Bikes & Gear

Gefederter Vorbau oder Frontfederung? Komforteindruck, Vergleichsmessungen, Einsatzgebiete.

Der Vecnum freeQENCE Vorbau im Testvergleich zum Redshift Sports Shockstop Stem und einer XC MTB Federgabel.

Habt ihr euch schon mal gedacht: „Mensch! Ich brauche eine Federgabel! Oder wenigstens einen gefederten Vorbau!OderEine Federgabel will ich eigentlich nicht, aber ich brauche unbedingt mehr Komfort am Lenker!„.

Oder vielleicht
Ich hätte so gerne eine Federgabel, die passt aber nicht / ist zu teuer / zu schwer / mir zur wartungsaufwendig — reicht vielleicht nicht auch ein gefederter Vorbau (oder doppelt gewickeltes Lenkerband oder was auch immer?

Oder aber auch:
Ist eine Federgabel eigentlich besser oder schlechter als ein gefederter Vorbau, wenn es rein um den Komfort geht? Und sonst?

Und zwar sowohl für (schlechte) Straßen wie auch Gravel und Off-Road? Für normale Touren, für Randonneuring und für Bikepacking?

Wenn das der Fall ist, ist dieser Artikel für Euch!

Im vorliegenden Artikel werden zwei gefederte Vorbauten – der Vecnum freeQENCE und der Redshift Sports Shockstop Stem – vorgestellt und nach Fahreindruck und objektiver Messung miteinander und im Vergleich zu einem starren Vorbau beschrieben und bewertet. Zusätzlich wird auch eine Federgabel – die Rockshox SID SL Ultimate – den gleichen Messungen unterzogen.

Was das für Messungen sind, welche Parameter damit bestimmt und wie ausgewertet werden und welche Relevanz sie haben, dass stelle ich euch in entsprechenden Abschnitten vor.

Ihr könnt das aber samt Vorwort und Einleitung für euren ersten Blick gern überspringen und gelangt mit Klick auf diesen Link (Die getesteten Systeme) sofort auf die Beschreibung und Bewertung der beiden Vorbauten sowie auch der Federgabel. Und dieser Link bringt euch direkt ganz ans Ende zum Fazit des Artikels inklusive der Gesamt-Ergebnistabelle und der Empfehlung, welcher Vorbau (oder eher sogar eine Federgabel) für euch der richtige sein könnte.

Wenn ihr das mögt, blickt ihr vielleicht aber zuvor doch noch kurz auf diesen Abschnitt, um zu erfahren, ob ein gefederter Vorbau überhaupt die Lösung eurer Probleme sein kann.

3 Vorbauten auf einem Tisch: Vecnum freeQENCE, dahinter Redshift Sports Shockstop Stem und zu hinterst ein starrer Aluminum-Vorbau
Gestaffelt von vorne nach hinten: Vecnum freeQENCE, Redshift Sports Shockstop Stem und mein normaler Vorbau.

Vorwort:

Die Keimzelle für diesen Artikel, wie ihr ihn jetzt vor euch seht, ist bereits dieses Frühjahr entstanden. Da ist Vecnum an mich herangetreten und frug, ob ich Interesse hätte, ihren zu dieser Zeit gerade mal seit einen Jahr auf dem Markt befindlichen gefederten Vorbau, den Vecnum freeQENCE, zu testen und mir eine Meinung zu ihm zu bilden.

Vecnum kannte meinen Blog und meinen Schwerpunkt im Bereich Gravel und Bikepacking und sicher auch diesen Artikel von mir aus 2018: „Front-Komfort für’s Fahrrad: Der RedShift „ShockStop Stem“ Vorbau (und weitere Tipps und Tricks)“ in dem ich damals grundlegend beschrieb, welche Aspekte zum (Front-)Komfort hinsichtlich Federung- und Dämpfung beitragen und welche Stellschrauben es gibt. Von der Reifenwahl über besonders dämpfende Lenker und Lenkerbänder bis hin zu gefederten Vorbauten wie z.B. der sogenannten „Future Shock“ von Specialized oder dort im besonderen der Redshift Sports Shockstop Stem.

Und daher lagen sie in der Vermutung auch genau richtig – ich war sehr interessiert, sagte zu und erhielt wenig später einen freeQENCE Vorbau in der von mir angefragten 120 mm Baulänge.

