Bikepacking Races

Badlands 2023 – ein tolles Erlebnis, ein toller Urlaub, ein tolles Bikepacking-Rennen

This article is also available in English. You can find it over here.

Ist es Gravel? Ist es Ultracycling? Ist es unsupported Bikepacking? Ist es die „wildeste Gravel Herausforderung in Europa“ und gleichzeitig auch die „most exciting Gravel experience in Europe“, wie es auf der Veranstaltungsseite zu lesen ist?

Es war auf jeden Fall ein ganz tolles Erlebnis, ein toller Urlaub und mein Höhepunkt des Jahres!

Dann lasst es uns mal aufdröseln. Ich nehme euch mit auf eine Reise nach Spanien. Nach Granada in Andalusien. In die Melange aus maurischer und iberischer Historie. In die Hochebenen vom Hochgebirge der Sierra Nevada bis zur Küste bei Almería. Durch Wüsten und Ramblas und mit faszinierenden Landschaftsformen und Ausblicken über die gesamte Route des Badlands Rennens von etwas unter 800 km Länge. Nahezu einmal rund mit Ausgangspunkt Granada und dem Ziel Capilleira nur rund 70 km südöstlich des Startorts.

Wie bin ich nach Granada gelangt, was hat mich überhaupt für eine Teilnahme bewogen und was ist das eigentlich für ein Event bzw. Rennen? Welchen Stellenwert messe ich ihm bei und was gefällt mir so besonders daran?

Fangen wir mit „Was ist Badlands eigentlich“ an.

Da es ein umfangreicher Artikel ist, stelle ich euch hier ein klickbares Inhaltsverzeichnis zur Verfügung, mit dem ihr direkt zu den entsprechenden Kapiteln springen könnt.

  1. Was ist Badlands (inklusive Stellenwert als Rennen/Event)
  2. Anreise als Teil des Urlaubs (inklusive Pont du Gard und Gorafe-Wüste)
  3. Granada erleben – solo und per social rides
  4. Registry und Briefing
  5. Mein Bike für Badlands
  6. Mein Rennen
  7. Epilog: After-Finish Vibes, noch ein bisschen Granada und Heimfahrt

Was ist Badlands

Basis-Daten

Badlands (hier geht es zur Veranstaltungs-Webseite) ist eine sogenannte unsupported, fixed route Ultracycling Challenge im Gravel-Bereich. Die Länge ist etwas unter 800 km. Darüber fallen beachtliche 16.000 Höhenmeter an, was den Bergfaktor in alpine Regionen treibt (Bergfaktor 20).

Der Start ist in Granada, Andalusien, Spanien. Von dort führt die Strecke zunächst nach Nordosten durch die Provinz Granada, durch die Gorafe- und dann die Tabernas-Wüste (die einzige wirkliche Wüste in Europa), über den Calar Alto (wo das bekannte deutsch-spanische Observatorium steht) hinab zur Mittelmeer-Küste, dann entlang dieser nach Almería und von dort hoch in die Alpujarras und die Sierra Nevada. Ziel ist dort der kleine Ort Capilleira. Knapp 70 km vom Ausgangspunkt Granada entfernt.

Die schnellsten Teilnehmer benötigen für die Strecke nicht mal 2 Tage, d.h. unter 48 Stunden für die Männer und knapp drüber für die Frauen. In diesem Jahr (auf die besonderen Umstände werde ich noch zu sprechen kommen) waren es sogar nur 38,5 Stunden für den Sieger (Overall) und 45,5 h für die schnellste Frau.

Das Mittelfeld braucht aber eher so 80 bis 90 Stunden und ist damit über 4 Tage und mit 3 Nächten / Übernachtungen unterwegs.

Das bedeutet auf Deutsch: Es ist eine Veranstaltung im Selbstversorgermodus. Für Verpflegung, Schlaf, Pannenbehebung usw. ist jeder selbst verantwortlich und muss sie mit eigenen Mitteln oder durch jedem zur Verfügung stehende Gelegenheiten (Bars, Lebensmittelmärkte, Brunnen, Radgeschäfte, Pensionen, freier Himmel) besorgen.

Die Route steht fest, wird zur Verfügung gestellt und ist von jeder/jedem zu befolgen. Und: die Route ist natürlich Highlight und Kern der Herausforderung zugleich.

Und: Das Event ist als „Herausforderung“ gedacht und bewusst nicht als Rennen tituliert.

Es ist explizit in den FAQ direkt am Anfang ausgeführt: „Once per year there is a common start for riders coming from all over the world, but it is not a race: Badlands is a personal challenge where you must complete the official route totally unsupported and before the deadline.“ Übersetzt: „… aber es ist kein Rennen: Badlands ist eine persönliche Herausforderung in der du die offizielle Strecke komplett ohne fremde Unterstützung und vor dem Zeitlimit beenden musst.“

Das führt mich direkt zu meinem zweiten Punkt in diesem Kapitel, dem Stellenwert aber auch dem Selbstverständnis von Badlands.

(Sportlicher) Stellenwert (innerhalb der Ultracycling-Welt)

De fakto ist Badlands natürlich ein Rennen. So wird es wahrgenommen, so wird es behandelt. Klar – je nach Mindset wird selbst die bescheidenste RTF (Rad Touristik Fahrt) eines typischen deutschen Radsport-Vereins, wo es um alles, aber nicht um schnellste Zeiten geht und auch keine Ranglisten und Zeitnahmen existieren, als Rennen betrachtet.

Hier bei Badlands haben wir alle Zutaten für ein Rennen: Gemeinsamer Start, Zeitnahme über alles und sogar über diverse (virtuelle) Checkpunkte im Rennen und eine Rangliste. Der Gewinner und die Gewinnerin erfährt höchste Aufmerksamkeit und Sieg-Aspiranten (damit es solche geben kann muss es ja eigentlich auch ein Rennen sein), streben genau das an: möglichst schnell und möglichst vor allen anderen zum Ziel zu gelangen. Ein Rennen. Simpel.

Warum sprechen die Organisatoren dann trotzdem von einer persönlichen Herausforderung und verneinen sogar, dass es ein Rennen ist?

Dafür gibt es immer drei mögliche Gründe. Die können alle, oder nur in Teilen zusammenkommen. Der erste Grund ist Liability. Je nach regulatorischer Lage eines Landes unterliegen „Rennen“ besonderen Auflagen und/oder bedeuten erhöhtes rechtliches und Haftungsrisiko für den Austragenden. Aus dem er sich auch mit den üblichen Klauseln, die man als Teilnehmer solcher Events unterzeichnen muss, nicht (komplett) herauswinden kann. Übrigens kann es ebenfalls auch sein, dass die bloße Behauptung, es handele sich um kein Rennen, nicht dafür ausreicht, wenn es mal „richtig knallt“. Dann würde nämlich festgestellt werden, dass es sich aufgrund der „Zutaten“: Start, Ziel, Timing, Rangliste… de Fakto um ein Rennen handelt. Nichtsdestotrotz: Generell muss sich ein Event-Organisator schon sehr bewusst sein, was er tut, wenn er seine Veranstaltung auch wirklich als Rennen tituliert und bewirbt. Im Mindesten wird er eine entsprechend teure Versicherung abschließen müssen, die nicht nur allgemeine Veranstaltungsrisiken sondern auch Rennen abdeckt.

Der zweite Grund mag tatsächlich in der ehrlichen Motivation der Organisatoren liegen, die das Wesen der persönlichen Herausforderung und des Miteinander in der Erfahrung, aber dennoch die gerechte und gleichberechtigte Möglichkeit für jede Teilnehmerin und jeden Teilnehmer hervorheben möchten. Jede/jeder fährt die gleiche Strecke, gibt sein Bestes und erfährt gleichberechtigt, was es bedeutet, diese Strecke aus eigener Kraft zu bewältigen. Überhaupt zu schaffen, leicht zu schaffen, besonders schnell zu schaffen oder mit den leckersten Kaffees unterwegs gefunden zu haben zu schaffen.

Den dritten Grund möchte ich mal als Laissez-faire bezeichnen. Wenn es eben kein Rennen sondern eine „persönliche“ Herausforderung ist, kann es einem ja vielleicht egal sein, ob bei der einen oder anderen Regel mal ein Auge gegenüber jemand anderen zugedrückt wird oder wie bzw. ob mögliche Regelverstöße überhaupt versucht werden zu erkennen und dann auch zu ahnden. Alles in allem, man bescheisst sich dann ja nur selbst, nicht wahr? So wird ja gerne angeführt. Hier ist für mich nicht die richtige Stelle (nicht der richtige, einzelstehende Artikel zu einem solchen Thema), um das zu vertiefen. Nur soviel: natürlich bescheisst der/diejenige nicht nur sich selbst, sondern alle anderen mit! Ja – ich für mich allein werde in meinem Tun und in meinem Erleben der Strecke nicht unmittelbar berührt. Aber trotzdem wäre es mehr als befremdlich und würde mehr als Sauer aufstoßen, wenn man sich stundenlang einen 18 % Anstieg in praller Sonne und mit warmen, mitgeschlepptem Wasser abquält und plötzlich jemanden sehen würde, der von Frau oder Freund kühles, frisches Wasser gereicht bekäme (ist nicht passiert, habe ich nicht von gehört, habe auch keine Sorge, dass das, wenn, für mehr als 1 % aller Teilnehmenden passiert sein könnte). Oder wenn ich meine grundlegendsten Hausaufgaben gemacht habe, und natürlich eine passende Pumpe für meine Reifen samt anderem üblichen Pannenset dabei habe. Aber an jemand „Prominenten“ vorbeikomme, der entweder zu blöd dafür ist oder tatsächlich davon ausgeht, mit minimalstem Kit optimal leicht durchzukommen und wenn mal was ist, „wird sich schon eine Möglichkeit auftun, Zwinker, Zwinker“ und plötzlich steht da mitten im Nirgendwo eine Standpumpe für einen der Führenden, der ohne eine solche aufgeschmissen gewesen wäre (davon habe ich tatsächlich gehört – nicht für die 2023 Edition aber in einer der vergangenen Jahre. Ich schreibe es hier hin, aber für mich ist es natürlich auch nur Hörensagen).

Aufgrund solcher und ähnlicher Gedanken und Beobachtungen gab es in der Vergangenheit schon die eine oder andere Stimme, die bezweifelt hatte, ob man den Ethos und damit letztlich auch die Resultate zumindest für mehr oder weniger prominente Gewinner der ersten beiden Editionen 2020 und 2021 auf einen Stufe mit z.B. Rennen (die sich auch offiziell so nennen) vom Schlage eines Transcontinental Race, Silkroad Mountain Race oder Atlas Mountain Race stellen konnte. Ganz unabhängig von deren teilweise deutlich größeren Länge.

Die „Gefahr“ und die „Motivation“ so etwas zu tun, von siegeshungrigem Teilnehmer wie auch von Renn-Organisatioren, die ihr Rennen mit der Teilnahme und dem medialen Ausschlachten von hochkarätigen Namen ins Rampenlicht heben wollen steigt natürlich mit genau diesem Wunsch und mit geplanten Videodrehs und Stories, die schon im Vorfeld mit den Titelaspiranten geplant werden.

Das ist ein weiterer, gewichtiger Aspekt in der Laissez-faire– Schiene. Wenn ich nämlich nicht besondere Vorkehrungen treffe und nicht nur will, dass es eine runde Story mit einem Finish und nicht einem selbstverschuldeten DNF wird, dann steigt die Gefahr, dass Veranstalter oder Film-Crew vom Beobachter zum Supporter werden. Entweder aktiv oder auch passiv. Und selbst ohne böse Hintergedanken: Wenn nicht aktiv besondere Vorkehrungen getroffen werden (Abstand, nur gewisse Zeitanteile pro Tag Nähe und Aufnahmen erlaubt etc.), dann ist allein die räumliche Nähe und soziale Interaktion und die ständige Erinnerung daran, dass man hier ja gerade gefilmt wird und nicht nur Rennen fährt, sondern eine Story produziert, eine so dermaßen andere Situation als die eines Konkurrenten oder einer Konkurrentin, die sich gerade allein im Regen einen einsamen Pass hoch kämpft, dass von „equal opportunity“ kaum mehr eine Rede sein kann. Im Mindesten ist es die Sicherheit des/der einen: selbst, wenn ich im eiskalten Hagelgewitter mitten in der Nacht stecken bleibe – meine persönliche Rettung ist nicht fern – auf, ich starte jetzt trotzdem in die Nacht. Während der/die andere sich sagt: „Jetzt hier allein in die Nacht aufzubrechen, kann ich zwar machen – aber dann muss ich mir auch sehr sicher sein, dass ich alles dabei habe, um das zu überstehen. Lieber übernachte ich hier noch für 4 Stunden…“. Und während ich schreibe „im Mindesten“, macht dieser Aspekt einen monumentalen Unterschied! Eiskalten Hagel wird’s bei Badlands nicht so häufig geben – das wäre bei anderen Rennen dann relevanter. Aber das Prinzip ist gleich auch auf Badlands anzuwenden.

Etwas, was anscheinend tatsächlich nicht (so sehr? – Ich habe jedenfalls keine Kenntnis von Konsequenzen) vertieft verfolgt werden zu scheint, ist die Regel, solo oder in Pairs zu fahren. Denn es gibt genau diese Regel im Handbuch. Es ist die dritte: „Ride under your own Power“. Darin steht:

Badlands is about you and your bike, that’s all. There are two categories, Solo and Pairs. Riding in groups or together with other riders is not allowed. Drafting is not allowed. This means you can’t explicity follow any rider or vehicle which could give you an aerodynamic aid (this rule shall not apply during the neutralized start or for pairs category riders). If for any reason you ride temporarily at the same pace as another rider, you must do it side-by-side.

Gerade im Lichte der sehr umstrittenen und von mir als ungerechtfertigt bzw. im Mindestmaß als nicht ausreichend begründet und bewiesen und mehr als unglücklich gehandhabt betrachtete Entscheidung über den dritten Platz und einen weiteren Teilnehmer beim diesjährigen Transcontinental Race eine gute geschriebene Regel. Und doch wird sie noch lockerer gesehen als sie geschrieben ist. Ich habe jetzt niemanden gesehen, der außerhalb der Pairs-Wertung wirklich gedraftet (d.h. Windschatten gefahren ist). Noch habe ich so etwas überhaupt gesehen. Aber diverse Streckenabschnitte hätten sich dafür schon angeboten.

Und das mit Solo und Pairs… da gab’s immer mal wieder kleine Grüppchen. Von mindestens einer weiss ich, dass sie das ganze Rennen so angegangen sind. Ich fand es jetzt nicht verwerflich. Wenn man sich auf diese Weise an eine solche Herausforderung heranwagt und das Rennen im Endeffekt noch einen halben Tag später nach mir beendet, dafür aber gemeinsam gelitten aber auch gemeinsam Spaß hatte (oh, und wie sie teilweise gelitten haben… ;-)) – irgendwie, bin ich jetzt in meinem sechsten Ultracycling-Jahr und für dieses spezielle Event in Andalusien und mit seiner fixen Route, darüber hinweg dass diese Teilnehmer dann in dem Moment einen großen Vorteil vor z.B. mir haben. Ja – da waren mindestens 2 dabei, die toll Spanisch sprachen und so sich und der kleinen Gruppe helfen konnten (Hotelreservierungen gehen per Telefon und in Landessprache halt in so abgelegenen Regionen ohne großes Angebot doch eher als per Booking.com, wo es vielleicht nur 2 ausgebuchte Möglichkeiten im Umkreis gibt…). Und die Chipstüte wird dann Reihum kreisen gelassen, während man den Anstieg hochkraucht (oder schiebt)…

Das war dann (glaube ich) aber doch eher die Ausnahme und mir selbst wäre das nicht ganz so wichtig wie die zuvor beschriebene Luftpumpe oder die Assistenz von Außen für einen prominenten Frontrunner. Ich muss aber gestehen: wäre dieses Grüppchen deutlich vor mir angekommen bzw. hätte ich sie nicht als Freunde wahrgenommen, die sich selbst unterstützen, um überhaupt zu finishen sondern als Belgischer Kreisel fahrendes Team mit strategischer Verpflegungsaufteilung und dann hinterher im Ziel noch mit der Leistung prahlend – das wäre mir mehr als Sauer aufgestoßen.

Gut… das ist jetzt doch ein wenig länger geworden. Mir war es aber wichtig, das auszuführen, weil das auch bei mir die letzten Jahre gerade in Bezug zu Badlands stark im Bewusstsein war.

Alles in allem: Badlands erscheint mir eine runde Sache mit dem richtigen Augenmaß!

Es bleibt festzuhalten, dass ich das Event und alles, was ich darin gesehen und wahrgenommen habe, als super angenehm und fair empfunden habe. Und es ist beileibe nicht so, dass hier Laissez-faire über allem waltet. Ganz im Gegenteil – jeder einzelne Teilnehmer erscheint den Organisatoren wichtig und auch bei den Ergebnissen und der Regel- bzw. Streckentreue wird augenscheinlich genau hin gesehen. Ich entdecke nämlich auf der mittlerweile verfügbaren Ergebnisliste auch diverse Teilnehmer:innen mit einem * hinter der Zeit und sehe, dass auch Personen, die vor mir ins Ziel gekommen sind am Ende diverse Plätze hinter mir und mit einem guten Plus an augenscheinlichen Kompensationsstunden versehen wurden (Eine Erläuterung oder Fußnote zu dem * habe ich leider nicht gefunden).

Medienarbeit

Medienarbeit ist bei allem, was wir Menschen tun, halt auch wichtig. Die Währung ist Aufmerksamkeit. Und das ist zunächst mal wertneutral und weder gut noch schlecht. Wer von einem Rennen oder einer Veranstaltung nichts mitbekommt, der kann sich auch keine Gedanken machen, ob das vielleicht was für ihn/sie wäre.

Und Fotos und Videos, nicht nur von der Strecke, sondern auch von Teilnehmenden und auch direkte Portraits und Stories bis hin zu solchen Berichten wie ich sie (und andere) von ihren eigenen Teilnahmen verfassen, tragen ja auch zum Gesamtbild der jeweiligen Events wie auch des gesamten Sports bei. Und erreichen hoffentlich auch Menschen, die sich davon dann auch angesprochen fühlen und ermutigt oder animiert werden, ebenfalls mit dem Rad die Welt zu erkunden. Sowohl als Teilnehmer und Teilnehmerin in solchen Rennen wie auch alleine oder in der Gruppe beim Touring.

Und die Medienarbeit, die das Team von Badlands machte und macht, ist schon der Toplevel im Ultracycling-Bereich – meiner Meinung nach. Das fängt beim Branding mit Logo und durchgezogener Brand Identity über alle Kanäle an und hört mit atemberaubenden Fotos und Drohnenvideos von einzigartiger Landschaft nicht auf. In der Tat – die Zurschaustellung genau dieser einzigartigen Landschaft ist für mich das Hauptpfund, mit dem Badlands wuchern kann!

Wälder, tolle alpine Pässe, Bergpanoramen – alles toll, alles Gründe, warum ich (und ich denke warum wir) diesen Draußen-Sport so lieben. Aber – das kennt man halt. Das hat man – für besonders Glückliche – sogar vor der Haustür oder fährt mindestens einmal im Jahr eh hin.

Aber Badlands? Zerklüftete Erosionsformen teils gigantischen Ausmaßes, aride Gebiete, tolle Gravel-Pisten die sich entweder als Ramblas (trockene Flussbette) in den Tiefen oder als Piste bzw. Doubletrack über die Kämme winden… Das ist für Festland-Europa schon einzigartig!

In der Tat, als ich die Berichterstattung auf Dotwatcher und per Instagram der Badlands Erstaustragung im September 2020 verfolgte war mein erster Gedanke „Wow, dass sieht ja fast aus wie im Atlas!“

Denn ich hatte im Februar desselben Jahres an der ebenfalls als Erstaustragung statt gefundenen Ausgabe des Atlas Mountain Race in Marokko teilgenommen (hier könnt ihr meinen zweiteiligen Bericht zu dieser Erstaustragung nachlesen). Um es kurz zu machen: Ich war hingerissen von der Landschaft und dem Erlebnis dort. Es war für mich mein erster Schritt auf den afrikanischen Kontinent und solche Landschaftsformen und diese teils aberwitzigen Wege in und durch diese entlegenen Regionen hatte ich nie zu vor persönlich erfahren und sehen können.

Und so war es für mich auch ziemlich uninteressant, dass Lachlan Morton an dem ersten Badlands-Rennen, Verzeihung, der ersten Badlands-Challenge, teilnahm und es dann auch mit der Gesamtzeit von knapp 44 Stunden gewann. Volle 15 Stunden vor dem Zweitplatzierten. Für Lachlan waren solche Offroad- und Ultracycling-Eskapaden damals noch eher ungewöhnlich und die Story, dass er als Profi-Straßenrennfahrer in einem solchen Rennen teilnahm (und es dann auch gewann) war natürlich für alle außer Insidern absolut groß und hat Badlands vom Fleck weg auch über die reinen Ultracyclingkreise bekannt gemacht. Und war damit sicher auch insgesamt positiv für Ultracycling, denke ich. Aber für mich war das der berühmte Sack Reis in China. Der Hauptdarsteller war und ist die Landschaft und die Region. Es war also: „Whoa – was sind denn das für geile Landschaften und Fotos? Was ist das für ein Rennen?“ und nicht „Hey, Lachlan fährt so ein komisches Offroad-Dingens in Südspanien? Was zur Hölle ist das?“.

Landschaft, Strecke und Streckenlänge und Rennzeitpunkt

Zur Landschaft habe ich ja schon soeben geschrieben. Die wollte ich halt mal selbst erleben. Und da waren ja nicht nur die Gorafe- und die Tabernas-Wüste, sondern halt auch die Küste. Sowohl als Strand wie auch als rauher Felsenabschnitt. Und die Sierra Nevada. Andalusien. Granada. Die maurische Geschichte. Dann weiter: Hmm, Granada? Richtig, die Alhambra! Und was es da sonst noch wohl zu entdecken gäbe. In Südspanien war ich bis dahin noch nie.

