor zum Rothaarsteig. Wenn ich auch die paar Häuser von Schanze weiter oben im Text ein klein wenig gedisst habe: Region hat es hier.

Bewaldete Höhen und Täler – Ausblick von Schanze

Und man ist zentral am Rothaarkamm und in der direkten Nachbarschaft vieler Wander-Highlights, wie dem Rothaarsteig oder dem Waldskulpturenweg.

Ein Tor zum Rothaarsteig – dem Weg der Sinne.

Immer noch zu allem oberhalb lockerer Grundlagenanstrengung unfähig, lasse ich mich durch das Gewicht des hochkomprimierten Gummi-Apfelstrudels wieder herab nach Grafschaft beschleunigen. Jetzt muss ich über einen kleinen Zwischenanstieg, um nach Oberkirchen zu gelangen. Vorher mache ich lieber noch ein paar Fotos, aber es hilft nichts: schön piano rolle ich im Anschluss mich, den Apfelstrudel und die Vanillesauce den Berg hoch und dann wieder hinab nach Oberkirchen.

Weide hinter Grafschaft

Oberkirchen ist auch ein sehr schmucker Ort im Lennetal. Ein paar weitere Fotos später fühle ich mich auch wieder halbwegs fähig, normalen Druck auf die Pedale zu bringen und folge der B480 hoch zum Albrechtsplatz.

Die Lenne in Oberkirchen

Zwar gibt es auch hier ein Strava-Segment (wie überall hier im Umkreis), aber meine drei vorgesehenen KOM-Efforts habe ich für heute erledigt. Ab dem Albrechtsplatz bin ich auch fast schon wieder daheim – kein direkter Anstieg folgt mehr, die zügige und lange Abfahrt vom Albrechtsplatz geht in eine Rollerstrecke über, die durch Bad Berleburg hindurch über Weidenhausen bis zur Leimstruther Höhe und von da dann über Schameder wieder nach Erndtebrück führt.

Distanz: 111,7 km, Höhenmeter: 1567 m, Zeit: 5 h 55 m, Durchschnittsgeschwindigkeit: 19,0 km/h, Durchschnittsgeschw. in Bewegung: 25,8 km/h, Durchschnitts-HF: 134

auf Strava:

3 Kommentare

  1. Interessanter Tourenbericht mit schönen Fotos. Vor allem die Bilder von der Wittgensteiner Höhen und vom Rastplatz am Heiligenborn gefallen mir sehr.

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