Und wie ihr das von mir kennt, belasse ich es nicht bei einer knappen Beschreibung oder dem Aufgreifen von Pressemeldungs-Aussagen und einem subjektiven Eindruck sondern ich möchte herausfinden, wie sich so ein neuer Vorbau im Vergleich zu anderen Möglichkeiten schlägt. Wo liegen Vorteile, wo Nachteile? Wie effektiv ist er wirklich? Und – wie finde ich das heraus und wie kann ich es idealerweise auch quantifizieren? Individuelle, subjektive Vorlieben spielen eine große Rolle und müssen mit einfließen. Aber hier kann auch ein gerüttelt Maß an Placebo-Effekt wirken. Wie kann ich dem begegnen?

Also einfach nur den Vecnum-Vorbau montieren und damit herumfahren, ist eine Sache. Aber längst nicht hinreichend. Ohne wirkliche Quervergleiche – zwischen Vecnum-Vorbau und starrem Vorbau, zwischen Vecnum-Vorbau und Shockstop Stem und alles hin- und wieder her, idealerweise mehrfach – kommt man nicht aus.

So fanden über den Sommer hinweg diverse Testfahrten statt, ich wählte meine finalen Teststrecken aus und entwickelte ein Testprotokoll. Daraus resultierte ein reger Austausch mit Vecnum über weitere Testfahrten hinweg und schließlich fügte ich auch noch Vergleichsfahrten mit meinem Dropbar-MTB, meinem Canyon Exceed und seiner Rockshox SID Federgabel mit 100 mm Federweg hinzu.

Einleitung

Seien es immer schlechter werdende Straßen, sei es die Gravel-Ausfahrt über nicht ganz so schönen Gravel oder sei es die Bikepacking-Tour oder das Brevet über zwei bis mehreren Tagen Dauer – irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem man nach Möglichkeiten sucht, nicht mehr ganz so viele Vibrationen über den Lenker in die Hände, die Handgelenke und über die Arme in Schultern, Kopf und Nacken dringen zu lassen.

Dabei kann es sich also um ein Rennrad, ein Endurance Bike, ein Gravelbike oder auch ein ungefedertes Mountain- oder Adventurebike handeln. Und der Einsatzbereich ist vielfältig.

Vielleicht seid ihr mit der maximalen Reifenbreite schon am Anschlag dessen, was euer Rad verträgt. Und ohnehin kann man zwar sehr viel mit breiteren Reifen lösen – aber eben auch nicht alles. Und auch breite Reifen will man dem Untergrund und gewünschten Fahrcharakteristik entsprechend fahren – dazu gehört ein Reifendruck, der nicht alles purem Komfort unterordnet und manchmal gar nicht so viel mehr Dämpfung als schmalere Reifen bietet. Und oft will man überbreite Reifen ja auch gar nicht wirklich aufgrund des Gewichtes und aufgrund der gewünschten Aerodynamik am Rennrad. Und vielleicht bzw. sehr wahrscheinlich sogar, lässt sich gar keine Federgabel an eurem Rad einsetzen bzw. passt ohnehin nicht zum Einsatzbereich (z.B. Rennrad) oder ist aufgrund des Gewichts und der Komplexität (Wartung, Reparaturen) oder vielleicht auch der puren Optik wegen nicht gewünscht.

Wenn jetzt auch der Lenker in Form und Dämpfung (hier sind auch Griffe und Lenkerband sowie spezielle Polster für die Platzierung darunter eine Option) sowie eure Position auf dem Rad (keine übermäßige Gewichtsverlagerung auf die Hände) passend eingestellt und diese Möglichkeiten für Komfort und geringe Ermüdung und der Verhinderung von Gelenk- und Nervenschäden (eine reelle Gefahr in tagelangen Ultracycling-Veranstaltungen) ausgeschöpft sind, dann kann ein gefederter Vorbau eine sehr gute Möglichkeit für deutlichen Komfortgewinn sein.

Natürlich müssen aber auch für den Einsatz eines gefederten Vorbaus gewisse Voraussetzungen an eurem Fahrrad gegeben sein. In der heutigen Zeit allem voran: hat euer (Renn)Rad ein integriertes Cockpit (Lenker und Vorbau aus einem Stück) oder eine Kabelführung, die ohne die mittlerweile häufigen proprietären Vorbauten des Herstellers auskommt?