Europa hin oder her – wirklich näher oder einfacher zu erreichen als Marokko ist Granada ja auch nicht wirklich. Von Wuppertal in Deutschland aus sind es immerhin 2210 km über den Landweg bis dorthin.

Was gegen eine Badlands-Teilnahme sprach, war also eher die Frage „Wie hinkommen?“ bzw. „Will ich den Reiseaufwand auf mich nehmen?“ bzw. noch eher „Wie passt ein so kurzes Rennen mit so hoher Anreise-Hürde und Zeitpunkt Anfang September in ein ausgewogenes Bikepacking-Jahr?“

Ja, es gibt so ein paar Süchtlinge bzw. auch mittlerweile (teil-)gesponsorte Fahrer, die von Rennen zu Rennen pilgern. Die teilweise in 4 bis 7 auch richtig großen Rennen über das Jahr hinweg am Start stehen. Wenn es denen gefällt und in das restliche Leben passt, warum nicht? Ganz bestimmt ist es oft nicht förderlich für die Langzeit-Gesundheit noch für die kurz- und mittelfristige Leistungsfähigkeit. Trotzdem können da auch mehrere Siege im Jahr bei herausspringen. Sei es, weil die Konkurrenz nicht ganz so stark ist oder genau so schwach, weil sie aus den gleichen Süchtlingen besteht, die sich schon im Rennen zuvor beharkt haben und die deswegen gleich ermüdet sind bzw. die gleiche unvollständige Regeneration haben. Oder weil der/diejenige halt noch jung ist und der Abstand zum jeweils nächsten Rennen dann doch lang genug gewählt wurde.

Aber üblicherweise stehen für dich und mich andere Dinge solchen Serien-Rennteilnahmen im Wege. Familie, verfügbarer Urlaub und/oder auch Lust. Für mich sind Bikepacking-Rennen etwas Besonderes. Ich will nicht jeden Monat für ein bis zwei Wochen rein auf dem Rad und nachts hinter der Hecke verbringen. Ich will auch nicht ein Transcontinental Race im August fahren und dann schon Anfang September ein Badlands.

Zum einen fühle ich mich dann noch nicht wirklich erholt. Und vielleicht wichtiger noch: dann schwelge ich doch noch vom Transcontinental Race und will es im Nachgang auskosten. Aber mich nicht schon wieder (am besten noch auf dem Chaos von der Rückreise sitzend) auf eine lange Anreise zu einem weiteren Rennen sonstwo machen.

Mit anderen Worten: Anfang September ist eine blöde Zeit für ein kurzes Rennen von knapp 800 km. Weil man da zwischen den Stühlen hängt, finde ich. Es ist kein „Hauptgericht“ für’s Jahr. Es ist kein Hauptrennen für den Sommer. Es ist aber auch kein kurzes Rennen „nebenan“ für den Herbst. Es ist so ein Mittelding. 2021 und 2022 hat es deswegen überhaupt nicht in meinen Kalender gepasst. Über diese Jahre war es auch schon schnell zu einer sehr gefragten Veranstaltung geworden. So gefragt, dass die Startplätze verlost werden (gut, das kennt man ja auch schon vom Transcontinental Race).

Es musste also Planung wie auch Losglück zusammen kommen. Dieses Jahr war es soweit. Mit starkem Fokus auf Badlands wollte ich drei eher kürzere, aber nicht minder anspruchsvolle, Events bestreiten, die schön über das Jahr verteilt waren: Eine erneute, zweite Teilnahme am Atlas Mountain Race (Februar), eine erste Teilnahme an Seven Serpents (im Mai, also eben nicht im Sommer) und dann im September an Badlands. Ich meldete mich also Ende 2022 bei Badlands für einen Startplatz an und… hatte Erfolg! Juchee! :)

Gesamt-Erfahrung (Drumherum, Organisations-Güte, Mission)

Das komplette Ausmaß der Gesamt-Erfahrung kann ich natürlich erst jetzt, nach dem Rennen bzw. nach meiner Reise beurteilen und wertschätzen. Und die ist rundum positiv.

10 / 10, would recommend, habe ich ja schon an anderen Stellen (z.B. meinem Instagram) kund getan.

Ohne dem Schlusswort vorgreifen zu wollen, hat sowohl Andalusien wie auch Badlands meine Erwartungen erfüllt und in Teilen sogar übertroffen.

Ich starte im nächsten Kapitel direkt damit, wie meine Anreise schon bewusster Teil des Urlaubs war. Natürlich wird auch bei anderen Rennen die Zeit zwischen Ankunft und Akkreditierung bzw. Registrierung genutzt, um sich am Startort etwas umzusehen und vielleicht auch schon ein paar bekannte Gesichter zu treffen. Und je nach Land oder Region, wo das Rennen statt findet, plant mancher vielleicht tatsächlich schon einen individuellen Aufenthalt im Voraus ein, um Land und Leute kennen zu lernen. Oft ist es aber auch eher eine rein logistische Frage: wie kurz vor knapp kann ich es einrichten, vor Ort zu sein und noch etwas Puffer für Notfälle (Rad nicht im selben Flieger angekommen, Zugausfall, etc.) zu haben. Das vor der Akkreditierung ein Programm vorgesehen ist, ist eher ungewöhnlich. Zumindest für die „Sterne“ des Ultracycling Himmels wie ein Transcontinental Race, ein Silkroad oder Atlas Mountain Race oder eine Tour Divide. Wobei, das sei im Zusammenhang mit zunehmend willkürlicher erscheinenden Penalty-Entscheidungen des TCR angemerkt (insbesondere von diesem Jahr) einer dieser Sterne in meinen Augen ganz schön an seinem Glanz kratzt. Es ist eben ein (manchmal gar nicht mehr so) schmaler Grat zwischen Laissez-faire und übertriebener und nicht nachvollziehbarer vermeintlicher Regelverstoß-Ahndung.

Ich schweife ab. Bei Badlands gibt es mittlerweile das sogenannte Warm-Up in den drei Tagen vor dem Rennstart. Da gab es am Donnerstag und Freitag jeweils einen geführten Social-Ride. Davor Meet-up mit Kaffee. Danach etwas leckeres zu Essen und Trinken und Give-Aways Wettbewerbe for free. Am Freitag dann auch noch einen Live-Podcast und am Samstag dann die Akkreditierung.

Das ist natürlich nur mit tatkräftiger Unterstützung der Sponsoren möglich, die in der Tat allesamt sehr interessante Marken umfassen und die sich auch bei den Goodies für die Rennteilnehmer nicht haben lumpen lassen. Da war ich echt positiv überrascht. Goodie-Bags kenne ich eigentlich nur von „früher“, als ich noch regelmäßig an solchen Alpenmarathons wie Dreiländer-Giro oder Maratona dles Dolomites teilgenommen habe. Bei Ultracycling-Rennen gibt’s meistens eine Cap und das war’s dann auch. Wenn es hochkommt, noch ein passendes Brevet-Karten-Etui oder sowas. Bei den Goodie-Bags von Alpenmarathons war natürlich auch viel Schrott drin: Werbeprospekte, die nur Papier verbraucht haben, ein Shampoo-Pröbchen, die 98ste Trinkflasche in unpassendem Design, die man eh nie benutzen wird usw.

Eine solche Flasche gab’s hier auch. Aber eben auch neben der üblichen (und sehr gut passenden und gar nicht zum üblichen Hitzestau führenden) Cap halt auch ein schönes Badlands-T-Shirt. Ein Geldbeutel- bzw. Etui. Ein Mini-Erste-Hilfe-Kit am Schlüsselanhänger, ein Schlauchtuch und einen ganzen Karton unterschiedlichster Gels und Elektrolyte von 226ers. Und eine schöne Zeichnung der Rennstrecke und der durchquerten Landschaften auf Karton.

Badlands 2023 Goodiebag
Badlands 2023 Goodiebag

Und im Ziel gab’s halt nicht nur einen Stempel in die Brevetkarte (es gab gar keine Stempel und Kontrollstellen – aber eine Brevetkarte, einfach so als Andenken) sondern eine richtige Finisher-Medaille und ein Finisher Jersey in Form einer Special Edition eines hochwertigen (und wie ich dann fand) sehr angenehm zu tragenden Trikots von Velocio! In dem Falle waren das jetzt natürlich alles materielle Güter, die aber durch ihren Wert und mehr noch durch ihre sinnvolle Auswahl einen echten Mehrwert darstellen wie auch die Wertschätzung der Organisatoren und Sponsoren zum Ausdruck bringen. Finde ich zumindest. Da hat nicht jemand einfach in sein „Werbe-Artikel-Kämmerchen“ geschaut und die Ladenhüter oder Plastik-Kugelschreiber rausgeworfen. Und ihm sind Bikepacker als Kunden sonst herzlich egal. Sondern er weiss, was ein Teilnehmer von einem solchen Rennen gebrauchen kann und hilfreich findet.

Und dann gab’s auch noch solche Details wie z.B. eine eigens von der Renn-Orga eingerichtete Whats App-Gruppe, in die sich jeder einwählen konnte. Und so konnte man sich vor dem Rennen und vor Ort abstimmen, Treffen vereinbaren, noch Fragen stellen etc. Und wichtig: während des Rennens war diese dann auf stumm und inaktiv geschaltet – schließlich soll ja währenddessen jeder sein eigenes Rennen fahren. Verzeihung, jeder seine eigene persönliche Herausforderung meistern.

Und auch Capileira als Zielort war gut gewählt. War klein, hatte dennoch genügend Kapazität für die ins Ziel kommenden Teilnehmer. Und die Rückreise nach Granada war ebenfalls perfekt organisiert. Entweder konnte man dies per eigenem Rad bewerkstelligen. Weitestgehend abfahrend per Umfahrung des Gebirges oder als weitere Kirsche auf dem Kuchen als Gravel-Überquerung des Veleta-Passes. Oder – und so habe ich es gemacht – mit einem 3er oder 8-Personen Taxi samt wirklich gutem Radanhänger, dem ich mein Rad gerne anvertraut habe, die drei bis viermal pro Tag in rund 1,5 Stunden nach Granada fuhren. Das war dann preislich zwar nicht mehr inkludiert, war aber mit 35 Euro sehr fair und wie gesagt – man musste sich um nichts kümmern.

Schlussendlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Organisation seit letztem Jahr etwas gewechselt hat, was vielleicht nicht das komplette Team, aber die Hauptverantwortlichkeiten betrifft und das schon seit Erstaustragung, mittlerweile aber vielleicht mehr und mehr, die Region und die Nachhaltigkeit der Kulturwirtschaft und des Lebens dort, besonders in den von der Wüstenbildung und Übernutzung von Grundwasser- und anderen Ressourcen betroffenen Arealen dort, ein großes Anliegen von Badlands ist. Worum es dabei geht und welche Aktionen und Partnerschaften Badlands dazu eingehen, zeigen sie auf auf den Badlands – Rewild Seiten.

Anreise als Teil des Urlaubs

Wie schon erwähnt: ganze 2.210 km sind es von Wuppertal bis Granada. Das ist deutlich mehr, als man – und ich – normalerweise gewillt ist, mit dem Auto zu fahren. Bzw. über Land ggfs. per Zug zurückzulegen. Es braucht auch eine ganze Weile. Trotzdem hatte ich keine Lust auf die An- und Abreise per Flugzeug. Das fängt schon mit dem leidigen Verpacken des Rades in einen Koffer oder einen Karton an. Wieviel bequemer ist es da doch, nicht nur das Rad, sondern auch alle eventuell benötigte Ausrüstung und Kleidung einfach in den Kofferaum des eigenen Autos zu packen. Vom vermiedenen Streß ganz abgesehen. Kein Auf- und Abbau des Rades, kein Flughafen (oder Bahnhof-Transfer), kein Checkin, keine Sorge, ob das Rad mit ankommt oder beschädigt wird. Purer Luxus.

Aber dafür halt über 2.200 km mit dem Auto fahren. Damit das entspannt vonstatten geht, braucht man Zeit. Aber die hatte ich und wollte sie mir nehmen. Und so war die Anreise schon aktiv geplanter Teil meines Urlaubs.

Mit gut gefüllter Podcast- und Audible-Hörbuch Playlist und Rad und Ausrüstung im Kofferraum startete ich am Sonntag, den 27. August, gen Süden. Das bedeutete: eine volle Woche vor dem Start von Badlands (Sonntag, 3. September).

Mein Plan war, die Strecke bis nach Granada in 3 Fahrtabschnitte und 3 Übernachtungen aufzuteilen. Dabei an mindestens einem Ort zwischendrin noch eine schöne Radtour zu machen, dann auch noch die Gorafe-Wüste schon einmal auf dem Hinweg erkunden und schließlich ganz entspannt entweder am Mittwoch oder Donnerstag in Granada anzukommen.

Und das ist voll aufgegangen und war tatsächlich, trotz dem langen Fahren, sehr entspannt. Denn anders als deutsche sind französische wie auch spanische Autobahnen wunderbare Fernverkehrsstrecken. Ohne jede Baustelle, ohne gestreßte und rasende Verkehrsteilnehmer. Da kommt man echt trotz – bzw. gerade eher wegen – der Tempobeschränkung wie auch der Maut in Frankreich gut und schnell voran.

Remoulins und die Pont du Gard

Das Ziel meines ersten Abschnitts wählte ich nach Karte und Wetterbericht aus. Liebend gerne hätte ich zum ersten Mal das Vercors nahe Grenoble besucht. Ich bin des Nächtens schon mal im Rahmen eines Bikepacking-Rennens durch Grenoble gefahren. Aber die tollen Schluchten und die Balkonstraße des Combe Laval hatte ich noch nie gesehen und befahren. Allein – da war Regen vorhergesagt. Und den hatte ich über den Juli und in Teilen auch August in Deutschland nun wirklich genug gehabt. Ich wollte eeeeeeeendlich Sonne! Blauen Himmel! Wärme – ja, Hitze sogar! Badlands, ich komme!

Also – Vercors wurde gestrichen. Ich suchte weiter nach einem interessanten Ziel welches noch innerhalb eines Tages erreicht werden konnte. Nein – nicht den Mont Ventoux. Hatte ich schon zweimal. Aber: die Pont du Gard! Berühmtes Aquädukt, der Gardon, hoffentlich schöne Gegend. Also: Remoulins!

Das lag direkt neben der Pont du Gard, hatte eine passend liegende Autobahn-Abfahrt, einen McDonalds (fragt nicht ;-)) und ich sah auf Google Maps auch einen vielversprechenden Parkplatz.

Denn – wenn nicht unbedingt nötig, dann wollte ich mir den Aufwand und das Geld für ein Hotel sparen. Schließlich hatte ich ja mein Bivy dabei. Und – weil es im Auto überhaupt kein Problem war – extra für An- und Abreise auch eine zusätzliche, dicke Luftmatratze und eine Extra-Vlies-Decke für mehr Komfort und Wärme. Glamping per Biwak direkt neben dem Auto.

Irgendwann um kurz vor Mitternacht komme ich in Remoulins am ausgewählten Parkplatz direkt am Fluss Gardon an. Hauptgewinn. Ein sehr großer, sehr leerer, unbefestigter Parkplatz. Mit Bäumen drumherum, einem Picknick-Areal samt einem Kanu-Fahrten-Container-Kiosk (niemand da) und irgendwie zweigeteilt. Weil’s kuscheliger und nicht so offen aussieht, parke ich in der Nähe des Picknick-Areals unter Bäumen. Hier schlage ich mein Biwak direkt beifahrerseitig neben dem Auto auf und habe eine schöne Nachtruhe.

Als ich nach dem Aufstehen schon halb eingepackt habe, kommen auch die zum Kanu-Kiosk gehörigen Personen an, um es für den Tag vorzubereiten. Anscheinend ist der Teil des Parkplatzes, wo ich stehe, nur für Kanu-Gäste? Oder er störte sich an meinem „Wildcampen“? Wie dem auch sei – ich fahre ja jetzt eh frühstücken. Erst mal auf zu McDonalds. :) Danach wieder zurück zum selben Parkplatz, aber auf die andere Hälfte. Hier packe ich mein Rad aus und mache mich fertig für meine Tour.

Etwas sorgenvoll. Denn schon in der Nacht hatte es böse geweht. Jetzt ist der Wind noch stärker. So stark, dass ich unmöglich zwei gegenüberliegende Türen vom Auto aufmachen kann. Weil sie sonst zugeschlagen werden und davor alles hinausflöge. So stark, dass ich mir sorgen mache, ob Rad fahren in so einem Sturm sicher ist. Aber wenigstens ist der Himmel blau und die Sonne scheint. Ich wage es. In der Tat fegt der Wind regelrechte Gischt und Staub über die Hauptstraßen-Brücke, die aus Remoulins hinausführt. Da schiebe ich lieber drüber. Danach ist es dann aber etwas windgeschützter und in der Tat kann ich dann die gesamte Tour auch genießen.

Noch zu Hause habe ich mir in Komoot eine kleine Runde von knapp 60 km zusammengestellt. Die fahre ich nun ab. Gelange als erstes zum Pont du Gard. Der berühmten Aqädukt-Brücke aus römischer Zeit. Mit 49 Metern höhe die höchste aller römischen Aquäduktbrücken und hervorragend erhalten. Hier lasse ich Aquädukt und Areal auf mich wirken, beobachte das Treiben und erkunde auch das Ufer ein Stück flussauf, um andere Perspektiven zu erhalten.

Dann fahre ich weiter. In Form einer lockeren Acht orientiere ich mich ein wenig an der Radroute „Boucle de l’Uzège – Pont du Gard“. Überquere dabei den Gardon ganze vier mal. Am entferntesten von Remoulins bei Saint Nicolas de Campagnac. Die gleichnamige Brücke seht ihr ebenfalls in den folgenden Fotos. Der Gardon ist dort kaum bzw. gar nicht zu sehen – fließt hier wahrscheinlich komplett im Kiesbett ab.

Eine schöne zum Nachfahren empfohlene kurze Runde auf der ich auf der Ausschau nach einem passenden Plätzchen für ein Fotoshooting meines Canyon Exceed bin. Wie für bekanntere Rennen üblich, plante Bikepacking.com mal wieder ein Rigs of… Feature. Mit dem vollen Ornat, wie ich mein Rad für Badlands ausgestattet hatte, hatte ich im Vorfeld noch keine Fotomöglichkeit (Ort, Zeit vor allem, aber auch Wetter) gefunden. Aber diese Zeit hatte ich ja jetzt. Und – ein weiterer Vorteil der Anreise mit dem Auto – ich hatte alles nötige dabei: meine Olympus OMD Micro-Four-Thirds Kameraausrüstung und mein kleines Macbook.

Mehr zum Ergebnis des Fotoshootings und meinem Rad gleich weiter unten in einem gesonderten Kapitel.

Noch während der Tour halte ich für eine frische Apfeltasche. Und danach gab’s dann weiteren Kuchen und Cappuccino. Erneut im McD von Remoulins. Zuvor kaufe ich mir gegenüber im Carrefour noch Proviant für die Weiterreise und auch ein USB-A zu USB-C Adapterkabel. Ich habe nämlich alles dabei… bis auf meinen kleinen SD-Card Reader… Aber ich kann die OMD per Mini-USB Kabel direkt an’s Macbook anschließen. Über den besagten Adapter. Problem gelöst und noch während der Kaffee und Kuchenpause wandern die ersten Bilder auf mein Macbook und in Lightroom hinein.

Und dann fahre ich auch am Nachmittag direkt schon weiter. Girona liegt in Reichweite. Etwa 320 km sind es bis dahin. In Ermangelung einer besseren Idee und mit per Google Maps schon mal grob bei einer Zwischenrast ausgewählten möglichen, ungestörten Autoabstellflächen bzw. Parkplätzen fahre ich spät in der Nacht tatsächlich gen Girona von der Autobahn ab. 2019 war ich das letzte (und bisher einzige) Mal hier. Per Rad von Barcelona kommend, habe ich zwei Tage in Girona mit Stadtbummel durch die Altstadt verbracht. Das war im Anschluss des Three Peaks Bike Race. Was ich damals nicht gesehen hatte, war, wie dicht besiedelt und weitläufig Girona außerhalb der Altstadt wirklich ist. Option um Option eines ruhigen, ungestörten Abstell- und Biwak-Platzes muss ich verstreichen lassen und vorbeifahren. Es ist einfach zu viel los. Und, typisch Spanisch, überall auch viel Verkehr. Was nach Kartensignatur an anderen Orten tatsächlich ein ruhiger Parkplatz nahe von Wäldchen o.ä. sein könnte, stellt sich hier als vollgepropfte Abstellfläche aller Autos eines entsprechenden Stadtviertels heraus, wo Wohnungen und Gässchen keine privaten Garagen und Abstellflächen erlauben. Endlich finde ich was passendes. Aber es hat mich locker eine Stunde seit der Abfahrt von der Autobahn gekostet, bis ich endlich an das Aufpumpen meiner Luftmatratze gehen kann.

Frühstück ist dann wieder super: wiedermal bietet ein McDonalds eine geräumige und saubere, sowie zu dieser Tageszeit noch komplett frische Toilette. Und ein leckeres Frühstück samt Wifi obendrein.

My kind of breakfast: MacBook, Wifi and Muffins + Cappu at McDonalds
My kind of breakfast: MacBook, Wifi and Muffins + Cappu

Die gestern gehegte Idee, ein paar Blicke auf die Altstadt zu erhaschen, habe ich schnell fallen gelassen. Viel zu viel Verkehr und Aufwand für einfach nur einen Blick. Und wirklich aufhalten möchte ich mich in Girona selbst nicht. Da will ich lieber andere Gebiete entlang der Reise kennenlernen. Deswegen tanke ich nach dem Frühstück und fahre sofort wieder auf die Autobahn.

„Pont del Diable“ lese ich da eine Weile später als Rastplatz bzw. Aussichtspunkt. Hört sich spannend an. Beine vertreten wäre auch nett. Ich halte an und entdecke tatsächlich ein nicht viel weniger eindrucksvolles Aquädukt als die Pont du Gard:

Ich bin noch in Katalonien, nahe Tarragona. Und es ist das Aqüeducte de les Ferreres bzw. die besagte Pont del Diable. Auch hier folge ich dem Spazierpfad ein Stück, um es mir näher anzusehen. Dann geht es aber auch direkt weiter.

Ich überlege, welche Routenführung ich nehmen soll und entscheide mich für die etwas längere Variante entlang der Küste südlich von Valencia über die E-15. Das ist auch ganz nett. Nach 2 Nächten Biwak neben meinem Auto möchte ich jetzt mal ein Hotelzimmer für die Übernachtung. Die Orte entlang der Küste sagen mir alle nichts. Ich war da noch nie. Ich lasse mich von Google Maps und Booking.com leiten. Wo ist ein passendes Hotel möglichst gut angebunden an die Autobahn und so weit entfernt, dass ich da nicht all zu spät ankomme. Es wird Benidorm und das Hotel La Estación. Welches sehr ok ist. Aber leider keinen Supermarkt im Basement hat, wie in Karte und Beschreibung gesehen. Da ist Baustelle. Also fahre ich am nächsten Morgen noch ein Stück, bis ich nach einer Tankstelle einen passenden Supermarkt finde. Nach Benidorm hinein fahre ich dafür nicht. Da war ich am Vorabend schon etwas herumgekurvt. Habe gesehen, wie eng da alles ist und wie schwierig es mit dem Parken aussieht. Ein Pluspunkt für wiedermals das McDonalds, bei dem ich mein Abendessen genoss und welches tatsächlich ein paar Parkplätze hatte.

Vorab-Besuch der Gorafe-Wüste

Von Benidorm waren es jetzt nur noch 394 km bis nach Granada! Und rund 330 km bis nach Gorafe. Exzellent – und natürlich gestern schon darauf hin geplant. Denn so konnte ich in etwas über 3 Stunden dort sein. Sprich – Mittags ankommen, um Zeit für eine weitere Runde mit dem Rad zu haben. Und um danach, egal wie nass geschwitzt und verstaubt, nur noch 60 km bis zum Ziel meiner Reise und damit zum Hotelzimmer und einer Dusche übrig zu haben.

Die Gorafe-Wüste. Eines der vielen Highlights von Badlands. Da wollte ich nicht bis zum Rennen mit warten. Sondern sie mir schon mal vorab ansehen. Ganz in Ruhe. Um die Landschaft zu erkunden, um Fotos zu machen. Und ja – auch um mal einen ersten Eindruck von der Strecke zu erhalten. Wie würde der Untergrund dort sein? Wie vor allem auch die Ramblas? So heissen die ausgetrockneten Flusstäler, die nur nach den seltenen, dann oft um so heftigeren Regenfällen Wasser führen. Dazwischen sind sie trocken und werden oft auch als Wege benutzt. Wege – die mal mehr, mal weniger tiefgründig oder gut zu befahren sind.

Auch hierfür hatte ich mir – schon unterwegs, entweder beim Frühstücken in Girona oder abends in Benidorm – eine kurze Schleife in Komoot geplant. Von Gorafe (ein kleines Dorf) selbst ausgehend, folgte sie der Rennstrecke gen Norden, um sie nach einigen Kilometern Richtung Osten zu verlassen. Über einen auf der Karte sichtbaren Weg stieß sie dann wieder auf die südwärts-führenden Spange der Badlandsroute, die dort weitestgehend durch Ramblas verlief. Ich hatte jedoch am Abend zuvor ziemliche Schwierigkeiten auf Google Maps einen Parkplatz für’s Auto zu finden. In Gorafe selbst zeigte mir auch Streetview nichts an, wo ein Besucher sein Auto hinstellen könnte, ohne zu befürchten, irgend etwas zu zu parken oder auf fremder Leute Eigentum zu stehen. Auch die Straße nach Gorafe selbst hatte keine geeigneten Randstreifen oder Feldwege, wo man ein Auto hinstellen konnte. Da sind die Straßen einfach anders angelegt als bei uns. Aber: etwa 5 km südlich von Gorafe befindet sich der sogenannte Parque Megalítico de Gorafe. Und da ist tatsächlich ein richtiger Autoabstellplatz. In Deutschland wäre das der typische Wanderweg-Schotterparkplatz für etwa 12 Autos. Und – er ist nur rund 6 km von der Autobahnabfahrt der N-342 entfernt, von der ich ja kam.

Super! Hier konnte ich mein Auto abstellen und war auch ganz alleine da. Schlüpfte in die Radklamotten, holte mein Rad aus dem Kofferraum, befüllte die Trinkflaschen und konnte loslegen. Mit… erst mal mit Fotografieren und Insta360 Videos aufnehmen. :)

Dann aber endlich los. Zuerst über die Straße und einige Serpentinen hinab. Tolle Gesteinsformationen linker und rechter Hand. Erst einmal nach Gorafe selbst. Hier würde ich im Rennen durchkommen. Wo sind denn die vorab ausgekundschafteten Resupply-Möglichkeiten? Aha – hier der Tabakladen aus Google Maps. Nope – das wird wohl nichts sein. Und er wird auch geschlossen sein, wenn wir dort im Rennen vorbei kommen. Dann der Eiskiosk… ok, da ist er. Heute ebenfalls keiner da. Es wird also tatsächlich als einzige Option auf das Meson el Mirador hinauslaufen. Einem kleinen Restaurant. Ok – dann habe ich das wenigstens schon einmal gesehen. Ein Blick von der Straßenecke genügt mir, ich bin ja versorgt.

Ab jetzt bin ich auf der Strecke von Badlands und kämpfe mich eine steile, betonbefestigte Rampe aus dem Dorf hoch zur Hochfläche der Gorafe-Wüste. Bzw. ausgeruht und unbeladen kann ich hier locker pedalieren. Steil ist es aber trotzdem.

A pro pos „wenigstens schon einmal gesehen“ – das war ein aktuell weiterer aufgekommener Aspekt. Die Wetterprognose zeigte für das kommende Wochenende, mit hin ausgerechnet dem Rennstart, Regenwahrscheinlichkeit an. Oh noes! Da regnet es hier fast nie (warum sonst auch Wüste?) und ausgerechnet, wenn sonnenbedürftige Deutsche aus einem verregneten Sommer daheim nach strahlend blauen Himmel und Wärme dürsten, soll’s hier regnen! Nun ja – noch war die Hoffnung, dass es vielleicht doch nicht dazu kommen würde. Aber sicher ist sicher – ich wollte die Gorafe schon mal als trockene Wüste unter strahlendem Sonnenschein erleben.

Und das konnte ich hier und jetzt. Wow! Wirklich eine ganz außergewöhnliche Landschaft.

Ich schaue mir alles an. Bewundere die Erosionsformen und das Licht- und Schattenspiel über sie. Mache Fotos und spiele für Selfies mit meiner Insta360x3 Kamera.

Und ich entdecke Wohnhöhlen. Zuerst eine komplett leere. Später dann auf dem Rückweg nach Süden eine richtig große und komplett ausgestattete.

Von kompakt und leer…

… zur möblierten Wohnhöhle:

Niemand da, mitten in der Wüste. Ich frage mich, von wem und wofür diese Höhlenwohnung eingerichtet wurde? Und ich frage mich, ob das eine Option für die erste Nacht im Rennen wäre…

Von dieser Höhle aus ist es nicht mehr weit zurück zum Auto. Ein paar tolle weitere Ausblicke später bin ich dort, packe das Rad fix in den Kofferraum und bin auch schon wieder unterwegs. Die restlichen paar Kilometer bis nach Granada!

Kurz was zum Autofahren an sich

A pro pos nur noch ein paar restliche Kilometer: Weit war es von Wuppertal aus schon. Aber wie schon angeführt, spätestens ab dem Verlassen von Deutschland super entspannt. Ich hatte die Podcast-Schlange gut gefüllt. In Audible hatte ich extra noch eine Reportage über Andalusien bereit gestellt. Und 4 verschiedene Spanisch-Hörbücher bzw. -kurse herausgesucht. So konnte ich mich schon auf dem Weg nach Spanien und durch Spanien hindurch super einstimmen.

Landschaftlich fand ich das Fahren in Frankreich und anfangs in Spanien in Katalonien noch reizvoll bis „normal halt“. Tiefer südlich in Spanien, besonders wenn ich nicht unmittelbar an der Küste entlang fuhr, war es aber doch ziemlich öde und trostlos. Gerade auch von der Küste weg und nach Andalusien hinein. Vor, um und hinter Murcia. Ich hatte keine Sorge um Badlands bzw. dort keine super genialen Landschaften vorzufinden. Aber hier? Links und rechts der Autobahn? Was finden die Leute an Andalusien? Frug ich mich. Trocken, eher flach, öde.

Das änderte sich tatsächlich erst kurz vor Gorafe. Da wurde die Landschaft, die ich von der Straße aus erblicken konnte, langsam interessanter.

Blick auf die spanische Autobahn aus dem Auto heraus.
Auf der Autobahn, schon in Andalusien, kurz hinter Cúllar. Unweit meines Stops in Gorafe, noch nicht die Sierra Nevada, sonden den davorliegenden Gebirgsstock der Sierra de Baza im Blick.

Und nach dem Aufbruch von Gorafe aus, die letzten 60 km bis nach Granada, da wurde es dann richtig traumhaft. Auch von der Autobahn schon. Sehr toll!

Zum Sonnenuntergang fuhr ich nach Granada hinunter und in die Stadt hinein. In Richtung meines Hotels.

Granada erleben – solo und per social rides

Das Hotel hatte ich auch unterwegs erst gebucht. Einerseits hatte ich vor meinem Urlaub nicht wirklich Zeit und Muße dazu. Andererseits wusste ich bis zum Start noch gar nicht, wann genau ich denn in Granada sein wollte / würde. Schon ab Dienstag? Oder gar erst ab Donnerstag? Ich wollte auch ein Hotel mit verfügbarem Privatparkplatz. Die andere Option wäre gewesen: eine öffentliche Tiefgarage. Eines der vielen hilfreichen Details der Organisation von Badlands: im Handbuch gibt es eine Aufstellung von 4 Hotels. Alle nahe der Registration und des Startortes, alle mit Angabe eines Rabattcodes und mit der Angabe, ob Räder im Zimmer erlaubt sind (3 von 4 Hotels) oder es einen speziellen Bike-Raum gibt. Sowie Abstellmöglichkeiten für Gepäck während des Rennens zum Abholen danach. Natürlich habe ich eines der Hotels ausgewählt, die das Rad im Zimmer zuließen. Und eines, welches auch eine Tiefgarage hatte. Exzellent – so mag ich das. Blöde Wellness-Angebote, Fernseher mit 175 Kanälen, Swimming Pool… alles uninteressant. Rad auf’s Zimmer, schnelles Wifi ohne komplizierte Anmeldeportale, gutes Frühstück mit ordentlichem Kaffee und sicherer Abstellplatz für’s Auto (wo dann alles mögliche auch während des eigentlichen Rennens drin untergebracht sein kann) – mehr braucht es nicht. Bzw. – wenn das nicht gegeben ist, nutzt mir auch der goldene Wasserhahn im Bad nichts. Hotel Saray, war es. Und das kann ich wirklich weiterempfehlen.

Am Mittwoch Abend bin ich also im Hotel angekommen. Donnerstag morgen genieße ich ein ausführliches Frühstücks-Buffet mit viel Zeit. Gehe dann irgendwann ins Zimmer, organisiere Kram, studiere das Race-Manual ein wenig weiter und vervollständige mein Roadbook unter zu Hilfenahme des Race-Tracks und Google Maps. Auch dazu hatte ich in den Wochen und selbst Tagen davor nicht wirklich die Lust bzw. den Willen, mir dazu Zeit herauszunehmen. Angefangen hatte ich zwar – aber mir fehlten noch zwei Drittel.

Ein Ausschnitt meines Roadbooks, welches ich mir in ähnlicher Art für jedes meiner Rennen / Bikepacking-Touren erstelle.
Ein Ausschnitt meines Roadbooks, welches ich mir in ähnlicher Art für jedes meiner Rennen / Bikepacking-Touren erstelle.

So sieht das dann aus. Hier für Badlands in den von der Orga im Handbuch beschriebenen Abschnitten aufgeteilt. Ich schreibe mir das immer in der App Things, die super vielseitig ist und wunderbar zwischen allen meinen Macs und iPhones synchronisiert. In welchen Orten gibt es mögliche Resupply-Punkte und wann sind die offen?

Ich glaube, meine Radklamotten hatte ich gestern abend schon gewaschen. Blieb als nächstes, einen Blick nach draußen zu wagen. Auf zum nächstgelegenen Supermarkt. Snacks für den Tag kaufen und schon mal einen Überblick über typische Angebote von Snacks in spanischen Supermärkten verschaffen. Dann schöne Kaffee- und Kuchen-Pause und nochmal geschmökert, wo’s gleich in die Altstadt hin gehen soll.

Bikepacking Rennen (bzw. hier ist es ja eine Challenge – ich spreche aber weiter von Rennen. Macht es einfacher) sind auch immer ein Treffen von Bekannten. Die Gemeinschaft wie auch die Anzahl der organisierten Events wächst und wächst zwar. Doch gerade bei den bekannten Events trifft man doch immer wieder mindestens ein paar Leute, die man auch schon anderswo kennengelernt hat.

Hier ist es u.a. Peter aus England, mit dem ich einige Tage in Marokko verbracht habe, nach dem wir beide das diesjährige Atlas Mountain Race schon recht früh gescratcht hatten. Ich, weil ich nach einem miserablen Januar gerade wieder zum Abflug gesund worden war und mir schon in der zweiten Nacht eine neue Erkältung zugezogen hatte (frisch von einem anderen Teilnehmer auf dem Trail bei der Frage, wie’s ihm geht, explosionsartig mitten ins Gesicht angehustet worden…) Wir waren dann gemeinsam in Ouarzazate und sind von dort aus per Taxi zur Küste gereist, haben dort in einem Appartment übernachtet und sind dann später zum Ziel und zur Finisher-Party weiter.

Er ist mit seiner Frau im selben Hotel und wir gehen abends in die Altstadt, essen zu Abend und spazieren weiter zu einem der bekanntesten Aussichtspunkte von Granada: dem Mirador de San Nicolás mit tollem Blick auf die Alhambra. Dieser Platz ist auch im „Warm-up“ von Badlands erwähnt. Einem weiteren tollen Angebot, welches für typische Bikepacking-Rennen eher ungewöhnlich ist. Der Mirador de San Nicolás war in dieser PDF-Broschüre als „inoffizieller“ Treffpunkt für die Teilnehmer:Innen vorgeschlagen.

So viele waren dort am Donnerstag Abend aber nicht da. Bzw. vielleicht waren die meisten davon genau so inkognito wie ich. Ohne Rad, ohne Radklamotten, ohne Helm. Ein Tourist wie jeder andere. Überhaupt war mir heute abend noch gar nicht nach Treffen oder Schwatzen. Ich wollte den ersten Abend in Granada mit seinen Blicken, Orten und Geräuschen wahrnehmen. Peter und seine Frau hatte ich im Gewusel verloren. Er textete bald, dass er auf dem Rückweg zum Hotel war. Ich fotografierte noch und schlenderte durch die Gassen. Hier bin ich im Albaicín, dem ältesten Viertel des über 1000jährigen Granada. Was für eine beeindruckende Stadt mit einer reichen Kultur im Mix aus maurischen und christlichen Einflüssen und Stilen. Nicht nur die Landschaft der Gorafe-Wüste und anderer Orte, die ich im Rennen noch entdecken würde, sondern auch viele Gebäude erinnerten mich sehr an Marokko – dem bisher einzigen anderen arabisch geprägten Land, dass ich besucht habe. Die Ähnlichkeiten nehmen auch nicht Wunder, sind beide Länder bzw. Regionen – Marokko und Spanien bzw. Andalusien – nur einen „Katzensprung“ über das Mittelmehr bzw. über die Meerenge bei Gibraltar getrennt. Und beide gerieten im Zuge derselben Expansion sowohl des Mhagreb in Nordafrika wie dann auch großer Teile der iberischen Halbinsel unter islamisch-arabischen Einfluss. Und viele Muladís, das waren die Bevölkerungsgruppe, die ein Großteil des muslimisch beherrschten Al-Andalus (dem Vorgänger des heutigen Andalusien) ausmachte, flohen während der Reconquista von dort u.a. nach Marokko.

Ich war ja mittlerweile schon an vielen Startorten von Bikepacking-Rennen. Sie alle hatten und haben ihren Reiz. Granada hat sie für mich alle ausgestochen. Solch einen Mix aus: ich war noch nie da, südlichem Flair, reicher Kulturhistorie die wirklich aus jeder Gasse zu strömen schien, interessanten Gebäuden, reizvollem Geländerelief (Entschuldigung, Städte im flachen Land – ihr könnt ja nichts dafür… ;-)) und der Stimmung, die ich beim Schlendern hindurch wahrnahm, hatte ich noch nirgendwo sonst so wirklich verspürt. Wie in Südeuropa üblich, waren abends natürlich viele Menschen unterwegs. Und in einer Stadt wie Granada sollte man meinen, waren darunter auch super viele Touristen. Aber es fühlte sich gar nicht touristisch überlaufen an! Es war angenehm… lebendig. Und jung. Klar gab’s gerade im Albaicín auch mal die eine oder andere Fremdenführer-Gruppe, der ich begegnet bin. Aber ansonsten fühlte es sich an, als schlenderte ich durch die eigentliche lokale Bevölkerung, die auf dem Weg zum Essen oder Feiern oder selbst die eigene Stadt genießen war.

Social Ride am Freitag

Am Donnerstag gab es bereits den ersten offiziellen Social Ride. Da war ich ja noch am Entspannen und Sortieren. Heute wollte ich aber am zweiten von Zweien teilnehmen.

Um 10:00 ist das Treffen am Vorplatz des Palacio de Congresos de Granada angesetzt. Hier wird auch Sonntag Morgen der Start sein. Gerade mal 2 Minuten zu Fuß von meinem Hotel.

Hier sind schon jede Menge Teilnehmer:Innen versammelt. An Pavillion-Zelten gibt’s schon mal Kaffee… der besonderen Art. Coldbrew, auf Eis, und mit Orangensaft. Erfrischend… aber – um diese Uhrzeit brauche ich das noch nicht in dem Maße – ein leckerer warmer Cappu, äh, Café con leche, wäre mir lieber gewesen… :)

Aber schön – hier treffe ich noch viel mehr bekannte Gesichter und lerne auch schon ein paar weitere neue kennen. Ulrich Bartholmoes ist da, ihn hatte ich schon mal beim TPBR in Wien getroffen (ich kann Ulrich natürlich immer nur beim Start bzw. vor dem Rennen treffen – nie während oder danach… ;-)), Chris Hall, den ich vom AMR kenne, Bruno Ferraro (mittlerweile Organisator von eigenen Rennen wie Seven Serpents), den ich schon mal am Start des TCR traf usw. Dries von Cycling Flanders ist auch als Teilnehmer dort und bei der Registration tags drauf würde ich u.a. auch Nils Laengner treffen. Er ist ja mittlerweile einer der Fotografen für Bikepacking-Races und als solcher bei fast allen Events mit Rang und Namen gesucht und vertreten. Und ich habe Gelegenheit – sowohl bevor wir aufbrechen als auch während der Ausfahrt – mit weiteren Teilnehmer:Innen zu sprechen. Wobei – ihr kennt mich – ich bin nicht derjenige, der sofort jovial auf andere zugeht und die Party-Bubble aufmacht. Würde ich sonst lange, ungestörte Radfahrten im Selbstversorgermodus so mögen?

Als wir dann aufbrechen, sind wir eine Riesengruppe. Der Ride fand also regen Zuspruch. So rege gar, dass die Organisatoren schon mal zu den geplanten Tortillas und Croquetas weitere Pizzen ordern werden, damit nach dem Ride genug für alle da sein wird.

Knappe 30 km mit ein paar guten Anstiegen sind es. Aber eine wirklich tolle Strecke. Besonders die flowige Abfahrt bzw. der Abschnitt am Fluss entlang zurück nach Granada hinein war toll.

Nach dem Ride verputzen wir die zur Verfügung gestellten bereits erwähnten Leckereien bei Sprite und oder alkoholfreiem Dosenbier bis es sich dann langsam verläuft. Einige, u.a. ich auch, bleiben noch an Ort und Stelle, um dem sich anschließenden Live-Podcast von Velocio zu lauschen. Danach gehe auch ich ins Hotel zurück, dusche und bereite mich auf einen zweiten ausführlichen Stadtrundgang vor, der mich vom späten Nachmittag bis in den Abend hinein beschäftigen wird.

Granada; die Alhambra in der Abenddämmerung.
Die Alhambra in der Abenddämmerung.