Glücklicherweise hat sich hier mittlerweile ein gewisser Pragmatismus und ein „Best-of-both-Worlds“ Ansatz bei den Herstellern moderner Rennräder und Gravelbikes durchgesetzt. Wir als Kunden bekommen zwar vollintegrierte Kabelführung und bei den Topmodellen oft auch spezielle Once-Piece-Cockpits. Aber die Kabeleintrittspunkte sind aus dem Vorbau selbst in die Topcap des Headsets gewandert. So sind dann auch bei aller Integration immer noch ganz normale, vom Lenker getrennte, Vorbauten möglich.

Doch auch dort müsst ihr schauen: wie ist die Kabelführung genau gelöst und wo sind die Kabeleintrittspunkte? Liegen sie – bei kurzen gefederten Vorbauten – direkt im Bewegungsbereich des oder der Gelenke? Dann sieht es mau aus.

Das schauen wir uns in Bezug auf den Vecnum freeQENCE Vorbau näher an. Und ich vergleiche ihn im Handling, Formfaktor, Funktionsprinzip und der subjektiven wie auch der gemessenen Komfortsteigerung bzw. Federungswirkung mit einem gewöhnlichen starren Vorbau und mit dem Redshift Sports Shockstop Stem. Und – einerseits außer Konkurrenz, andererseits aber auch mit einem wichtigen und Augen öffnenden Vergleich in Bezug auf den Gravel- und Offroad-Einsatz – schauen wir uns auch eine typische MTB-Federgabel an.

Wenn ich jetzt im Folgenden die genannten Vorbauten (samt Federgabel) bespreche oder wenn ihr vor der Wahl steht, ob so ein gefederten Vorbau das richtige für euch ist und wenn ja, welcher der beiden hier vorgestellten, dann muss man sich im Vorfeld über einige Dinge klar werden.

Was ist Komfort für mich bzw. für dich? Welches Problem soll überhaupt gelöst werden? Ist ein gefederter Vorbau sinnvoll / hilfreich?

Zunächst mal muss ich fragen: Soll ein Rad für die Straße oder für Off-Road betrachtet werden? Diese grundlegende Frage stand natürlich schon 2018 im Raum, als ich meinen Artikel „Front-Komfort für’s Fahrrad: Der RedShift „ShockStop Stem“ Vorbau (und weitere Tipps und Tricks)“ verfasst habe. In ihm habe ich zwar grundlegend alle Aspekte besprochen, welche zum (Front-)Komfort auf dem Rad beitragen. Und somit ist er immer noch mehr als relevant. Aber ich bin im Weiteren für mich von dem Einsatz für „typische“ Ultracycling-Events wie einem Transcontinental Race und ähnlichen Veranstaltungen ausgegangen. D.h. vorwiegend befestigte Straßen, diese aber in allem möglichen (und unmöglichen) Zuständen.

Heute, 2023, gehe ich davon aus, dass ein Großteil der Leser dieses Artikels eine Lösung für ein Off-Road Bike suchen. Davon wiederum die meisten für ihr Gravelbike, welches typischerweise komplett ungefedert daherkommt. Anders als auf Asphalt spielen hier eine Reihe weiterer Faktoren eine Rolle. Die Untergründe sind vielfältiger, sie sind typischerweise auch viel irregulärer als asphaltierte Straßen, Abfahrten und Anstiege sind öfter viel steiler ausgeprägt. Es gibt ein weites Feld zwischen einem guten, mineralisch gebundenen Radweg oder einem schönen, glatten Waldweg bis hin zu gerade noch (oder nicht mehr) fahrbarer Geröllstrecke. Weil gerade auch durch den kontinuierlichen Trend zum Gravelbike der Wunsch (von Gravelradler:innen wie auch Streckenplaner:innen) nach immer mehr off-road; nach immer entlegeneren Strecken abseits von Asphalt steigt, steigen auch die Ansprüche an die Leistungsfähigkeit dieses Rades. Was vielleicht vorher total für spaßbereitendes #onRoadoffRoadRepeat ausgereicht hat, stößt nun zunehmend an Grenzen. Oder besser gesagt: ihr stößt an Grenzen, was ihr noch unter Spaß versteht oder euch für die Dauer eures Rides zumuten mögt.