Registry und Briefing

Palacio de Congresos de Granada
Registrierung im Palacio de Congresos de Granada

Am Samstag ist dann die Registration dran. Einen obligatorischen Bike-Check, wie er z.B. beim Transcontinental Race sehr ausführlich durchgeführt wird, gibt es nicht. Auch bei Nelsons Rennen, wie z.B. dem Atlas Mountain Race, findet der statt. Und macht auch Sinn, wie ich finde. Da wird dann das Rad an sich durch freiwillige Mechaniker einem kurzen Check-up unterzogen – denkt da jemand etwa mit lockerem Steuersatz oder kaum funktionierenden Bremsen in ein Kontinent-querendes Rennen über zwei Wochen Dauer oder in entlegene Wüstengebiete über halsbrecherischse Ziegenpfade aufzubrechen? Kommt immer mal wieder vor. Gleich wichtig aber auch: ist die teilweise vorgeschriebene Ausstattung am Rad oder in der Ausrüstung enthalten? Also z.B. zwei redundante Front- und Rücklichter. Oder die Signalweste für die Nacht bzw. die Rettungsdecke für Notfälle?

Hier bei Badlands setzt man auf Eigenverantwortung. Und die Liste der Pflicht-Ausrüstungsgegenstände ist minimal: Helm, klar. Front- und Rücklichter – auch klar. Aber keine Vorgaben an Redundanz oder anderen Ausrüstungsgegenständen. Dazu noch der Hinweis, dass es in Spanien gesetzlich vorgeschrieben ist, beim Radfahren in der Nacht eine Reflektoren-Weste zu tragen.

Aber Rad-Service wurde trotzdem angeboten. Weil – irgendwas ist ja immer. Da werden Räder beim Transport (gerne schon mal beim Flug) irgendwie in Mitleidenschaft gezogen oder ein vitales Ersatzteil wurde vergessen oder bei der Anreise verloren etc. pp. Ich selbst hatte mir vorgenommen, die Bremsbeläge der Vorderbremse noch vor dem Start zu wechseln. Hatte sie auch zusätzlich zum Set in meiner Standard-Reparatur-Ausstattung für das Rennen selbst in Form eines weiteren Paars daheim eingepackt und mitgenommen. Am Samstag morgen denke ich mir dann, den Inbus-Schlüssel schon in der Hand: „Ach komm. Was soll ich mich jetzt hier im Hotelzimmer ungelenk abmühen? Nimm’s Rad einfach zur Registration mit und lasse es da einen geübten Mechaniker mit Bikestand machen…“

Gesagt, getan und ohne Aufhebens und fluggs erledigt bekommen. Vielen Dank Dr. Bike für den freundlichen Service!

Die tollen und sinnvoll zusammengestellten Goodies hatte ich ja in einem der anfänglichen Kapitel schon erwähnt und gezeigt. Tolle Sache. Auch das für ein Bikepacking-Rennen eher ungewöhnlich.

Dann gab es natürlich weitere Stände der Sponsoren. Aber auch die Möglichkeit vom Töpferduo „Tierra de Arcillas“ handgemachte Kaffee- und Espressobecher zu erwerben. Eine interessante Kooperation, aus den lokalen Tonerden der Orte im Alpujarra, die die Rennstrecke kreuzt, tolle, handgemachte Keramiken zu fertigen. Für mich als Kaffee-Liebhaber, der immer auf der Suche nach einer wirklich schönen Tasse (und nicht diesen unsäglichen, zylindrischen 08/15 Kaffebechern, die es überall gibt, weil sie sich natürlich superleicht mit allen möglichen Motiven und Sprüchen bedrucken lassen) bzw. einen nützlichen Souvenir ist, natürlich genau das Richtige. So wurde einer der mitgebrachten Becher zu meinem Daily Cappuccino Driver…

Die Registrierung selbst war in Null-Komma-Nix erledigt, da komplett digital. Ich brauchte nur zum entsprechenden Stand gehen, Name bzw. Capnummer sagen, Ausweis vorzeigen und erhielt meinen Goodiebag und war registriert.

Jetzt hiess es auf das Briefing zu warten, welches in einem der Nachbar-Säle der Eingangshalle statt fand.

Dessen großes Thema: der angekündigte Regen!

Not only Badlands… even Worselands… ;-)

Hier ist Regen eine große Sache und mit ihm ist nicht zu Spaßen. Aus zwei Gründen: Die Ramblas, die ausgetrockneten Flussbetten, sind dann eben nicht mehr ausgetrocknet. Sondern reissende Flüsse! Mit Betonung auf reissend. Dort kann sich dann niemand aufhalten. Und wenn doch, schwebt er in Lebensgefahr. Und selbst, wenn der Regen dann durch ist, entsteht ein anderes Problem. Peanut Butter Mud aus der Hölle. Mindestens genauso schlimm wie man es häufig in den USA erleben kann. Bei Unbound Gravel oder im Great Basin bei der Tour Divide zum Beispiel. Das ist eine Art von Untergrund, über den schon eine Radumdrehung oder ein Fußtritt genügt, um zähen Lehm um alle Oberflächen zu legen. Jede weitere Radumdrehung bringt mehr Lehm auf und schon nach wenigen Metern bewegt sich gar nichts mehr und alles ist blockiert. Reifen, Rahmen, Kette, Schaltwerk, Bremsen…

Doof natürlich, dass bei den wenigen Regentagen ausgerechnet für heute Nacht und für morgen, dem ersten Renntag, erhebliche Niederschläge vorhergesagt wurden. In anderen Teilen der Provinz Granada hatte es schon geregnet. Aus diesem Grund hatte die Renn-Orga schon in den Tagen zuvor einen sogenannten „Safe-Track“ kommuniziert und als GPX- Files sowie auf Komoot zur Verfügung gestellt. Dieser lies einige ausgewählte Streckenteile in der Gorafe- und in der Tabernas-Wüste aus. Die Teile, die dort vorrangig durch die Ramblas verlaufen. Dieser „Safe-Track“ sollte mitnichten ein „Easy-Track“ sein. Und er würde auch keine Garantie für „Mudfree-Track“ geben. Aber alles andere als diese Ramblas gerade des ersten Tages und des nördlichen Teils auszulassen, wäre grob fahrlässig seitens der Renn-Organisation. Das wurde dort im Briefing dann auch so festgelegt. Denn zum jetzigen Stand war ziemlich sicher, dass der Regen auf jeden Fall kommen würde (und zum Teil – noch nicht aber in Granada selbst – schon da war). Soviel sei vorab gesagt: Easy-Track war es damit vielleicht tatsächlich nicht. Aber der Asphaltanteil stieg damit schon deutlich gegenüber der Ursprungsstrecke. Was mit dazu beitrug, dass das Rennen so schnell wie bisher noch nicht erlebt wurde.

Nach dem Briefing treffe ich noch Marius Karteusch. Ein unglaublich talentierter – sprich, superfixer – Radfahrer, der von Orbit360 bis hin zu Unbound schon von sich hören hat lassen. Er ist ganz ähnlich wie ich angereist. Noch cooler, sogar. Denn er hatte direkt ein ganzes Wohnmobil gemietet und war auch schon viel früher und mit schönen Abstechern in die Schweiz usw. gemeinsam mit seiner Partnerin aufgebrochen und ebenso mit diversen Zwischenstops und Radtouren nach Granada gefahren.

Und dann ging es in den entspannten Nachmittag. Während manche Teilnehmer heute noch oder gestern schon auf die Suche nach Regenklamotten gehen habe ich im Grunde alles dabei. Natürlich auch meine Regenjacke samt Kapuze. Selbst ohne Regen wäre sie ein Bestandteil meines Kits gewesen. Und sei es nur für Windschutz in kühlen Nächten. Selbst Überschuhe hatte ich dabei. „Kost‘ ja nix“ sie einfach so im Auto dabei zu haben. Für den Fall der Fälle.

Der Regen würde hoffentlich nicht so schlimm werden, war meine Hoffnung. Und – spätestens ab Montag wäre dann wieder tolles Wetter. Das Wetter das mir diesen Sommer im noch mehr als üblich verregneten Wuppertal so gefehlt hatte…

Ich finalisiere den Inhalt meiner am Rad angebrachten Taschen, stecke auch die vorbereiteten Snacks für die ersten Stunden in diverse Ecken und bereite sowohl Trinkflaschen für das Befüllen am nächsten Morgen wie auch meine Bike-Klamotten zum Hineinschlüpfen vor. Dann gehe ich zu Bett. Während ich den nun des Nächtens in Granada einsetzenden Regen höre.

Mein Bike für Badlands

A pro pos Rad und angebrachte Taschen… Welches Rad und warum habe ich denn für Badlands mitgebracht und wie habe ich es ausgestattet?

Es ist natürlich mein Dropbar MTB, meine Spezial Edition des Canyon Exceed XC-Hardtails. Über die Beweggründe, warum das für mich mein ideales „Gravelbike“ für die meisten Gravel-Events ist, habe ich schon ausführlich geschrieben. Und zwar hier: Dropbar-MTB, Teil 1: Warum Gravel immer mehr zu (MTB-)Offroad wird und welches Rad ich mir dafür gebaut habe.

Neben diesen allgemeinen Gründen war es aber auch u.a. exakt dieses Badlands, für das ich dieses Rad vorgesehen habe. Und was soll ich sagen – es war der Volltreffer! Selbst mit den durch den Safe-Track erhöhten Asphalt-Anteilen kam ich mir (u.a. dank der Aerobars, dank der supergut rollenden Conti RaceKing Reifen und dank dem passend gewählten 36-Zähne Kettenblatt) nie auf dem verkehrten Rad sitzend vor. Und ja – ich würde der Badlands-Rennstrecke (ohne den dem Regen zum Opfer gefallenen Ramblas in der Gorafe und Tabernas-Wüste) bis hinunter nach Almeria das Prädikat „Champagner-Gravel“ geben (nach Almeria ist das eine andere Geschichte – doch dazu später mehr). Und selbst da war ich mit meinem Dropbar MTB samt Frontfederung dermaßen gut aufgestellt, was Komfort, Sicherheit und sich daraus ergebende Geschwindigkeit ergab – es war eine Wucht! Und krass auffallend, wie einfach ich gerade in Abfahrten ohne mir Mühe zu geben alle Leute auf Gravelbikes hinter mir lassen konnte.

Ich habe das zum Anlass genommen, diese Erfahrungen nach dem Rennen in einen gesonderten Artikel zusammen zu fassen und auch Aspekt für Aspekt aufzuzeigen und zu erläutern. Diesen Artikel könnt ihr hier nachlesen: The fastest Bike for Badlands? (derzeit nur in Englisch verfügbar).

Hier kann ich mich daher recht kurz fassen und beschreibe kurz das Rad und die gewählte Taschenkonfiguration:

BIKE: Mein Drobbar Exceed habe ich letzten Winter auf Basis eines Canyon Exceed XC Race Hardtails aufgebaut. Habe es mit einem Rennlenker ausgestattet, habe einen “Sramimano” Schaltgruppenmix verbaut, der aus einer Shimano XTR-Kurbel und SLX 10-51 Kassette und Kette besteht, ein 36T Garbaruk-Kettenblatt und ein Sram Eagle AXS GX Schaltwerk mit Sram Rival Schalt-Bremshebeln verheiratet. Vorne sorgt die RockShox SID SL Ultimate Federgabel für genau die richtige Menge Komfort und Kontrolle und sieht auch entsprechend cool aus. Als Reifen nutze ich die Continental RaceKing ProTection 29 x 2.2″ auf Newmen Carbon-Laufrädern.
Für Badlands (und die erwartete kurze Renndauer mit wohl nur drei Nächten) entscheide ich mich gegen den sonst von mir gerne genutzten Nabendynamo. So kann ich bei dem leichten Frontlaufrad bleiben und nutze nur meine Lupine Neo als Haupt-Frontlicht. Die relativ neuen Profile Design Neosonic Brackets sind meine neuen Aerobar-Basis und komplettieren mein Cockpit.

TASCHEN und Wasser: Im Hinblick auf Taschen bin ich ein großer Fan des Tailfin Aeropacks. Für Badlands stellt er das Hauptvolumen bereit. Im Rahmen selbst habe ich nichts, sondern bringe dort nur zwei 750 ml Trinkflaschen unter. Das war mir dann doch lieber und praktischer, als eine Full Frame Bag und darinnen dann eine Trinkblase unterzubringen. Eine solche habe ich aber zusätzlich, und zwar als 1,5 L Trinkblase in meiner Camelbak Chase Vest. Insgesamt habe ich so 3 L Fluidkapazität am Start. Bei Bedarf kann ich eine weitere Flasche (0,7 L Limo aus dem Supermarkt oder aus Bars) in die Foodpouch oder noch in die Chase-Vest oder auch in den Tailfin packen… als mindestens mal noch weitere 2,1 Liter… und soviel würde ich trotz der Hitze Andalusiens im September nie brauchen.

Unter meinen Aerobars hängt die cyclite Handle Bar Aero Bag und hinter dem Lenker hängt eine von cyclites neuen und super minimalistisichen Food Pouches. Die zwar nicht als universelles Behältnis für alles von Snacks bis hin zu Elektronik wie z.B. einer Stirnlampe oder einer Action-Cam taugen (dafür fehlt Volumen, es fehlt etwas Polsterung und es fehlt vor allem ein Verschluss oben). Die aber dafür wunderschön schlank baut und sich noch gut und verträglich an den Vorbau schmiegen lässt, ohne mich zu stören. Und die mir während des Rennens dann doch gute Dienste geleistet hat – ohne dass ich etwas nach oben aus ihr heraus hüpfend verloren hätte. Ich habe sie aber auch dementsprechend genutzt und nur mit entsprechenden Snacks betraut, die nicht hinaushüpfen und wo es vielleicht nicht auf eine fehlende Weintraube von 5 Dutzend angekommen wäre…

Auf dem Oberrohr habe ich die mittlere Größe der dieses Jahr herausgekommenen Tailfin Top Tube Pack in der Flip-Top Version montiert. Für mich die nun besten Oberrohrtaschen, die es gibt. Aber, das mag wenig verwundern, wenn ich euch erzähle dass ich bei deren Entwicklung einen gehörigen Teil beitragen durfte. Hierzu muss ich demnächst unbedingt noch einen gesonderten Artikel schreiben…

Ja – das war es schon. Schaut man sich die minimalistischen Setups von so fixen Leuten wie einem Ulrich Bartholmoes und Co an, dann ist das noch recht viel. Ja – den Vogel hat dieses Jahr Robin Gemperle abgeschossen. Er hatte am Rad selbst nur den später herausgekommenen, niedlichen 1 L Apidura Framepack befestigt. Unter dem Sattel noch ein kleines 0,5 L Werkzeugtäschlein und am Rücken einen Trinkrucksack. Da ist dann wirklich nur Platz für das nötigste Werkzeug und vielleicht eine dünne Regenjacke. Hier ist der Ansatz wohl eher: hopp oder top und wer schläft, verliert eh.

Ich hingegen hatte sogar Schuhüberzieher dabei (und hatte sie auch am ersten Tag gerne genutzt) und ein vollwertiges Schlafsetup, bestehend aus meiner Sea to Summit Ultra Light Mat, meinem ultraleichten Dyneema Bivy von BorahGear, welcher mich schon seit meinem ersten TCR begleitet und auch einem Sea to Summit Spark I Ultraleicht Sommer-Schlafsack. Und – trotz dass es in den Nächten recht warm war, war ich sehr froh, ihn dabei gehabt zu haben.

Mein Rennen

Damit kann ich nun zum eigentlichen Rennen selbst kommen. Zwar der eigentliche Grund, warum ich gerade hier und jetzt in Andalusien war. Aber mitnichten der einzige Inhalt meines bis jetzt schon sehr schönen Urlaubs, dessen Stationen ich euch ja bis hier her – bis zu diesem Sonntag morgen, den 3. September – bereits geschildert habe.

Race Day!

Sonntag, 3.9.2023 – Tag 1 von Badlands

Gestern Abend noch mit dem Klang des Regens in Granada eingeschlafen – jetzt natürlich viel zu früh (für normale Tage) aufgestanden. Um 7:45 Uhr müssen wir am Start sein. Am Palacio de Congresos. Der ja glücklicherweise nur 5 Minuten von meinem Hotel entfernt ist. Schnelles Frühstück. Da sind immer noch ein paar – aber die meisten haben schon gefräst. Wieder rauf in’s Zimmer. Rad geschnappt. Aufzug ist eine Herausforderung – der geht rauf und runter und jedesmal, wenn die Tür in meinem Stock aufgeht, ist der Aufzug voll mit Rädern… Aber – alles entspannt. Viertel vor Acht stehe ich auf dem gut gefüllten Platz des Kongresses. Aktuell ist es trocken. Doch dunkle Wolken drohen besonders in Richtung Osten. Da müssen wir hin.

Pünktlich um 8 erfolgt der Start. Neutralisiert und tatsächlich sehr angenehm geht es durch Granada. Die Polizei sichert die Strecke. Kurze Zeit später wird es zum ersten Mal steil. Gut, um das Rennen schon mal etwas zu entzerren. Gelegenheit, ein bisschen mit Bruno zu schnacken, den ich dort sehe. Aus Granada heraus klettern wir in den Naturpark der Sierra de Huétor. Auf sehr schönen Gravelwegen. Super zu fahren. Und generell immer bergauf. Die ersten 19 km führen zielstrebig von den etwa 670 Höhenmetern des Starts in Granada auf 1500 Höhenmeter.

Instastory me chatting with Bruno
Klettern aus Granada heraus. Zeit für einen Schnack und für Fotos und Instastories… ;-)

Zwischendurch fängt es an zu Regnen. Wird dann auch stärker. So dass ich recht bald die Regenjacke überziehe. Und dann sogar anhalte, um – tadaaa – meine mitgebrachten Schuhüberzieher anzulegen. Taugt mir voll – lieber die 5 Minuten investieren und dafür trockene Schuhe und Socken behalten.

Der Regen begleitet uns mal mehr, mal weniger. Ungefähr bis nach Gorafe. Danach wird es dann für den Rest des Rennens und für mich trocken bleiben. Die Rennspitze hat es da deutlich ärger getroffen. Die waren natürlich deutlich fixer und erreichten bereits die Sierra de los Filabres mit dem oben auf ihr gelegenen Observatorium am Calar Alto zu einem Zeitpunkt, wo es da richtig gewittert und gehagelt hatte. Als ich da einen halben Tag später ankomme, scheint dort die Sonne.

Doch soweit bin ich ja noch gar nicht. Hier mache ich tatsächlich die ersten Fotos nach dem Ende des langen Anstiegs und wo ein kleines Wolkenfenster die Landschaft etwas freundlicher zeichnet.

Danach wird’s leider erst mal wieder regnerischer. Verpflegungstechnisch kann ich aus dem Vollen schöpfen. Klar – zum Rennstart bin ich mit vollen Flaschen und gefüllter Foodpouch (hauptsächlich schokogefüllte Crepes) samt divers untergebrachten Notfall-Gels und Überhaupt-Nicht-Notfall-Waffeln und Co aufgebrochen. In meinen Flaschen habe ich sogar selbst gemixtes Energy-Pulver. Das habe ich mir schon zu Hause in einem großen Ziplock-Beutel angemixt. Aus Maltodextrin, Rohrzucker und auch Instanthaferflocken für etwas „Textur“, mehr langkettigen Kohlehydraten und ein fitzelchen Proteinanteil. Und damit hatte ich auch schon meine Flaschen für die Touren an der Pont du Gard und in der Gorafe-Wüste befüllt.

Für das Rennen hatte ich mir in eine der Flaschen auch noch ein Elektrolyt-Pulver aus dem Goodie-Bag von 226ers Nutrition beigemixt. Mmmmh, das schmeckte unterwegs dann doch nicht so, wie der kurze Test im Hotel…

Trotz der guten Versorgungslage wusste ich ja, dass der erste richtige und gleichzeitig wichtige Versorgungspunkt in Gorafe zu finden wäre. Also etwa bei Kilometer 125. Absolut keine Distanz für ein Ultracycling-Rennen. Trotzdem – als ich im Ort Benalúa bei rd. 90 km direkt an einem Fast Food Laden vorbei komme, halte ich fix an. Fuel early, fuel often. Was man hat, hat man. Spanische Croquetas habe ich in Granada als super leckeres Essen entdeckt. Und hier finde ich sie auch auf dem Anschlagbrett. Ok – einmal Croquetas zum Mitnehmen, bitte. Wow – dass wird das ideale Mitnehm-Poweressen für’s Rad, denke ich mir. Ein paar direkt hier, den Rest mitnehmen. Leider sind die hier nur so semilecker und vor allen Dingen halb kalt! Bäh. Gut – wenigstens habe ich sie superschnell erhalten. Aber Appetit auf aufessen oder gar mitnehmen machen sie nicht.

Croquetas
Croquetas

Weiter geht’s. Bis vor Benalúa haben wir einiges an Höhenmetern geleistet. Aber immer wieder auf und ab. Und so gut die Gravelwege auch überall waren – eine Abfahrt ist dann doch immer mal hier und da ein klein wenig ausgewaschen oder es liegen dann doch mal irgendwo ein paar gröbere Steine. Und selbst wenn nicht – alleine die höhere Geschwindigkeit macht es herausfordernder. So war es nicht verwunderlich aber trotzdem sehr interessant für mich zu sehen, wie sehr ich im Vorteil gegenüber allen anderen Teilnehmern auf reinen Gravelbikes war. Ohne Ausnahme habe ich in jeder Abfahrt nur Leute überholt. Und das, ohne wirklich auf’s Tempo zu drücken oder hier irgendeinen Blumentopf gewinnen zu wollen. Ich hab’s einfach Laufen lassen, so wie’s mir Freude gemacht und sich gut angefühlt hat. Federgabel regelt! Das – und natürlich gut rollende Reifen sowie eine halbwegs aerodynamische Haltung und Radausrüstung, die weder fette Gabeltaschen oder Lenkerrollen in den Wind stellt. Und schwupps – bist du erholter, sicherer, entspannter und sogar schneller unterwegs.

Nach 7:50 h Fahrzeit komme ich in Gorafe an. Also kurz vor vier Uhr nachmittags. Bei deutlich anderem Wetter als noch vor 4 Tagen. Keine Spur von blauem Himmel. Es ist komplett bedeckt, der Himmel texturlos bewölkt. Und es ist sehr windig. Aber wenigstens trocken. 125 km habe ich bisher zurückgelegt. Jetzt erst einmal ordentlich Essen. Denn in der Gorafe-Wüste selbst wird es bis etwa km 200 nichts geben.

Das „Meson al Mirador“ ist gut vorbereitet. Gut gefüllte Teller mit Nudeln und Bolognese oder fleischloser Variation wandern kurz nach Bestellung über den Tresen. Wirklich jeder Teilnehmer wird hier sicher halten. Und sei es nur, um die Flaschen aufzufüllen.

Ein Teller Nudeln in Gorafe
Ein Teller Nudeln in Gorafe

Mein Teller ist gut gefüllt und ich kann ihn auch ordentlich und halbwegs zügig essen. Obgleich mir entweder die Croquetas oder ich glaube eher das 226ers Elektrolytpulver im Magen rumoren. Die Flasche mit dem Elektrolyt kann ich wirklich nicht mehr trinken – bäh. Insgesamt muss ich auch sagen: gut, dass es den Kram im Goodiebag gab. So konnte ich ihn testen und für mich in der Summe als absolut nicht gut bewerten. Werde also in Zukunft nicht in die Versuchung kommen, Geld dafür auszugeben.

Ich lasse mir noch ein Schinken-Käse-Bocadillo zum Mitnehmen machen, fülle meine Flaschen und den Trinkrucksack auf und schwupps ist auch eine volle Stunde verstrichen.

Die tat aber gut – denn jetzt geht es erst einmal steil auf den typischen Beton-Rampen aus Gorafe heraus auf das Plateau und in die Wüste selbst. Bei einem unwirklichen, ockerfarbenen Licht, das Himmel und Erde eins werden lässt.

Hier oben ist es noch windiger. Eine interessante Stimmung. Und wahrlich ein wohl seltenes Erlebnis. Ok – ich hätte allerdings das gewöhnliche, sonnige Erlebnis vorgezogen. Wie wunderbar, denke ich mir, dass ich diese Seite der Gorafe-Wüste schon kennenlernen durfte. So vergeht die Fahrt durch die Gorafe gen Norden in einer Mischung aus „ok, schon eine interessante Stimmung“ und „Jo, was soll’s, einfach pedalieren, get it done…“.

Nach etwas auf und ab beginnt bei km 150 ein Anstieg, unterbrochen durch ein paar ebene Stücke, der mich immer weiter nach oben und gleichzeitig in den Nebel führt.

Gorafe-Wüste
Es wird neblig

Kurz darauf beginnt auch die Dunkelheit. Es ist jetzt also neblig, windig und dunkel. Doch es tauchen auch vermehrt Bäume auf. Erst sehe ich sie nur schemenartig, dann gar nicht mehr. Aber ich kann sie hören und fühlen. Anscheinend filtern sie höchst effektiv die Feuchtigkeit aus dem Nebel. Unter jeder Baumkrone regnet es regelrecht. Im Freien ist es trocken. Es folgt noch eine ordentliche und lange Abfahrt, bevor es in einen kurzen Gegenanstieg nach Hinojares ging.

Dieser Ort stellt den nördlichsten Punkt der Gorafe-Schleife dar. Ich erreiche ihn um viertel nach Zehn in der Nacht. Hier hätte es ein Hotel oder eine Pension gegeben, die wohl auch Duschen für jeden Rennteilnehmer angeboten haben. Mir erschien das im Vorfeld als potenziell zu trubelig. Deswegen habe ich gar nicht erst versucht, mir dort ein Zimmer zu buchen. Aus Sorge, da dann zum einen sowieso nichts Freies zu finden und zum zweiten wenn, dann vom Kommen und Gehen der Anderen in der Nachtruhe gestört zu werden. So hatte ich im Vorfeld schon entschieden, mir ein Hotel im nahen Pozo Alcón zu buchen. Das hatte ich schon im Vorfeld recherchiert und während des Verfpflegungsstops in Gorafe per Booking.com gebucht. Dort konnte ich nämlich absehen, dass ich es tatsächlich bis zum Rezeptionsschluss schaffen würde.

In Hinojares gibt’s in der Bar daher nur gleich drei Bocadillos. Eins zum hier essen, zwei zum Mitnehmen. Zwanzig Minuten später geht es dann fix weiter. Für 20 Meter. Da entdecke ich einen Brunnen und investiere schnelle 5 Minuten, um den Antriebsstrang mit Wasser vom Matsch und Dreck zu säubern. Ungefähr 5 km weiter verlasse ich die Strecke von Badlands, um knappe 5 km auf guter Asphaltstraße nach Pozo Alcón und zu meinem Hotel zu rollen.

Der Rezeptionist scheint zwar nicht super glücklich zu sein, um diese Uhrzeit noch einen Gast empfangen zu müssen – aber das bezieht sich wohl rein auf den Akt des Eincheckens an sich. Weder ich selbst noch mein Fahrrad sind irgendein Problem. So kann ich den ersten Tag gut ausklingen lassen. Rad auf dem Zimmer, Zeug aufladen, mich selbst duschen und noch das erste von zwei mitgebrachten Bocaddillos zum Abend essen.

15 Stunden und 23 Minuten sind seit dem Start vergangen und 204,86 km habe ich in meinem ersten Stint zurück gelegt. 4.285 Höhenmeter, sagt Strava, dessen Höhenmeterkorrektur ich bemühen musste. Damit ist die Angabe sicher etwas aufgebläht, aber durch den vielen Regen war die barometrische Aufzeichnung fehlerhaft.

Strava Screenshot Badlands 2023 Stint 1
Strava Screenshot Badlands 2023 Stint 1 (Klick führt zur Aktivität in Strava)

Stint 2, Montag, 4.9.2023 – Hoch hinaus und tief hinab

Das Foto des Betthupferl-Bocadillo ist von 0:08 Uhr – also werde ich so um 0:30 oder so ins Bett gekommen sein. Das folgende Foto ist von 06:08 Uhr. Hier habe ich nach dem Morgengeschäft schon mal angefangen hineinzubeissen, während ich mich weiter anziehe.

Frühstücks-Bocadillo mit Käse
Frühstücks-Bocadillo mit Käse

Also habe ich vielleicht nicht ganz 5 Stunden erholsam geschlafen. Um das Rennen zu gewinnen volle 5 Stunden zu viel, keine Frage. Aber ebenfalls keine Frage, dass neben dem Verzicht auf Schlaf auch noch gehörige Watt zu meiner Dauerleistung hinzukommen müssten, sollte ich dies auch nur entfernt in Betracht ziehen wollen. So habe ich lieber für Ultracycling-Verhältnisse auskömmlich geruht und beste Voraussetzungen für durchgehende Freude am und im Event geschaffen.

Ich ziehe mich fertig an und nehme das Bocadillo mit auf’s Rad. Um 6:28 Uhr stehe ich draußen vor dem Hotel im ruhigen und dunklen Pozo Alcón und starte meinen Garmin. Die Straßen sind noch leicht feucht, der Himmel noch bewölkt. Aber es ist von oben trocken. Schnell bin ich zurück auf der Badlands-Strecke. Diese eigentlich nun anstehende Südstrecke durch die Gorafe-Wüste und viele Ramblas ist dem Regen und dem Safe-Track zum Opfer gefallen. Anstelle dieser werden wir hier über relativ viel Asphalt geführt. Das ist aber gut zu fahren und so komme ich auch an der Negratin-Talsperre vorbei.

Embalse de Negratin
Embalse de Negratin

Das nächste Zwischenziel ist das Dorf Gor, das ich nach nicht mal 50 km erreiche. Passend zum richtigen Frühstück. Gor fährt voll auf Badlands ab. Das wurde uns schon im Briefing mitgeteilt und aus früheren Ausgaben kennt man diverse Fotos von Hitze-ermatteten Fahrern, die den Brunnen dort belagern. Dem Fuente de los 7 caños y lavaderos. Aufmunternde Schilder haben sie dort aufgestellt, Duschen oder so waren glaube in der Stierkampfarena hergerichtet (habe dort nicht geschaut) und die Café Bar Hogar del Pensionista vis-a-vis des Brunnens ist nicht zu verfehlen; so viele Räder stehen davor geparkt.

Es dauert ein wenig, bis ich meine Bestellung aufgeben kann. Doch dann kann ich endlich zufrieden in ein Tostado mit Butter und Marmelade beissen und einen gut tuenden Café con Leche trinken. Danach geht’s in den Supermarkt. Verpflegung für die kommende Strecke kaufen.

Denn nach Gor führt uns der Track in die Bergregion der Sierra de los Filabres. Immer schön aufwärts. Bis wir irgendwann mal beim bekannten Calar Alto Observatorium ankommen werden. Und dazwischen ist nichts, nada!. 116 km ohne Resupply. Und auch oben am Calar Alto gibt es nichts. Erst weitere 40 km abwärts, in Gérgal, wird es wieder was geben.

Frisch gestärkt und verpflegt, starte ich aus Gor heraus. Endlich kommt die Sonne heraus! Dafür bin ich doch hier! ;-) Natürlich müssen wir aus Gor heraus erst einmal einen steilen Anstieg bewältigen. Und ich merke, dass ich mich nun doch besser der Armlinge (und glaube auch Beinlinge) entledige. Also nochmal kurz gestoppt. Nach dem erneuten Start winkt mir ein enthusiastischer Mann aus einem Auto heraus zu und ruft anfeuernde Worte. So wie der aussieht, muss das wohl der Bürgermeister von Gor sein, denke ich mir.

Das Fahren macht echt Spaß. Die Gravel-Wege sind toll. Der Anstieg konstant und nicht zu steil. Immer mal wieder eine kleine Abfahrt dazwischen und alles in wunderbare, offenen Wäldchen und mit tollen Blicken. Ich komme an einer Art gefassten Quelle oder einem Brunnen vorbei. Beim Wasser wäre ich nicht sicher gewesen, ob sich das zum direkten Trinken eignen würde. Aber ich nehme den Ort sehr gerne als Fotogelegenheit wahr.

Während ich mein Rad fotografiere, kommen ganze zwei andere Fahrer vorbei. Oft fahre ich ganz allein, außer Sichtweite von anderen. Und dann komme ich mal an ein oder zwei anderen vorbei, wenn diese wiederum eine kurze Pause machen. Bis jetzt – und es wird auch noch bis nach Almerie so bleiben – bin ich total erstaunt über die tollen Wege, die die Badlandsorganisatoren ausfindig gemacht haben. Champagner-Gravel deluxe! Ob alle Wege hier in der Region so sind? Wohl kaum. Wenn also nicht – dann Hut ab vor den Machern für dieses tolle Scouting. Gut – dass wir aufgrund des Safe-Tracks bisher keine Ramblas hatten (keine Sorge, es werden noch welche kommen), hat sicher zu diesem Eindruck beigetragen.

Hier und jetzt, am zweiten Tag des Rennens, endlich bei Sonnenschein und so tollen Wegen und teils auch Ausblicken ist es einfach nur Geil!

Das Fahren macht echt Spaß und ich genieße den Tag. Mit zunehmender Höhe beginne ich mich irgendwann zu wundern: Wann kommt denn nun der Calar Alto? Kann ich ihn bzw. die weissen Observatoriumskuppeln irgendwann endlich mal in der Ferne erspähen? Aber nichts. Statt dessen bin ich ab km 80 auf einer Art Hochplateau. Immer noch geil zu fahren. Und weiterhin gutes Wetter. Aber doch recht windig und hier auf 2000 m über dem Meer auch gut Frisch. Die Temperatur sinkt trotz Sonnenschein recht zügig von 26 °Celsius auf erst 22, dann sogar 19 °. Wenn ich kurz anhalte – etwa um mit zwei Teilnehmern zu sprechen, die es sich liegenderweise auf einem großen aber anscheinend bequemen Felsen gemütlich gemacht haben und derweil ein mitgebrachtes, abgepacktes Küchelchen verzehre, dann steigt die vom Garmin aufgezeichnete Temperatur erst auf 26, bei einem weiteren Stop aber nur noch auf 23 Grad. Ich ziehe also doch lieber wieder die Regenjacke als Windschutz und Thermolayer über das Trikot.

Bei Kilometer 100 stößt der Track wieder auf Asphalt. Das wird jetzt der Anstieg zum Calar Alto. Entlang von Pinien-Wäldern, die mich an Mallorca oder an Teile des Mont Ventoux erinnern. Hier stehen jetzt auch die so bekannten Marker alle Kilometer. Die dem Radfahrer die verbleibenden Kilometer bis zum Gipfel bzw. zur Passhöhe und die Durchschnittsprozent des nächsten Kilometers anzeigen. Sieben Kilometer sind es jetzt also. Und von den weissen Kuppeln immer noch nichts zu sehen. Na – da hätte ich ja lange Warten können. Man sieht sie wirklich erst kurz, bevor man dort ist.

Aber endlich bin ich es. Natürlich ziehen just in diesem Moment wieder ein paar mehr Wolken durch. Egal – ein klassisches „Rad vor Passschild“- und dann „Selfie vor Passschild“-Foto müssen es dann doch sein. Keine Ahnung, wann ich so eines das letzte Mal gemacht habe. Ist schon eine ganze Weile her. In diesem Jahr definitiv noch keines. Puerto de Calar Alto, 2.154 m.

Danach geht es aber noch ein paar Meter weiter hoch, bis die Straße endlich wieder nach unten weisst. Interessantes Ensemble. Oben stehen ein paar weitere Teilnehmer. Ich ziehe mir nur kurz die Regen-/Windjacke wieder an und bereite mich auf die Abfahrt vor. Habe ich mir auch Beinlinge angezogen? Ich weiss es gar nicht mehr. Erinnere mich nur, dass es dort oben – vor allem auch aufgrund des Windes – sehr kalt war.

Aber was für eine geniale Abfahrt folgt jetzt. Komplett auf Asphalt vernichtet die Strecke knap 1400 Höhenmeter auf etwas über 20 km. Vom Calar Alto bis hinein in den nächsten Ort: Gergal.

Etwas vor mir ist ein Duo auf die Abfahrt gegangen, auf das ich schnell aufschließe. Sie fahren gut ab aber wegen mir könnten sie gerne etwas schneller fahren. Für’s überholen ist es aber ungünstig – dafür fahren sie mir etwas zu sehr in Fahrbahn-Mitte und zu eng hintereinander, um mich zwischen sie zu drängen. Und doch zu weit hintereinander, um sie in einem Rutsch zu überholen. Außerdem will ich gar nicht so viel schneller fahren. Aber auch hier wieder: ich rolle zuversichtlich auf meinem Dropbar MTB mit 2,20″ Reifen und bin doch schneller als die beiden auf ihren Race-Gravelbikes vor mir. Die Summe aus Aerodynamik des Gesamtsystems (und das obgleich ich die Regenjacke anhabe, die beiden vor mir im Jersey abfahren), Reifenrollwiderstand (meine Conti RaceKing sind so ziemlich jedem Gravelreifen überlegen und bieten noch mehr Traktion und Grip sowie Volumen) und resultierende Kurvenzuversicht scheint auch hier ihren Vorteil auszuspielen. Wobei natürlich auch viel davon abhing, wer nun wieviel oder wie wenig vor Kurven gebremst hat.

Nach 25 Minuten tollem Abfahrspaß lasse ich die beiden ziehen. Wir sind mittlerweile so tief, dass mir selbst beim Abfahren meine Regenjacke zu warm wurde und ich wollte die sich mir bietende Sicht fotografieren:

Zu Füßen des Calar Alto - kurz vor Gergal
Zu Füßen des Calar Alto – kurz vor Gergal

Nochmal weitere 8 Minuten später rolle ich in Gergal ein, wo mich mein Weg direkt zur nächsten Bar führt. Diese sind eigentlich nie zu verfehlen. Die Rennstrecke führt meist an ihnen vorbei bzw. durch die Mitte des jeweiligen Örtchens. Und da an einem kleinen Platz ist dann auch fast immer mindestens eine Bar. Und natürlich stehen da auch immer mindestens ein paar Räder davor bzw. sitzen draußen auf den Stühlen schon diverse andere Rennteilnehmer.

Ich ordere eine Doppel-Koffein-Dosis in Form eines leckeren Café con Leche und einer Dose Cola. Und im Anschluss muss ich wirklich die Örtlichkeiten der Bar aufsuchen. Die Verdauung funktioniert – sehr gut. Aber sie muss auch einiges Leisten, denn ich kann mich gut versorgen und bei der Menge, die an Kalorien zugeführt wird (in Form von Bocadillos und diversen Supermarkt-Käufen wie Apfeltaschen, Pasteten oder kleine, abgepackte Bisquitrollenstücke) langt dann oft nicht nur ein Stuhlgang pro Tag. Und bevor man sich (im wahrsten Sinne) damit schwertut und herumschleppt… Mir geht es dann wirklich nicht gut. Und ich kann, wenn ich denn einmal den Bedarf erspürt habe, erst nach einem solchen Besuch des stillen Örtchens wirklich befreit (und erleichtert) weiter fahren.

In der Bar ordere ich aber nichts zum Essen. Hierfür habe ich mir den Supermarkt 20 meter zurück vorbehalten. So richtig geiles Zeugs finde ich da aber nicht. Nach einigem Hin und Her entscheide ich mich für zwei Creme-Taschen, ein Mini-Pringles, zwei Milchreis und 3 kleine Dosen Thunfisch.

Der Milchreis wird vor dem Supermarkt verzehrt. Der öffentliche Papierkorb vis-a-vis quillt schon über. Zeichen der bereits vorbeigekommenen anderen Teilnehmer. Während ich esse, kommen zwei davon vorbei. Aber nicht zum Einkaufen. Sie haben sich für ein frühes Hotel entschieden. Es ist gerade mal halb Sieben am Abend. Ich will noch weiter. Sehr viel weiter. Mindestens mal bis nach Tabernas.

In der Original-Strecke würden nach Gergal also die Ramblas der Tabernas-Wüste anstehen. Da würden wir alle jetzt im Schlamm versinken. Der Safetrack führt statt dessen aus Gergal heraus weiter über Asphalt. Ist dafür aber deutlich länger. Holt erst mal kurz nach Westen und dann deutlich nach Süden aus. Aber was für eine geniale Strecke das ist. Ich weiss zwar nicht, was ich mit den Ramblas der Tabernas-Wüste verpasse (und es wird einiges sein und ich möchte das gerne in einem anderen Jahr mal nachholen), aber der jetzt folgende Streckenanteil kann kaum minder genial sein. Halt auf eine andere Weise.

Asphalt und Horizont
Asphalt und Horizont

Weiter geht es – immer leicht oder ein bisschen mehr abfallend. Auf guter Straße, die zu dieser Zeit komplett leer ist. Und es herrscht ein tolles Abendlicht. Was für ein herrliches Gleiten in den Aerobars! Und dann wird die Aussicht auf einmal noch viel genialer! Ich halte an und genieße lange die Aussicht in die Schluchten und die langsam in den Dunst tauchende Sonne.

Erosionsformen und Schluchten in der Abendsonne
Erosionsformen und Schluchten in der Abendsonne

Im Anschluss wird die Abfahrt etwas steiler und es folgen regelrechte Serpentinen. Dann scheine ich den tiefsten Punkt erreicht zu haben. Immer noch auf Asphalt geht’s wieder voran. Ich komme durch einige Ortschaften. Jetzt muss doch bald der Abzweig nach Tabernas folgen? Doch noch ist es nicht soweit. Und ein Blick auf die Karte zeigt mir: Öha! Ist ja doch noch ein ganzes Stück! Und das, wo ich doch so zügig über den guten Asphalt und die Abfahrt vorangekommen bin! Aber ja – es ist halt deutlich weiter als direkt durch die Wüste. Ich werde nun an einem Fluss entlang geführt. Lässt sich weiterhin super fahren. Längst habe ich das Licht angeschaltet. Leicht aber stetig geht’s flussauf gen Tabernas.

Gegen 22 Uhr in der Nacht komme ich an. Supermärkte haben natürlich längst geschlossen. Booking.com zeigt nur wenige Optionen und alle sind ausgebucht. Nun ja – Hauptsache was essen und dann halt ein Stück weiter Biwakieren.

Direkt am Ortseingang ist eine kleine Bar. El Portichuelo. Ein paar Räder stehen an der Veranda angelehnt. Immer ein gutes Zeichen. Ich stelle meines dazu. Aus der Karte wähle ich eine Kleinigkeit. Ich muss noch mit dem „Tapas“ Begriff in Spanien klar kommen. Hier ist alles „Tapas“. Der Burger ist Tapas, die Fritten sind Tapas… alles ist Tapas und man stellt sich das dann halt zusammen. Was ich aus dem „Combinados“ Abschnitt der Karte als Burger mit Pommes Frites erwartet hatte, waren tatsächlich Fritten, ja. Aber anstelle des Burgers tatsächlich nur die Fleischpatties. Dazu zwei kleine Stückchen Baguette und ein Spiegelei. Nunja. Richtig Kalorien sind anders…

Abendessen in Tabernas
Abendessen in Tabernas

Danach ging’s aber sofort weiter. Ok, kein Hotelzimmer diese Nacht. Kein Problem. Das Wetter ist gut, die Temperaturen fein. Wobei – es ist weniger eine trockene Wärme. Eigentlich ist es eher etwas feucht. Mal mehr, mal weniger. Nicht unangenehm – aber in der Summe ist man doch immer schwitzig. Nicht früher, als ich noch Richtung Calar Alto fuhr. Aber danach und in den restlichen Tagen. Hier fahre ich einfach weiter und halte ab jetzt Ausschau nach einer ruhigen Schlafmöglichkeit. Wenn’s geht, wollte ich die aber in den nächsten 10 Kilometern gefunden haben. Denn dann stand ein ziemlicher Anstieg an. Noch in Tabernas selbst kam ich schnell an einem weiteren Teilnehmer vorbei, dem ich schon genau ansah, dass er eher sorgenvoll auf der Suche nach einem Schlafplatz noch innerhalb des Ortes war und zögerlich an diversen Einfahrten oder Straßeneinmündungen lang fuhr. Ich überholte ihn zügig und schaute, was noch so kommen würde. Erst mal natürlich nichts. Dann Felder. Abgezäunte Felder mit endlosen Reihen von Solarpanelen. Ein Solar-Energiepark. Ich war mittlerweile schon wieder off-road unterwegs. Die Solarfelder hinter mir gelassen, fuhr ich jetzt an (vermutlich) Olivenhainen vorbei. Da musste man aber aufpassen. Nicht wenige davon waren bewässert. Und mich mitten in eine Sprinkler-Einrichtung zu legen, die irgendwann mal angeht, wäre nicht so prall. Irgendwann komme ich an einem kleinen natürlichen Hain vorbei. Durch eine kleine Verwallung vom eigentlichen Weg abgetrennt. Der Untergrund ist von einigen Zweigen und dicken, rascheligen Blättern bedeckt. Doch schließlich denke ich – es wird schon passen und räume mir ein schönes Fleckchen für meine Matte und mein Bivy frei.