Jetzt müsst ihr euch fragen:

  • reicht es, dass weniger Stöße des Untergrunds an meinem Lenker ankommen und ist es das schon?
  • Oder brauche ich auch weniger Stöße am Sattel und auch in den Pedalen?
  • Kommen meine Handgelenksprobleme (sofern ihr sie habt) wirklich dadurch, dass der raue Untergrund seine Stöße ungefiltert an den Lenker durchreichen kann oder liegt es eher daran, dass ich in Abfahrten und Kurven verkrampfe, weil ich unsicher bin?
  • Wenn letzteres – woran liegt das? Bieten die Reifen zu wenig Grip? Zuwenig Durchschlagschutz und ihr bremst deswegen ständig? Braucht ihr also erstmal breitere Reifen, ein anderes Profil oder gar eine besser angepasste Geometrie eures Rades? Oder auch mehr Zutrauen in solche Situationen? Wobei erstere Punkte (passende Reifen, passende Geometrie etc.) natürlich automatisch schon mehr Zutrauen verschaffen.
  • Gerade bei Grip und Fahrsicherheit (auch dem Zutrauen zuträglich) sind dann wirklich eher die Reifen bzw. direkt eine Federgabel gefragt.
  • Wenn es nicht um die Fahrdynamik bzw. Fahrsicherheit, sondern wirklich „nur“ um den Komfort und damit auch um Spaß, weniger Ermüdung, weniger Gefahr für chronische Schädigungen bei Ultra-Ausdauer-Belastungen geht – welche Art von Stößen regen euch am meisten auf? Wenn es die ausgewaschenen Wurzeln eures Lieblingstrails sind, stehen die Chancen schlecht, dass ein gefederter Vorbau da irgendeine Hilfe sein kann. Da braucht ihr eher eine Federgabel mit entsprechendem Federweg und auch die wird Probleme haben, solche extremen kurze und singuläre Stöße glatt zu bügeln. Aber sie wird helfen. Ein gefederter Vorbau kaum.

Wenn man nicht ohnehin schon eine Federgabel hat (und dann wird man sich die Frage ohnehin nicht stellen) kann ein gefederter Vorbau zwar in keinem der vorgenannten Fälle schaden. Man kann sie immer so einstellen, dass sie einem in absolut keiner Fahrsituation stören. Auch ihr Mehrgewicht ist auf das Gesamtsystemgewicht gerechnet, verschmerzbar.

Ihr müsst euch nur darüber bewusst werden, dass es off-road eben noch ein paar mehr Aspekte gibt, die zu berücksichtigen sind. Klar kann man ein Gravelbike mit 40 mm maximaler Reifenbreite für ein Atlas Mountain Race mit einem gefederten Vorbau ausstatten. Und man wird dadurch auch Entlastung in den Händen (und vielleicht Schultern und Nacken) spüren. Man ist aber immer noch viel extremer durch seine Reifenwahl und das komplett ungefederte Rad als durch eine Lenkerdämpfung limitiert. Die verkrampften Hände in den Abfahrten kommen zum großen Teil vielleicht auch durch eine nur 160 mm große Scheibenbremse, die vielleicht sogar nur mechanisch (und damit mit erhöhten Bedienkräften) daherkommt. Die zu schmalen Reifen werden ebenfalls nicht durch eine Federgabel spürbar entlastet und müssen dadurch mehr arbeiten und aushalten; sind pannenanfälliger. Was ich damit sagen möchte: off-road, und damit bei heutigem Gravel mehr und mehr, ist in meinen Augen schnell der Punkt erreicht, wo ein Mountain-Bike bzw. eine Federgabel das Werkzeug der Wahl ist. Ich habe dazu an anderen Stellen schon ausführlich geschrieben, u.a. hier.

Dies gesagt: gefederte Vorbauten sind nicht teuer und wenn einer an euer Rad passt (siehe dazu die folgenden Abschnitte) ist der Einbau problemlos und schnell gemacht. Und dann kann experimentiert werden.

Für wirklich lange Straßen- bzw. „mixed Surface“-Events machen gefederte Vorbauten in meinen Augen aber immer Sinn. Die Frage der Traktion bzw. Grip stellt sich hier selten(er). Konventionelle Federgabeln würden entsprechende Räder zu schwer (für meinen Geschmack) machen, aerodynamisch nachteilig sein und auch gar nicht ans Rad passen. Und wenn die Strecke hinreichend lang ist, wird jede Komfortsteigerung selbst auf guten Straßen zu weniger Ermüdung beitragen. Ganz davon abgesehen, dass bei entsprechend langen Strecken auch genügend Anteile mit eben nicht so guten Straßen dabei sind.