Zufrieden führe ich weitere Kalorien vor dem Schlafen gehen zu. Einen Milchreis habe ich noch, eine Thunfischdose gibt’s für Eiweiss und Pringles dazu. Und am Morgen zum Frühstück vor dem Aufbrechen die letzte Thunfischdose, eine Cremetasche und den Apfel. Vielleicht / bestimmt habe ich auch noch eine mitgebrachte Belgische Waffel am Start.

Zufrieden kann ich hier übernachten. Es ist schön warm – dennoch bin ich froh, dass ich meinen superleichten Sommerschlafsack dabei habe. Das waren heute 200,32 km und 3.388 Höhenmeter. Gesamt verstrichene Zeit vom Aufbruch bis zum Anhalten: 17:53 Stunden.

Strava Screenshot Badlands 2023 Stint 2
Strava Screenshot Badlands 2023 Stint 2 (Klick führt zur Aktivität in Strava)

Stint 3, Dienstag, 5.9.2023 – Eine Küste mit zwei Bergen…

Kein Biwak ohne Dokumentation… ;-)
Erholt wache ich auf und mit das erste, was ich mache, sind Fotos meines Schlafplatzes. Die ersten noch aus dem Schlafsack heraus. Mit dem Mond über den Baumkronen über mir. Dann mein eigentliches Biwak. Ich esse das zuvor beschriebene Frühstück und packe alles ein. Dabei lasse ich mir immer ein wenig Zeit. Lieber einen guten Start als gehetzt aufspringen. Das erste Foto ist von 07:05 Uhr. Das letzte Foto der Serie (und da habe ich noch nicht die Matte und Co eingepackt), ist von 08:01 Uhr. Undenkbar für viele Frontrunner. Da heisst es: Aufstehen, Matte, Schlafsack und Biwaksack in eine Wurst zusammenrollen, in die Tasche stopfen und sofort auf’s Rad springen. Wenn überhaupt geschlafen wird, heisst das. Oder wenn, dann nur als Powernap. Ohne Benutzung einer Matte vielleicht sogar… Bisher nicht meine Welt. Soll es hier und heute auch nicht werden.

Wie wertvoll für mich sowohl die Kalorien sowohl vor dem Schlafen gehen wie auch in Ruhe vor dem Aufbruch sind, zeigt sich sofort im Anschluss. Es geht von jetzt an sofort in den Anstieg hoch in die Sierra Alhamilla. Von 584 m (mein Biwak) rauf auf 1275 m. Wiedermal auf tollem Champagner Gravel. Und – es läuft! Ich habe super Druck in den Beinen. Natürlich fluktuieren die Watt dem Gradienten und den vielen Kurven zufolge. Aber ich bin durchweg in Zone 2 unterwegs und auch immer mal wieder etwas darüber hinaus. Mithin nicht wie nach 2 Tagen Dauerbelastung sondern quasi wie frisch zur Sonntags-Nachmittags-Tour aufgebrochen. Feine Sache. Das Fluktuieren hat auch damit zu tun, dass ich immer mal wieder anhalte, um die Aussicht zu genießen und zu Fotografieren. Hier habe ich unter anderem den Blick zurück auf die im Morgendunst nur schwach zu erkennenden, ausgedehnten Photovoltaik-Felder hinter Tabernas.

Ab und an – so auch hier – gibt es dann auch direkt eine schnelle Insta-Story direkt vom Trail. Dann geht’s frohgemut weiter. Ich habe auch noch von den vor dem Start eingekauften Crepes. Vielleicht aber hier die letzte. Jedenfalls esse ich auch hier eines im Anstieg. Alles in allem brauche ich ja auch 1,5 Stunden dafür. Doch ein Stück vor dem höchsten Punkt fahre ich auf eine Fahrerin auf. Es ist Anne, wie ich feststelle. Wir quatschen ein wenig die letzten Meter hoch. Sehr angenehm. Für die folgende Abfahrt lösen wir uns wieder voneinander. Was für eine Gaudi!

Schnell beginn wieder der Asphalt für den Großteil dieser. Ich bin nicht Böse drum. Spaß macht es so oder so. Das erste Örtchen nach der unmittelbaren Abfahrt ist Lucainena de las Torres. Ganz nett – später lese ich, dass es zu den “Pueblos más Bonitos de España”, also zum Riege der Schönsten Städte Spaniens“ gehört. Das wiederum hätte ich jetzt vom kurzen Hindurchfahren nicht gedacht. Ich luge um ein paar Ecken, um vielleicht doch eine Bar direkt an der Strecke zu erspähen. Habe aber wenig Hoffnung. Da ist auch nichts. Das genügt aber Anne, um direkt schon wieder aufzuschließen. Donnerschlach – ich hab’s wirklich rollen lassen!

Camino Natural Vía Verde de Lucainena de las Torres

Aber um so besser – so können wir unsere Unterhaltung fortsetzen. Die Route bietet sich dafür auch an, denn wir kommen auf einen sehr schön zu befahrenden Bahntrassen-Radweg. Greenways ist der englische Begriff, der nicht nur reine Bahnrassenradwege, sondern generell Rad- und Shared-Space Wege zum Spazieren und Erholen bezeichnet, die auch befestigt sind. Wobei die Befestigung oft auch aus wassergebundenen Decken bzw. Kies etc. bestehen kann. Im Spanischen sind es dann die Via Verde. Und genau danach suche ich, als ich diesen Text hier schreibe und finde auch die passende Webseite: https://www.viasverdes.com/itinerarios/lucainena/ (hier schon mit der passenden Seite als deep Link). Aha – es handelt sich also um den Camino Natural Vía Verde de Lucainena de las Torres. Wie für Bahntrassen üblich, führt er mit geringem, aber gleichmäßigem Gradient voran. In unserem Fall – hinab. Auf 11 km kommen wir dem Meeresspiegel 299 m näher. Höhenmäßig wie auch Entfernungsmäßig. Es geht durch einen kurzen Tunnel und auch über eine interessante Brücke. Wo ich die Abfahrt auf dem Garmin falsch einschätze. Oh – der Weg geht nicht weiter links sondern rechts über die Brücke… Puh, die wenigen Meter, die es braucht, das zu erkennen, waren leider steil bergab. Also wieder rauf. Die kurze Zeit genügt einem weiteren Teilnehmer, auf uns aufzuschließen. Jetzt sind wir kurze Zeit zu dritt. Müssen aber immer ein wenig aufpassen – denn wie das bei Radwegen leider üblich und auch erforderlich ist, stehen ab und an mal Pfosten bei einer Wegkreuzung mitten drauf.

Der Radweg endet bei Venta del Pobre. Dort kreuzt die Strecke die E-15 bzw. A-7. Die Autovia del Mediterráneo. Und ich erspähe ein großes BP-Schild. Ah – da wird’s bestimmt eine coole Raststätte bzw. eine Bar geben! Yass – zweites Frühstück. Endlich! :) Anne fährt weiter, den aufgegabelten dritten Fahrer haben wir schon etwas hinter uns gelassen, ich rolle allein rüber zu dem Gebäude-Ensemble. Und tatsächlich. Als ich auf den Parkplatz einbiege, sehe ich den Eingang zu einer Café/Bar. Mit schönen großen Fensterfronten, nett hergemacht. Und einem idealen Plätzchen, mein Rad hinzustellen. Und drinnen auf der anderen Seite der Glasfront ist ein Plätzchen, wie für mich gemacht. So liebe ich das – lecker Essen und alle Schätzchen im Blick! Die auf dem Teller und in der Tasse vor mir und das Rad draußen. :)

Anders als bei allen anderen Bars sind hier keine Rennteilnehmer. Ich bin der einzige Radfahrer weit und breit. Das macht aber gar nichts. Ich finde, ich habe hier den Jackpot gewürfelt. An der Wand vor mir hängen Reihen von ganzen Schinken-Keulen. Die Karte hat alleine bei Käse-Tostados drei Varianten. Ich ordere eine davon und eine mit Schinken. Und einen Café con leche. Und Fanta. Ahhh – la vida buena! Die Tostados werden gar mit extra Döschen Olivenöl gereicht. Exzellent – mehr Kalorien. Rauf da. Lecker!

Während des Essens checke ich natürlich die sozialen Medien, stelle selbst ein paar Stories auf Instagram ein und checke den Tracker. Ich bin gut dabei. So ziemlich in der Mitte, schätze ich. Dann noch ein fixer Toiletten-Gang und es kann weiter gehen. 50 Minuten war meine Stop-Zeit dort. Für mich hervorragend investierte Zeit. Es war 2:40 h nach meinem Start am Morgen. 8 Uhr 22 ist die Startzeit meiner Aktivität. D.h. ich war von rund 11 Uhr bis 11:50 Uhr in dieser Bar.

Frisch gestärkt geht’s weiter. Zuvor war es immer noch etwas diesig und bedeckt. Jetzt kommt wirklich die Sonne heraus und beginnt auch direkt zu stechen. Oh Mist- warum habe ich beim Stop in der Bar nicht Sonnencreme appliziert? Da war ich eh gestoppt und hätte auch Wasser für’s Hände waschen gehabt… Hmpf! Jetzt erstmal weiter. Es muss sich erst ein schattiges Plätzchen und ein natürlicher Bedarf für das Wegstellen einer Stange Wasser ergeben. Vorher will ich nicht wieder anhalten. Aber… hier kommt nichts. Gar nichts! Nicht mal ein Bäumchen! Nichts, was auch nur irgendwie Schatten spenden könnte… grr. Irgendwann, in einer Abfahrt dann doch. Ich komme wieder an kargen Olivenbaumfeldern vorbei. Sonnencreme drauf. Eigentlich schon zu spät. Und weiter.

Etwas über 30 km nach meinem Foodstop in Venta del Probe folgt der Ort Fernán Pérez. Die Bar mitten im Ort, an der die Strecke bequemerweise direkt vorbei führt, nehme ich ad-hoc als Wasser-Tankstelle wahr. Eine Fanta für hier und jetzt und eine Liter-Flasche Wasser für das auffüllen der Trinkflaschen bzw. der Trinkblase im Rucksack. Bei Fanta gewöhne ich mich bis zum Schluss meines Spanien-Aufenthalts dran, dass man hier immer gefragt wird, welche. Hier bei uns (und vielerorts sonst so) ist Fanta ja Fanta. Orange, natürlich. Klar gibt es in größeren Supermärkten wohl auch andere Sorten… aber das fragt ja niemand. In Spanien schon. Da will der Bar-Mensch immer wissen: naranja o limón? Denn Zitrone wird da wohl genauso häufig und gern wie Orange gewählt. Und es gibt sie (wie auch Cola und die Wasserflaschen) nicht nur kühl, sondern immer mit Riesenstücken Eis im Glas. Ich mags!

Während ich meine Flaschen auffülle, kommt Anne von hinten an. Nanu, wo habe ich die denn überholt? Stellt sich heraus, sie war hier im Ort Einkaufen bzw. Essen. So ergibt es sich, dass wir den nächsten Abschnitt wieder gemeinsam zurücklegen können. Eigentlich wollte Anne mit einer Bekannten das Rennen als Pair fahren. Und auch eine Fotostory bzw. einen Artikel darüber schreiben. Das wird sie auch tun. Zum Start Ihrer Bekannten ist es leider kurzfristig nicht gekommen – so fährt Anne solo und vermisst den Counterpart und ein großer Teil des Motivs für den angedachten Artikel. Jede Menge Landschafts- und Trailmotive boten und bieten sich natürlich genügend. Unablässig – vom Start bis zum Ziel. So auch hier wieder. Wir sind jetzt im Cabo de Gata Natural Park. Sehr nahe der Küste. Vulkanische Felsformationen, verlassene und nicht verlassene Dörfer, ein altes Zementwerk… echt spannend. Vielleicht mache ich es ja auf eines der Fotos von Anne… ;-)

Piste bis zum Horizont
Piste bis zum Horizont

Die Kamera (bei mir ist es das iPhone) am Anschlag, geht es weiter. Gerne hätte ich etwas länger noch verweilt – aber ich will ja auch voran kommen.

Ehemaliges Zementwerk (?) in der Cabo de Gata
Ehemaliges Zementwerk (?) in der Cabo de Gata

Schließlich folgt wieder Asphalt, ein letzter Hügel und dann… der erste Blick auf das Mittelmeer!

Erster Blick auf das Mittelmeer
Erster Blick auf das Mittelmeer

Anne saust vorbei und bis auf weiteres werde ich sie erst mal nicht sehen. Denn nach diesen Fotos führt mich die Strecke direkt zum Küstendörfchen La Isleta del Moro. Und zwar über einen richtig genialen, Palmenumsäumten, flowigen Singletrail. Super Fun!

In Isleta del Moro kann ich zwischen den Restaurants und Bars wählen. Ich nehme eine nicht direkt am Strand und mit einer mir vielversprechend aussehenden Bocadillo-Karte. Leider ist das hier die erste und einzige Bar, die sich doch einiges an Zeit mit dem Bocadillo lässt. Vermutlich meiner Auswahl geschuldet. Denn ich habe eines mit Schnitzel gewählt… nun ja – lecker und frisch war es auf jeden Fall. :)

So richtig effizient war der Stop in Isleta del Moro nicht nur deshalb nicht. Denn nur 10 km danach kommt der etwas größere Ort San José. Mit 3 verschiedenen Supermärkten und auch sonst allem, was man für die Verpflegung unterwegs braucht. Aber das wusste ich vorher und hatte mich dennoch darauf gefreut und mich entschlossen, schon in Isleta ein kleines Sit Down Meal zu genießen. Entsprechend kurz darauf bin ich auch schon in San José. Dort besuche ich den örtlichen Spar City und hier hole ich mal wieder Wasser und ansonsten vorrangig Frucht-Quetschies.

Mein getreues Canyon Exceed in San José
Mein getreues Canyon Exceed in San José

Hinter San José folgt eine irre Dirtroad-Piste mit Marokko-Vibes, Blicken zum Strand und alsbald die Eurovelo 8. Atemberaubend und schweisstreibend direkt an der felsigen Küste entlang und hinauf bis zu einem Leuchtturm. Danach folgt die Abfahrt auf Asphalt. Mit überraschendem Blick auf Mittelmeer links und einem weissen Meer aus Gewächshausplanen rechts. Dazwischen: ein dünner Bereich Strand und die Straße.

Kein Champagner(Gravel) am Strand

Jetzt folgt der Abschnitt, der im Race Manual „La Playa“ betitelt ist. Die Cabo de Gata (Kap des Achats). Bis nach Almeria sind es jetzt noch 35 km. Zwar komplett flach, aber auch mit dem berüchtigten Badlands Strand Hike-a-Bike mitten drin. Und – das Hike-a-Bike Stück wird gar nicht mal das Schlimmste sein! Aber das weiss ich jetzt noch nicht. Ich sause das letzte Stück bis zur Strandstraße hinab. Da kann man gut Meter machen. Jetzt muss doch bald das Strand Hike-a-Bike Stück kommen?

Da kam auch ein winzig kleines Stück. Unmissverständlich führt der Track nach links weg von der Asphaltstraße und zum Strand. Hier ist ein hölzern beplankter Fußweg. Dann ein paar Treppenstufen und Sandstrand. Hmm… seltsam. Andere Spuren als meine gibt es hier nicht. Und doch: kein Zweifel, das ist der Track. Nach 100 Meter durch den Sand schiebend geht es über einen weiteren beplankten Fußweg wieder zurück zur Straße… Warum auch immer… Das soll der berüchtigte Beach-Hike gewesen sein? Kann nich…? Weiter geht’s.

Es folgt der Ort El Cabo de Gata. Hier halte ich an und löffle einen der mitgebrachten Cheesecakes. Dann weiter an der Strandpromenade entlang und wieder über offroad-Wege am Strand entlang. Und hier ist nichts mehr mit „Champagner-Gravel“! Das ganze folgende Stück bis nach Almeria zieht sich. Dass es etwas mehr rumpelt ist ok, dafür ist mein Rad ausgelegt. Aber in der Tat ist es hier am Strand deutlich steiniger und blockiger. Viele katzenkopf große Steine sind im Untergrund hart eingebettet und liegen oft recht frei. Die sich so formende Wegoberfläche ist recht unbarmherzig. Manchmal ist auch etwas tiefer Flugsand dabei. Alles in allem nichts, wo man so einfach drüberrollt und Speed macht. Dann kommt der wahre Hike-a-Bike. Ahhhh – ok. Es ist der übersandete Auslass der Rambla de Morales. Ja – hier stapft man schon etwas länger über den Sand.

Aber eigentlich nicht schlimm. Wer Nelson Trees (der Organisator von Silkroad, Atlas und mittlerweile auch Hellenic Mountain Race) Hike-a-Bikes kennt, kann diesen hier belächeln. Gerade mal 10 Minuten und man ist durch. Absolut kein Problem und willkommene Abwechslung. Schlimmer ist, dass es auch danach nicht wirklich flowig wird. Die besagte rumpelige Wegoberfläche begleitet mich. Und zudem sind ab jetzt oft riesige Pfützen unbekannter Tiefe mitten über dem Weg. Teilweise nehmen sie sogar seine gesamte Breite zwischen den mit Rundhölzern begrenzten Wegfläche ein. Manchmal komme ich noch auf dem Weg dran vorbei. Ein- zwei mal muss ich das Rad über die mit niedrigen Büschen bewachsene Fläche daneben tragen.

Irgendwann ist auch das geschafft. In El Toyo, dem letzten Ort vor Almeria, folgt nochmal eine Strandpromenade und dann ein kurzer Abschnitt über Holzbretter-Wege. Noch ein paar weitere Rambla-Mündungen durchquert und dann geht es in Höhe Almeria-Flughafen endlich wieder auf Asphalt. Im Auflieger kann ich es fliegen lassen. Almeria, ich komme. Endlich!

Es hat sich ja schon sehr gezogen. Auf der einen Seite wollte ich endlich ankommen – Almeria ist ein dicker Meilenstein und als große Stadt auch Gelegenheit für einen geplanten Foodstop und Supermarkt-Einkauf. Auf der anderen Seite aber auch gefürchtet. So ein Riesen-Moloch, so viel Menschen und Trubel nach der Einsamkeit und Abgeschiedenheit bisher. So viel Verkehr, durch den man sich durchwuseln muss. Buchstäblich – denn Verkehr ist natürlich auch auf der langen Strandpromenade. Klar gibt es da einen Radweg – der aber mit allem voll ist, was irgendwie rollt. Skater, E-Scooter, Freizeitradler usw. Und dazu Jogger, Leute, die zum Strand wollen und so weiter. Hölle.

IPhone-Wehen in Almeria

Nicht nur das, auch mein iPhone stresst mich gerade. Badlands ist das erste Rennen, wo ich es nicht direkt am Cockpit befestigt habe. Sonst sitzt es immer im Quadlock-Mount über dem Vorbau. Zwischen den Ellbogen-Pads der Aerobars. Jetzt habe ich neue. Mit schönen Halbschalen. Schon ganz nett. Bedeutet aber, dass ich mich insgesamt für eine Re-Organisation meiner Aerobars entschieden hatte (mal ein Test) und mit dem Quadlock-System nicht zwischen die Armpads komme. Für die erforderliche Vierteldrehung zum Befestigen fehlt der Raum. Ich habe mittlerweile für mein neues iPhone eine Peak Design Befestigung besorgt, die das Problem umgeht. Für Badlands denke ich, brauche ich das iPhone nicht direkt am Cockpit.

Was zum Großteil auch stimmte. Statt dessen hatte ich es immer in der Schulterriementasche meiner Camelbak Chase Vest. D.h. meinem Trinkrucksack. Die ist eigentlich sehr praktisch und ist auch in einer Art Mesh ausgeführt. Da ist das iPhone immer im guten Zugriff. Wenn ich mal schnell ein Foto machen oder in meine Notizen schauen möchte. Oder Google Maps zurate ziehen will. Und alles drei will ich jetzt gerade, wo ich nach Almeria einfahre bzw. schon dort am Strand entlang rolle.

Das Ding ist – aus welchem Grund auch immer meint das iPhone, trotz dass es natürlich gelockt ist, Eingaben zu erkennen, während es in dieser Meshtasche sitzt. Hier hat wahrscheinlich die seit gestern abend hohe Luftfeuchte und mein entsprechendes Schwitzen guten Anteil. Besonders problematisch wird das, wenn ich lange Zeit im Auflieger fahre. Dann kommt wahrscheinlich wenig Luft an den Schultergurt und er liegt eng am Arm an bzw. sitzt in Transpirationsreicher Umgebung. Wenn ich dann das iPhone raushole und benutzen will, stand da ab und an mal „iPhone nicht verfügbar – versuchen Sie es in 5 Minuten erneut“ WTF!?

Das passiert wohl, wenn das iPhone meint, jemand möchte einen Unlock-Code eingeben. Der dann natürlich nicht stimmt. Macht man das zu oft, wird die Sperre länger und länger… Nun, als ich das iPhone eingangs Almeria heraushole, steht da: iPhone nicht verfügbar – versuchen Sie es in 15 Minuten erneut. AHHHHHHH!

Das war nicht nur kurzzeitiger Streß. Was wäre, wenn ich da jetzt gar nicht mehr für den Rest des Rennens dran komme, denke ich mir!? Herrje… ich will doch schauen, wo meine in Google Maps schon angemarkerten Supermärkte sind! Ok, ist erst mal nicht. Also weiterfahren, in einer so riesigen Stadt wird doch schon unterwegs irgendwo was an der Strecke auftauchen. Aber Pustekuchen. Nach groß kommt halt zu groß.

Und die Straßen unglaublich verwinkelt, dass ich selbst, als ich endlich mein iPhone wieder am Start habe, zwei Anläufe brauche, um den dann doch nächstgelegenen Supermarkt anzusteuern.

Kurz davor sehe ich noch einen passenden Imbiss. Sehr gut. Also erst rein in den Supermarkt. Käsekuchen im Becher, Oreos, gefüllte Croissants aus der Gebäcktheke, Wasser. Dann zum Imbiss. Nette Bedienung. Ein bisschen Handy-Aufladen an der Theke. Und ein Tostada Jamon York (fancy), eine Fanta und ein Café con Leche. Geschickt: durch das Handy drinnen hinter der Theke verschwende ich hier beim Essen keine Zeit. Kippe sogar den Cafe con Leche nach dem Trinken der Fanta in das Glas mit den Riesen-Einswürfeln. Was ihn sofort auf Trinktemperatur bringt. Alles einpacken und weiter – ich will endlich Almeria hinter mir lassen!

Klettersteig in die Nacht

Viertel vor neun abends breche ich vom Imbiss auf und bin da auch schon fast aus Almeria heraus. Wenige Minuten später nähere ich mich dem „Trailhead“ des jetzt kommenden langen Anstiegs. Noch bevor es soweit ist, fahre ich auf ein paar kleine Grüppchen aus Solo und augenscheinlich Pair-Fahrern auf. Es geht unter der Autobahn durch und dann sind wir wieder off-road.

Ab hier geht’s erstmal nur Bergauf. Über 6,5 km und fast vom Meeresspiegel bis auf 760 m darüber. Der Weg heist „Camino de Enix“ und das Dorf Enix ist auch das nächste Ziel. Der Weg ist zwar nicht mehr „Champagner-Gravel“ aber zunächst doch sehr gut befahrbar. Zumindest für mich. Ich habe immer noch ordentlich Druck (alles ist relativ) in den Beinen und überhole mühelos andere Teilnehmer. Manchmal muss ich etwas auf die Linie achten, bis ein Vorbeifahren möglich ist. Ab und an kommen auch Mountainbiker entgegen. Spanien halt. Da ist die Feierabendrunde der Locals eben nicht um 18:00 sondern eher um 21:00 Uhr.

Es dämmerte bereits beim Einstieg in den Trail, mittlerweile ist es pechschwarze Nacht. Kein Problem – ich habe ja gutes Licht. Der Weg / Anstieg ist auch immer noch gut fahrbar. Aber wieder ein bisschen rauer geworden. Mittlerweile merke ich auch meinem linken Fuß und beginne mich zu sorgen, ob ich ihn vielleicht wieder überlaste? Erinnerungen an mein erstes Atlas Mountain Race werden wach, wo ich an der Old Colonial Road (die war allerdings noch ein deutliches Stück rauher) in ähnlicher Manier mit hohen Watt und ordentlich Druck und Zug am Pedal (teilweise auch Ruckartig, je nach Steinen) hochfuhr. Und mir dabei fast eine vormalige Sehnenverletzung wieder aufbrach. Unschön – deswegen mache ich jetzt lieber langsam.

Oben angekommen ist es ungefähr noch mal so weit bis nach Enix. Aber wenigstens auf Asphalt und wellig. Die letzten Kurven nach Enix hinein schauen richtig reizvoll aus. Mit schönen Straßenlampen, die ein warmes Licht auf die gestaffelten Häuser werfen. Und am Ortseingang gibt es auch eine Brunnengalerie. Die nutze ich, um Schweiss und Sonnencreme von Armen und Beinen zu waschen. Da ist es Mitternacht. In Enix werde ich „eh nix“ mehr geöffnet vorfinden. Auch Zimmer gibt es hier weit und breit nicht. So will ich mich wenigstens für ein baldiges Biwak vom Schmutz des Tages befreien. Wer will schon seinen Biwak- oder Schlafsack mit dem Staub-Schweiss-und-Sonnencreme-Schmier versauen? Ich nicht. Deswegen halte ich bei meinen Bikepacking-Rennen vor einem Biwak immer kurz an einem Brunnen oder einer Tankstelle (Papier-Tücher an den Tanksäulen) an, um wenigstens notdürftig das Gröbste von Armen und Beinen zu wischen und dafür nicht meine wenigen Hygiene-Feuchttücher zu verschwenden.

Während ich da beschäftigt bin, kommt eine 5er Gruppe vorbei. Es sind ein paar Jungs aus Antwerpen. Sie fragen, ob das Wasser trinkbar sei. Ich verweise auf ein halb überwachsenes Schild und weiss jetzt beim Schreiben gar nicht mehr, ob da no potable oder potable drauf stand. Ich wollte da eh nix (schon gut, schon gut) trinken. Und die Jungs verzichten auch und fahren weiter. Die sehen echt fertig aus. Ich vermutlich ähnlich. Fühle mich aber besser, als die aussehen. ;-)

Einer Eingebung folgend, rolle ich im Ort dann doch eine Straße dem crude auf Karton gemalten Schild „Bar“ nach. Tatsächlich: da nutzt die kleine örtliche Bar das Rennen, um auch weit nach eigentlicher Schließungszeit noch Geschäfte zu machen und sich und den Rennteilnehmern Gutes zu tun! Sehr geil.

Viel ist nicht los. Nur die Jungs aus Antwerpen und ich sind dort.

Mittlerweile weiss ich ja, was ich vom Ausdruck „Tapas“ in irgendeiner kleinen Bar zu erwarten habe. Fast. Bin trotzdem noch überrascht, wie übersichtlich meine Bestellung aussieht. Die Pommes Frites und Chicken Nuggets sind gerade mal genügend, dass es für „Mehrzahl“ reicht. Ganze zwei Chicken Nuggets und kaum eine hand voll Pommes. Wer wirklich Hunger hat, sollte immer ein Bocadillo ordern.

"Tapas" in Enix
„Tapas“ in Enix

Aber ich bin noch gut versorgt. Almeria liegt nicht weit zurück. Die Fanta ist mir wohl lieber. Eine Toilette auch willkommen. Mehr brauche ich da gar nicht. Oder habe ich doch auch ein Bocadillo geordert und nur nicht fotografiert? Beides kommt mir jetzt beim Schreiben komisch vor. Ein solches Bocadillo nicht per Foto dokumentiert zu haben einerseits. Aber auch eine Bar besucht zu haben, ohne mir was für später oder für’s Frühstück direkt mitgenommen zu haben. Denn – ein Zimmer für die Nacht werde ich auch heute nicht finden. Das stand schon in Almeria fest. Hier, wo ich jetzt bin, gibt’s weit und breit nichts. Aber – meine Instastory zeigt mir: in der Tat: nur zwei Dosen Fanta und das, was ihr da auf dem Teller seht. Sonst nichts.

Die Jungs aus Antwerpen haben einen interessanten Sprachmix drauf. Niederländisch, Spanisch, Französisch. Etwas Deutsch und Englisch mit mir. Lange halte ich mich nicht auf und lasse sie weiter plaudern und ausruhen. Ich will noch ein Stückchen weiter. Jetzt ist es schon halb eins in der Nacht. D.h. wenn ich ab jetzt eine gute Gelegenheit für ein Biwak finde, dann nehme ich die wahr. Bis nach Felix, dem nächsten Ort, ist es noch ein Stückchen. Vor allem wartet da noch ein guter Anstieg. Aber je näher ich ihm komme, bevor ich schlafe, desto besser.

Eine kurze Traverse und eine Abfahrt später bin ich auch auf dem Asphalt-Anstieg, der nach Felix führt. Mein Ausschauhalten nach links und rechts im Leuchtenlicht zeigt eine ideale Gelegenheit. Ein kleiner geschotterter Parkplatz und am gegenüberliegenden Ende eine Art Container-Hütte. Schilder weisen ihn als Hof-Verkaufstelle aus. Ideal – hier wird vermutlich niemand mitten in der Nacht oder am frühen Morgen schon aufschlagen. Sicht- und Windschutz ist auch gegeben. Als ich jedoch hinter den Container luge, sehe ich: Oh, schon besetzt! Ein Rad lehnt da und ein Biwak-Zelt ist aufgespannt. Hah, Anne – wie ich am Rad erkenne. Ok – also weiter. Und weiter bergauf.

Eine Weile später erblicke ich nach einigen unpassenden Möglichkeiten endlich ein mir genehmes Plätzchen. In einer raumgreifenden Spitzkehre der Straße ist eine zugängliche, ebene und gerade genügend von der Straße sichtgeschützte Fläche erreichbar. Das langt.

Nicht ganz eine Stunde ist seit dem Aufbruch aus Enix vergangen. D.h. es wird etwas vor halb zwei in der Nacht sein, als ich mein Biwak aufbaue. Von hier aus werden es nur noch knappe 170 km bis ins Ziel sein. Sehr wahrscheinlich mit die härtesten 170 km von Badlands. Aber – mein Ziel ist klar: Morgen ist der letzte Tag, heute die letzte Übernachtung im Rennen! Ein letztes Mal verschwitzt im Biwak. Warm ist es ja. Auch hier. Ich bin gerade mal auf 700 m über dem Meer. Aber alles auch sehr schwül. Egal was man macht – an klammen, ja geradezu feuchten Klamotten geht kein Weg vorbei. Die Bib anlassen oder ausziehen? Ich entscheide mich wieder für Ausziehen und hänge die Bib an einen Ast. Die Aussicht, morgen Nacht endlich ein Hotel und eine Dusche zu haben, macht es leicht.

Das waren heute 189,46 km mit 3.155 m Klettern und in einer Gesamtzeit von 17:21 Stunden vom Aufbruch am Morgen bis zum Stoppen der Aktivität hier am Biwak-Ort.

Strava Screenshot Badlands 2023 Stint 3
Strava Screenshot Badlands 2023 Stint 3 (Klick führt zur Aktivität in Strava)

Stint 4, Mittwoch, 6.9.2023 – Durch die Alpujarras ins Ziel

Um 06:09 Uhr öffne ich meinen Biwaksack und mache ein erstes Foto meiner Umgebung. Noch ist es allerdings zappenduster. Es ist nicht kalt. Ganz und gar nicht. Als ich später aufbreche, beginnt mein Garmin die Aufzeichnung mit 20° C. Aber absolut alles ist mit einer dichten Schicht aus feinen Tautropfen bedeckt. Der Rahmen, Sattel, Reifen, die Taschen… Auch die an Zweigen aufgehangene Bib hatte keine Gelegenheit, irgendwie zu trocknen. Aber wenigstens ist sie nicht taubedeckt. Baselayer, Jersey und Co bringe ich aus genau diesem Grund immer in meinen Taschen unter, wenn sie halbwegs trocken sind. Die Tasche (meinst mein Aeropack) hat genügend Volumen, wird bewusst ganz locker, aber halt komplett geschlossen. Tau formt sich dann außen, aber nicht auf bzw. in den Klamotten.

Immer wieder ein Highlight, nach einem solchen Biwak in die Bib zu schlüpfen… Uääääh… ;-)
Wie üblich werden die ersten Kalorien noch vor dem Aufbrechen in Form von Mitgebrachten verzehrt, während ich auf den Tracker schaue. Als ich meine Sachen einpacke, höre ich auch die ersten Badlands-Teilnehmer schon vorbei fahren. Aufstehen, Morgentoillette, Chamois-Creme auftragen, anziehen (optional: Hose runter und Chamois-Creme auftragen, wenn in der Bib geschlafen), doch noch im „Camp“ etwas essen, Biwak fotografieren (ganz wichtig! ;-)), Matte, Schlafsack und Bivy einpacken – Ratz Fatz sind 1,5 Stunden um. Das ist eine Zeit, die andere für ihren gesamten Powernap benötigen. Wobei – 1,5 Stunden wären ziemliches Niemandsland. Deutlich zu lang für einen Powernap, deutlich zu kurz für eine nachhaltige (sprich, für ein Mehrtagesrennen taugliche) Nachtruhe. Was ich aber damit zum Ausdruck bringen möchte: Allein in meine „Biwack-Abbruch-Routine“ vom Ende des effektiven Schlafs bis zum Losfahren würde ein Sofiane Sehili mindestens 3 Powernaps für 2 bis 3 Tage hineinpacken können.

Ich bin aber kein Sofiane Sehili und ich ziehe es auch vor, gut in den jeweils nächsten Stint zu starten um über diesen hinweg wach zu sein, gut voran zu kommen und die Fahrt auch während dessen genießen zu können. Glücklicherweise komme ich üblicherweise gut genug voran, um auskömmlich im Mittelfeld – oder wenn es sehr gut läuft und ich mich tatsächlich ran halte – im vorderen Drittel ins Ziel zu kommen.

So ist es 07:38 Uhr, als ich auf der Straße stehe und den Garmin starte. Auf geht’s! La Alpujarra und Sierra Nevada, ich komme! :)

Weiter geht’s mit Klettern. Zunächst auf Asphalt bis Felix. Dann wieder auf Gravel. Hier erst mal wieder recht guten. Tolle Blicke tun sich auf. Auch heute wird das Wetter wieder schön. Es sind trotzdem doch einiges an Wolken am Himmel und der Dunst bestätigt die Schwüle der Nacht.

Alsbald folgt eine laaaaange Abfahrt, komplett auf relativ guter Gravel-Oberfläche. Von den zuvor erklommenen 1450 m ü. M bis hinab auf 464 m ü. M. Fast, aber nicht ganz bis ins Tal des Andarax Flusses. Grandiose Ausblicke auf die nördlich von ihm gelegenen Erosionsformen und Badlands eröffnen sich und einen schönen Aussichtspunkt nutze ich zum kurzen Innehalten und Fotografieren. Leider ist es immer noch recht diesig in der Ferne und der Eindruck vor Ort deutlich toller, als es die Aufnahmen widerspiegeln.

Instinción ist der nächste kleine Ort, der nach langer „Durststrecke“ auf der Strecke liegt. Zwar hat da eine Bar geöffenet, das ist es aber auch. Ich habe mich zwar auf ein „Frühstück“ gefreut (es ist noch nicht ganz 11 Uhr als ich den Ort erreiche) aber so wirklich will mir die Bar nicht gefallen. Wenn überhaupt, ist sie gerade erst geöffnet und auch nicht wirklich auf Gäste, die was Essen wollen, eingestellt. Sehr wahrscheinlich mein Luxus-Eindruck. In anderen Rennen und anderen Regionen würde ich mir und dürfte ich mir so etwas nicht erlauben. Hier gehe ich sofort wieder raus. Wo ich eh schon stehe, nutze ich die Gelegenheit zum Sonnencreme applizieren, verzehre mein letztes Notfall-Gel, dass ich noch dabei habe und fahre weiter. Ziel: Fondón. Hier würde es Einkaufsmöglichkeiten und „richtige“ Bars geben, sagt das Badlands Handbook. Bis dahin sind es nochmal 23 km.

Und die werden auf einer sehr schönen Balkonstraße entlang des Tals zurückgelegt. Zuerst allerdings schweisstreibend und steil bergauf. Teils auf Asphalt, später dann auch wieder off-road. Ein aus ockerfarbenen Tuffstein rundgemauerter Wegweiser hat es mir besonders als Fotomotiv angetan. Augenscheinlich bin ich hier auf dem Camino Forestal al Vivero del Cristal. Und gerade auf 876 m ü. M.

Mein Canyon Exceed vor einem gemauerten Wegweiser des Camino Forestal al Vivero del Cristal
Mein Canyon Exceed vor einem gemauerten Wegweiser des Camino Forestal al Vivero del Cristal

Trotz der tollen Aussichten zieht es sich natürlich etwas. Und wie das bei mir so ist, wenn ich rein gar nichts mehr an Verpflegung an Bord habe, geht das Kopfkino los. Selbst wenn es doch nur noch 15 km oder so bis zum nächsten Ort sein können. Bisher konnte ich mich auch immer gut verpflegen. Sprich – der Ofen hatte immer Feuer und so fiel (und fällt es mir auch jetzt) immer leicht, eine komfortable Pace ohne Mühen oder mentale Anstrengung aufrecht zu erhalten. Mit anderen Worten: es läuft dann halt einfach.

Daher überlege ich hier und jetzt… Mannnnn, ein Königreich für irgendwas zu Essen. Wachsen denn hier nur Olivenbäume oder Pinien? Hat hier keiner einen Garten? Obstbäume…? Da fahre ich gerade durch ein kleines, sehr verlassen wirkendes Dorf (allerdings nicht alt, sondern mehr wie: ist modern, nur keiner da – alle auf der Arbeit oder es sind Ferienhäuser etc.). Und ich sehe und staune – ich komme tatsächlich an einem Garten vorbei und da hängen Weitrauben direkt in Armreichweite am Wegesrand! Wow!

Einerseits fühle ich mich schlecht. Was wäre, wenn hier jeder der 300 Badlandsteilnehmer dem Besitzer eine ganze Weintraube mopsen würde? Auf der anderen Seite würden das kaum alle tun, wenn überhaupt so viele hier ankommen (auch bei Badlands ist die Scratch-Rate typisch für Bikepacking-Rennen signifikant). Und auch die, die das tun, sehen und brauchen nicht alle diese Weintrauben. Ich jedoch schon. So erkläre ich es zu einem Notstands-Akt. ;-)

Eine reichbeladene Weintraube (d.h. der gesamte Fruchtstand) pflücke ich mir. Und ganz effizient beginne ich zu essen und zu verstauen. Immer ein, zwei einzelne Weinbeeren landen im Mund und während ich kaue, pflücke ich weitere Beeren von der Traube und lasse sie in meine Foodpouch wandern. Ahhh, herrlich. Die Beeren sind klein und haben eine interessante Mischung aus Süße und herber Säure. Sie zerplatzen regelrecht im Mund und alle haben jeweils genau einen Kern in sich. Kleine Frische-Explosionen in meinem Mund.

Der perfekte Snack für diese Hitze und diesen Track. Ich habe den ganzen restlichen Tag davon (und ein paar werden am nächsten Tag im Ziel noch aus der Tasche purzeln, als das Rad aufrecht in den Radanhänger gestellt wird). Immer mal wieder greife ich hinein und esse ein paar. Meistens in den Anstiegen, die noch kommen. Ich hole mir eine heraus, genieße den kleinen Schuss an kühler Erfrischung (irre, wie kühl die Trauben den ganzen Tag trotz erbarmungslos stehender Hitze blieben), kaue und sortiere dabei den Kern heraus, so dass ich ihn ausspucken kann. Das half enorm. Lenkt ein bisschen ab, bringt Fokus und jedes mal etwas Erfrischung, Feuchtigkeit und eine „Milikalorie“.

Trotzdem freue ich mich, als ich in Fondón ankomme und in den kleinen Lebensmittelmarkt kann. Auch hier finde ich jetzt nicht die reichste aller Auswahlen, aber immerhin Wasser und ein paar abgepackte Süßigkeiten. Gleich darauf die Bar bietet gehaltvolleres zum Verzehr vor Ort. Zwei Fantas, Café con Leche und gleich zwei Crostada.

Nach Fondón folgt noch ein klein wenig Anstieg bis ebenes Geläuf, bevor die Strecke auf eine etwas größere Asphaltstraße stößt. Aber eine recht ruhige. Da folgt dann eine längere Abfahrt bis zum Örtchen Darrical. Und hier geht’s im Ort sehr steil, sehr verwinkelt hinab. Bis zum Fluss. Bis in den Fluss! Eine Rambla also. Und eine, die sich gewaschen hat. Hier denke ich mir: oh, das kennst du doch vom Atlas Mountain Race. Da natürlich in ganz anderen Maßstäben. Aber auch von Klein zu Groß. Aber mit dem Merkmal, dass man den Track ein wenig suchen muss. Dass es über frische, vom Wasser umgelagerte Kies- und Sandbänke geht. Das man teilweise ein kleines Stück durch’s Wasser muss. Um den – hier in diesem Falle nicht komplett trockenen – Fluss nicht nur zu durchqueren, sondern ein Stück in ihm voranzukommen.

Ist aber alles halb so wild. Schnell und ohne Schwierigkeiten bin ich auf der anderen Seite. Und da geht’s dann erst richtig los. Jetzt wird geklettert! In drei „Stufen“ geht es von 433 m ü. M. auf 1200 m ü. M. Hört sich jetzt nicht so viel an. Dauerte aber etwas über zwei Stunden. In der knallenden Nachmittagshitze. Die Sonne steht erbarmungslos über dem Berghang. Immer dann, wenn es bei offroad Wegen sehr steil wird, gibt es in solchen Ländern wie Spanien Betonplattenwege. Damit der Weg eine Chance des Überdauerns hat und nicht sofort vom nächsten Starkregen weg erodiert. Und hier ist es sehr steil. Entsprechend langsam komme ich und der eine oder andere Teilnehmer, der auch gerade hier ist, voran. Trotz meines kleinsten Ganges von 36×51 kurbele ich hier teilweise mit 50 bis 60 Umdrehungen pro Minute hoch. Wenn ich kurble. Oft entscheide ich auch, einfach etwas zu schieben. Entlastet ganz gut die Muskeln und den Halteapparat. Und sorgt für Abwechslung. Auch die Blicke sorgen dafür. So kann man die Aussicht auf eine Talsperre, die Embalse de Beninar genießen.

steile Betonrampe
Steile Betonrampe

Dann bin ich endlich oben. Murtas heisst das Dorf. Ich weiss, dass der örtliche Lebensmittelmarkt schon seit 14:00 geschlossen hat, die Bar heute ebenso. Es bleibt immerhin der Trinkwasserbrunnen im Ort, den ich dankbar zum Auffüllen meiner Vorräte nutze und dazu etwas Mitgebrachtes verzehre. Andere, die schon dort sind oder gerade ankommen, sind sichtlich auf der Suche und hätten gerne etwas Offenes vorgefunden. Müssen ihre Hoffnung aber begraben.

Cádiar wird der nächste größere Ort sein. Ihn habe ich auch fest auf meiner Rechnung und da geht’s jetzt auch schnell hin. Was heisst, schnell? Es braucht schon noch fast weitere zwei Stunden, bis ich dort bin.

Bei jedem anderen Ort habe ich bisher vor dem Ortseingang angehalten, das Handy gezückt und auf Google Maps und meinen schon angemarkerten Supermarkt- und Bar POIs geprüft, wo sie sind und ob die Route da lang läuft oder ich besser direkt dorthin radle. War immer unnötig. Hier lasse ich es und…. Natürlich… Die Route führt ausnahmsweise mal nicht direkt durch den Ort sondern südwestlich runter direkt zum Fluss. Bahhhhh! Ja, da bin ich noch im Ort, muss aber trotzdem noch eine andere Straße und ein Stück wieder bergauf in den Ortskern klettern.

(misstrauische und zögerliche)“Endspurt“ Vibes

Es gibt mindestens eine Bar und da sehe ich auch Teilnehmer bzw. deren Rädern. Mir steht jetzt aber nicht der Sinn danach. Ich will sowieso einkaufen und da will ich nicht zwei Stops einlegen. Es ist mittlerweile doch schon spät am Tag. Schon 19:00 Uhr. Wenn die Angaben des Roadbook passen, müsste ich von hier nur noch 50 km, genau genommen sogar nur noch 48 km, bis ins Ziel über haben. Aber wer weiss über wieviele Höhenmeter und wie gut der Untergrund befahrbar sein wird? Sagen wir überschläglich 15 km/h, dann wären es noch fast 3,5 Stunden. Ohne weitere Pause. Und dann ist da noch kurz vor dem Ziel der Kommentar im Handbook „RISKY PASS (100m) Hike&Bike“. Was wohl damit gemeint sein mag!?

Meine Unterkunft im Zielort Capileira hatte ich gestern schon per Booking.com gebucht. Kurz vor Mittags schon, als ich mir sicher war, das heute mein letzter Tag bis ins Ziel sein werden würde. Anreise bis 22:00 Uhr… oh oh… Per App sende ich dem Hostal eine entsprechende Frage und bekomme zur Antwort (auf Spanisch): kein Problem, der Schlüssel wird in einer Codebox am Eingang hinterlegt. Yasss! Ich habe also alle Zeit der Welt und muss nicht mal bei der Ankunft mit jemandem sprechen sondern kann ganz allein und ungestört mit Bike ins Zimmer.

So kann ich ganz entspannt einkaufen und auch vor Ort direkt etwas Essen. Natürlich sind auch hier wieder Teilnehmer. Auch Anne treffe ich hier wieder. Wir alle haben Binge-eingekauft. Will sagen: was der Appetit sagt, wurde eingesackt. Auch wenn das im Zweifel ein 6er Pack Actimel oder was auch immer ist, den die- oder derjenige gar nicht in Gänze vorhat zu verzehren, aber auch nicht mitnehmen möchte. Ganz im Sinne des „Jeder für sich“ wird das dann einfach sehr offensichtlich auf dem Sims des Supermarkt-Fensters „liegen gelassen“. So komme ich auch zu einem Actimel-Nachtisch zusätzlich zu meinem eh gekauften Kram. Der besteht aus einen 4er Pack Joghurt mit Müsli, abgepackten lecker-saftigen Apfelkuchen-Stücken, zwei Zuckercreme-Rollen, eine Mini-Dose Pringles und Wasser für den Trinkrucksack.

Foodhaul Cádiar
Foodhaul Cádiar

Die anderen sind schon aufgebrochen. Auch Anne war vor mir hier und fährt los. Meint noch, ich würde sie eh einholen. Ich entgegne: da bin ich gar nicht so sicher, du bist superfix unterwegs. Und so würde es auch sein – ich hole sie nicht mehr ein – und sei es vielleicht nur, weil ich später noch einen weiteren Stop einlegen werde. Doch dazu gleich. Hier esse ich erst mal in Ruhe auf, verstaue den Rest und breche dann auch auf.

Mir geht’s gut, bin gut versorgt, „bald“ werde ich im Ziel sein, die Pedale drehen sich mühelos… und doch… anscheinend bricht mein „Komfort-Unterbewusstsein“ durch, als ich auf ein superfrisch und superglatt asphaltiertes Stück hinter Cádiar treffe. Die Wahrheit bricht hervor, ich schreibe eine augenzwinkernde Insta-Story: „More! Gimme moar! Asphalt it all! Death to Gravel! 🙈🤪😅“

Instastory "Death to Gravel!"
Instastory „Death to Gravel!“

Es folgt kurze Zeit später eine irrwitzig steile Abfahrt gefolgt von sofort einem gleicherart steilen Anstieg. Alles auf dem berüchtigten Beton. So steil, dass ich beim Abfahren hinter den Sattel gehe und mir doch fast mulmig wird.

Supersteile Betonrampen-"Achterbahn"
Supersteile Betonrampen-„Achterbahn“

Dann geht’s weiter. Immer weiter. Immer weiter hoch. Es folgt der Ort Trevélez. Ein Bergort mit nur 700 Einwohnern, doch bekannt für den berühmten Serrano-Schinken. Und das sieht und merkt man überall im Ort. Ich komme dort im Dunklen um 22 Uhr abends an. Auch hier gibt es vor dem eigentlichen Ortseingang eine Brunnengalerie. Die Luft ist kalt vom vorbeirauschenden Bergbach. Überhaupt ist es mit zunehmender Höhe recht kühl geworden. Dennoch oder gerade deswegen nutze ich die Brunnen, um auch hier meine Arme und Beine notdürftig vom übelsten Schweiss- und Staubgemisch zu säubern. Um gleich im Anschluss nicht die Jackenärmel und gar die Beinlinge komplett zu zu sauen.

Trevélez also. Letzter Eintrag im Handbook vor dem Ziel. Nun – vorletzter. Da ist ja noch der „Risky Pass“. Von hier aus sind es nur noch 23 km bis ins Ziel.

Aber – da bin ich gebranntes Kind. Durch Nelson Trees gebranntes Kind. Oder einfach nur Realist. Anders als bei einem Straßenrennen weiss man halt bei einer Offroad-Strecke im Voraus nie, wie der Untergrund beschaffen sein wird. Im Extrem ist er unfahrbar und man hat 23 km Hike-a-Bike vor sich. Aus einer Stunde Fahrtzeit könnten locker 4 Stunden Wanderung, wenn nicht mehr, werden.

Ok, so extrem würde es hier für Badlands sicher nicht werden. Aber: Holzauge sei wachsam. Ich fahre ja auch nicht auf ein Top Ten Ergebnis. Fern davon. Und hinter mir ist so nahe niemand, zeigt der Tracker. Also nutze ich eine offene Bar, um noch ein letztes Bocadillo, einen letzten Café con leche und eine letzte Fanta auf der Strecke zu mir zu nehmen. Gerade der Kaffee ist willkommen. Es ist jetzt echt kühl! Was relativ zu sehen ist. Objektiv zeigt der Garmin 18, etwas später 16 und ganz kurz vor dem Ziel 14 °C an. Was im Vergleich zu den 40 Grad am Nachmittag oder 26 Grad am Abend dann doch sehr kalt ist.

Ein letzter Bocadillo-Stop in Trevélez
Ein letzter Bocadillo-Stop in Trevélez

Aber jetzt geht’s weiter. Hinaus aus Trevélez und weiter hinauf in die Sierra Nevada. Der Weg ist erst ein wenig rauher und dann doch wieder perfekter Champagner-Gravel. Wow – alles in allem ist die Streckenwahl für Badlands wirklich hervorragend gelungen. Vom Untergrund wie auch von den Ausblicken und Gegenden her. Ausnahmen sind der Strand (Hüstel) und manche Ramblas. Aber – das gehört dazu und ist die richtige Würze.

Meine Sorgen waren also unbegründet. Ich komme gut voran. Bleibt nur noch der RISKY PASS. Als ich den im Schein meiner Lampe erspähe, atme ich auf. Oh… alles klar. Eine kleine, harmlose Eskapade kurz über etwas lockeren Grund steil auf einen Bachgrund herab und auf der anderen Seite wieder herauf. Kaum der Rede wert. Wäre es in anderen Rennen und Umständen auch nicht (Atlas Mountain Race, Silkroad Mountain Race – wahrscheinlich sogar nicht in den ersten Orbit 360 Strecken des Anfangsjahres). Aber gut und fürsorglich, dass es von den Veranstaltern erwähnt wird. Better safe than sorry. So sollte hoffentlich jeder mit dem richtigen Mindset und etwas vorgewarnt auf diese objektiv gesehen doch etwas prekäre Stelle die Situation bewältigen.

Risky Pass im Schein meiner Lupine Neo
Risky Pass im Schein meiner Lupine Neo

Ich komme noch an einem einzigen Teilnehmer vorbei. Er steht mitten auf dem Weg und will nicht weiter. Ich frage, wie’s im geht und ob alles ok sei. Nein – er hat die Faxen dick, kann mit den Händen nicht mehr gut greifen, alles täte ihm weh… Anscheinend bricht sich kurz vor dem Ziel seine ganze angesammelte Erschöpfung ihre Bahn. Aber ich sehe, dass ihm im Grunde nichts fehlt und er mit entsprechenden Pausen sicher auch bald das Ziel erreichen wird. Deswegen fahre ich weiter. Jetzt geht’s nur noch bergab. Ich kann die Lichter von Capileira schon sehen. Über mir der Sternenhimmel der Sierra Nevada. Hach, wie toll!

Aber kaaaaaalt! ;-) Ich rolle in den Ort und bis zum Ende meines Tracks auf dem Garmin. Da ist auch das Badlands Banner. Hmm… sonst keiner da? Es ist jetzt kurz nach 01 Uhr in der Nacht. Vorsichtig rolle ich noch ein wenig weiter. Ich will, dass auf jeden Fall der virtuelle Zielpunkt durch mich und meinen Tracker überfahren wird. Da höre ich aber auch schon hinter mir eine Stimme. Es ist Chris. Chris Tonge, einer der Organisatoren. Er begrüßt mich, drückt mir sofort meine Medaillie in die Hand und fragt mich, wie’s mir geht und so weiter. Da in der Straße sitzen auch ein paar andere nicht all zu lang vor mir angekommene Teilnehmer. Sehr toll!

Um 01:12 Uhr stoppe ich meinen Garmin. Im Ziel war ich wohl schon 4 Minuten zuvor. Meine offizielle Zeit sind 89 Stunden und 8 Minuten.

Chris drückt mir auch mein Finisher-Trikot in die Hand. Wow, ein hochwertiges Jersey von Velocio mit limitiertem Badlands-Design. Das ist echt mal eine feine Sache. Und gibt mir auch schon Hinweise, welche Optionen ich morgen für die Rückreise hätte. Hut ab – das ist gut organisiert.

Doch jetzt erst mal in meine Unterkunft. Die ist nur 50 meter schräg gegenüber. Sehr gut. Erst mal fix unter die Dusche und dann eine ordentliche Mütze Schlaf. In einem richtigen Bett!

Der heutige Stint: 168,79 km, 4.637 Höhenmeter und 17:35 Minuten von Aufbruch bis Ankunft.

Strava Screenshot Badlands 2023 Stint 4
Strava Screenshot Badlands 2023 Stint 4 (Klick führt zur Aktivität in Strava)

Epilog: After-Finish Vibes, noch ein bisschen Granada und Heimfahrt

Es gibt kaum etwas tolleres als ein ausgiebiges Frühstück am Ende eines Bikepacking-Rennens nach einer ersten Nachtruhe, sauber, und im Kreis von anderen Teilnehmern. Ahhhh, so gefällt mir das.

Frühstück in Capileira
Frühstück in Capileira

Auch hier im Ziel zieht sich die gute Organisation von Badlands durch. Capileira ist als Zielort gut gewählt. Es gibt genügend Unterkunftmöglichkeiten für die Teilnehmer und ihre Entourage (wenn z.B. die Partner mit dabei ist und sich während des Rennens hier vielleicht schon eine gute Zeit gemacht hat) und man ist doch relative nahe an Granada. Für die Rückreise dorthin hätte es drei Möglichkeiten gegeben:

  • Nochmal die Gravel-Gipfel-Krönung (oder Dröhnung ;-)): mit dem Rad über Gravel 2000 Höhenmeter auf und über den Pico del Veleta und auf der anderen Seite per Asphalt hinab nach Granada über 75 km Strecke.
  • Um die Berge drum herum, erst bergab, dann eben bis wellig. Auch rund 75 km, vorwiegend Asphalt
  • mit einem von mehreren Gruppentaxis. Ein paar Dreier, doch meist 8er Taxis. Mit ordentlichem Radhänger. D.h. man muss sich tatsächlich keine Sorgen machen, dass hier „Rad-Tetris“ gespielt werden muss und man sich am Ende des Rennens doch noch unnötigerweise eine Macke oder gar Schlimmeres ans Rad holt. Oder auch noch Laufräder abmontieren und und. Gar nicht. Hierfür gab’s ein Whiteboard mit mehreren Uhrzeiten und jeder konnte sich first come, first serve für eine Uhrzeit eintragen, bis das jeweilige Taxi (Sprinter-Klasse) voll war.

Bei so einem bequemen Angebot habe ich nicht nein sagen wollen. Ich habe mich noch in der Nacht nach der Ankunft für das 15 Uhr Taxi entschieden. So hatte ich genügend Zeit für Frühstück und für das Abhängen im Zielbereich zum Quatschen, zum Begrüßen und Beklatschen weiterer Zielankömmlinge und zu einem kleinen Rundgang durch den Ort.

Bei so einem eher kurzen Rennen und logistisch durch meine An- und wieder Abreise vom selben Ort und per Auto gut aufgestellt, hatte ich diesmal keinen Bedarf, mich halbwegs neu einkleiden zu müssen. Bei einem Transcontinental Race Style Rennen, wo man nach 2 Wochen irgendwo im Balkan aufschlägt und im Zweifel nichts an Zivilkleidung dabei hat, wird traditionsgemäß von vielen Teilnehmern erst mal das nötigste in lokalen Märkten besorgt. Das kann der örtliche Decathlon, ein Lidl oder häufiger und viel cooler, das kleine lokale Geschäft in einer Gasse sein. So mancher hat sich schon z.B. in Marrakesh gar einen Kaftan oder eine Maßhose schneidern lassen…

Ich nutze die Gelegenheit auch immer gern, zusätzlich zum vielleicht vom Event vergebenen Finisher-T-Shirts ein Souvenir in Form eines T-Shirts oder ähnlichem zu erstehen. Hier in Capileira war es ein hautschmeichelnde T-Shirt mit dem La Alpujarra und Mulhacen Print, das auch schon viele andere Teilnehmer trugen.

So verging die Zeit in Capileira auch schnell und schon war das Taxi da.

Die Fahrt nach Granada dauerte nicht lang und kurz darauf stehen wir alle (aus dem Taxi) mit unseren Rädern wieder in Granada zwischen dem Platz des Kongresses und meinen ersten Hotel. Da parkt ja noch mein Auto drin. Ein Zimmer hatten sie aber aktuell nicht, wie ich schon am Morgen gesehen hatte. Kein Problem – ich habe ein anderes Hotel gebucht. Mehr Abwechslung und Schauen, was es so gibt, ist ja eh fein. Das war auch fußläufig erreichbar, hatte aber keinen Tiefgaragenplatz mehr frei.

Kein Problem – öffentliches Parkhaus wollte ich nicht. Da habe ich einfach mein Auto noch in der Tiefgarage des ersten Hotels gelassen. Das war ja abgestimmt. Ich bringe also zuerst mein Rad in mein Auto bin sicher, dass es da gut untergebracht ist, hole meine Reisetasche heraus und spaziere zu meinem neuen Hotel.

Den nächsten Tag verbringe ich entspannt komplett in Granada. Eigentlich hätte ich mir gerne die Alhambra angesehen. Wenigstens die Gärten. Aber selbst dafür hat der Vorlauf von einem Tag nicht gereicht. Hier muss man über die offizielle Webseite wirklich länger im Voraus ein Terminfenster buchen. Also spaziere ich durch die Innenstadt und lasse mich treiben. Schaue hier und da, esse zu Mittag – „Para comida?“, „Sí.“ – und finde auch noch einen Laden, der die schon vor dem Rennen kennengelernte Käsekuchen-Köstlichkeit „La tarta de la madre de Cris“ herstellt und „to go“ anbietet. Ein Hochgenuß! Die Königin der Käsekuchen! Müsst ihr unbedingt probieren! :)

Am nächsten Morgen beginnt dann die Heimfahrt. Das Auto aus dem ersten Hotel geholt; dort die restlichen Tage Parkgebühr beglichen. Dann fix an einem Supermarkt vorbei; Verpflegung für Unterwegs eingekauft. Und dann ab auf die Straße. Durch bis nach Remoulins. Erneut. Wieder auf denselben Parkplatz. Wieder ein Biwak neben meinem Auto. Wieder auf der großen Luftmatratze.

Sonnenaufgang in Remoulins, Frankreich
Sonnenaufgang in Remoulins, Frankreich

Heute ist Sonntag, der 10.09. Trotzdem hat der örtliche Lidll auf. Sehr schön – so kann ich frisches Frühstück aus der Gebäcktheke kaufen und die zweite Etappe meiner Heimfahrt starten. Auch diese läuft wie auch die Hinfahrt super entspannt. Und, wie immer – erst in Deutschland und auf deutschen Autobahnen wird es ein wenig hektischer. Aber es geht – es ist Sonntag und spät genug.

So komme ich gut nach zwei Tagen Rückreise daheim in Wuppertal an. Ein toller Urlaub, tolle Granada-Erlebnisse, tolles Event – 10/10 Gerne Wieder!

6 Kommentare

  1. Hallo Torsten,

    vielen lieben Dank fürs ausführliche mitnehmen.
    Da bekomme ich ja richtig Lust von aktuell Zypern 🇨🇾 dorthin zufahren mit Radwechsel auf dem Weg.

    Ich denke das motiviert mich mir jetzt auch ein Dropbar MTB für die Panamerika zu bauen um für alle Untergründe gerüstet zu sein.

    Sportliche Grüße aus Zypern.

    Markus

    1. Hallo Markus,

      liebend gerne, danke für deinen Kommentar. Das könnte eine tolle Tour werden. Zypern, dann Fähre, dann einen schönen Landweg nach Spanien, dann dort bis nach Granada… :)

  2. Hallo Torsten,

    wie immer ein ausführlicher Bericht von Dir. In dieser Hinsicht wird man bei Dir ja nie enttäuscht.😉 Ich war vor 25 Jahren in dieser Region mit dem Rad unterwegs und erinnere mich gerne zurück, aber diese Rennerei heutzutage, das ist nun überhaupt nichts für mich.

    Meine Frage an Dich: Wie sicherst du dein Rad unterwegs? Hast du ein kleines Seilschloss einstecken? Ich gehe fest davon aus, dass in den tiefen deines Blogs Infos zu finden sind. Aber vielleicht kannst du ja mal noch ein paar Worte dazu schreiben.

    Hänschen

    1. Hallo Hänschen,

      vielen Dank. Haha, ja – man kann ja auch durchaus etwas genießender da entlang fahren. :)

      Ich habe immer so ein kleines Café-Lock dabei. So ein dünnes Aufroll-Drahtseilschloss mit Zahlencode. Das würde zwar keine 3 Sekunden am Kölner Hauptbahnhof halten, aber für die Seelenruhe und als Wegnahmesperre ist es ganz prima. Wiegt auch nix.

  3. Hallo Thorsten,

    ein sehr schöner Beitrag. Vielen dank für deine tollen Einblicke von Badlands. Ich will dieses Jahr in Granada an den Start gehen und habe natürlich mit viel Interesse deine Ausführungen gelesen.

    Ich habe eine Frage zur Unterkunft. In deinem Beitrag empfiehlst Du das Hotel Saray. Das habe ich ebenfalls in meine engere Auswahl genommen. Sehe ich das Richtig, dass man während des Rennens seine persönlichen Sachen im Hotel lassen kann und das Zimmer nur bis zum Start bucht und wo werden die Sachen aufbewahrt?

    Vielen Dank für Deine Hilfe und viele Grüße aus Soest

    Waldemar

    1. Hi Waldemar,

      ohh, toll! Genieße die Vorfreude. Und dann das Event! :)

      Im Manual 2023 gaben die Organisatoren Empfehlungen für 4 Hotels, alle mit einem kleinen Rabatt zwischen 5 und 15% für die Buchung. Und jedes hatte „Lockers available during Badlands“. Davon aber eines mit „numbers limited“ und eines mit „cost 5€/day per suitcase“.

      Das Saray hatte keine solche Limitierung und keine Kosten.

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