Für wirklich lange Straßen- bzw. „mixed Surface“-Events machen gefederte Vorbauten in meinen Augen aber immer Sinn. … Und wenn die Strecke hinreichend lang ist, wird jede Komfortsteigerung selbst auf guten Straßen zu weniger Ermüdung beitragen. Ganz davon abgesehen, dass bei entsprechend langen Strecken auch genügend Anteile mit eben nicht so guten Straßen dabei sind.

Ja – je nachdem, wo man beheimatet ist, profitiert man selbst auf kurzen Sonntagsnachmittagsrunden über 100 % Asphalt von einem gefederten Vorbau. Z.B. fuhr ich neulich eine 90 km Erkundungsrunde durch das Ruhrgebiet. Auf meinem Gravelbike (mit 34 mm Slicks) und gefederten Vorbau – sehr schön, wunderbar zu fahren. Aber mit so vielen schlechten Straßen, Teerflicken, Niederbordsteinen, gepflasterten Radwegen, Plattenwegen mit Versätzen zwischen den Platten und und und… das wäre echt nicht lustig auf einem reinen Rennrad, mit starrem Vorbau und selbst den 28 mm Reifen, bei denen wir heute so im Rennradbereich als Standard angekommen sind.

Ist Komfort messbar? / Warum überhaupt Messen? Reicht nicht ein subjektiver Vergleich?

In diesem Artikel geht es vorrangig um gefederte Vorbauten. Eine XC Mountainbike-Federgabel fährt zum Vergleich mit.

Ich postuliere: bei einem gefederten Vorbau (oder ähnlichem Konzept wie z.B. Specializeds Future Shock) geht es vorrangig um Komfort, weniger um Fahrdynamik.

Der Unterschied liegt in den ungefederten Massen begründet. Bei einer Federgabel ist nur das Frontrad ungefedert. Das Fahrrad selbst (lassen wir mal das Hinterrad außer acht oder gehen von einem vollgefederten Rad aus) und der Fahrer sind gefedert (und in dem Falle auch gedämpft). Das bedeutet, das Laufrad kann auf bestmögliche Art dem Verlauf des Untergrundes folgen.

Was kommt bei der Fahrer:In, bzw. konkreter, am Lenker an? Das wollte ich nicht nur erspüren und vergleichend beschreiben, sondern auch objektiv messen und auswerten.

Ich „höre“ quasi schon manche Leser:innen: Warum denn solch aufwendige Messungen und das Eintauchen in die Grundlagen? Ich will doch einfach nur mehr Komfort am Lenker bzw. weniger durchgeschüttelt werden. Reicht da nicht, wenn der Tester beschreibt, dass er den Vorbau toll und wirksam findet?

Ich finde: nein – das reicht ganz und gar nicht!

Warum?

  • Manche Hersteller, so auch Vecnum, nutzen solche Zahlen für ihre Werbung. Natürlich schön auf eine Zahl herunter gebrochen. Das muss für den potenziellen Käufer schön einfach sein, darf nicht verwirren und muss sich nach viel anhören. Konkret für Vecnum ist dort die Rede von „bis 75% weniger Schlägen“ bzw. von der Absorption bis zu „75% der Vibrationen und Schläge“ die Rede. Redshift, schon deutlich länger auf dem Markt, spricht von bis zu 70% Reduktion. Was heisst das für mich, für euch? Ist Vecnum damit automatisch 5% besser? Was kann man sich darunter vorstellen und kann ich das mit meinen Messungen nachvollziehen? Spoiler-Alarm: die 70 und auch die 75 % vergesst mal lieber ganz schnell wieder. Ich bezweifle nicht (sehr stark), dass man einzelne Stöße oder einen Test finden kann, in dem die Vorbauten eine solche Reduktion messbar erbringen. Allein – was ich real messen konnte, kommt in keinster Weise in solche Regionen und bestätigt auch was ich beim Fahren spüre und aus mehreren Jahren Nutzung eines gefederten Vorbaus kreuz und quer durch Europa kenne: Eine spürbare Reduktion von Erschütterungen bei hinreichend weicher Einstellung, ja. Aber nicht in Regionen von einer Halbierung oder gar Drittelung dieser. Das wäre quasi Sänftengleich.
  • Reproduzierbare Tests auch für subjektive Eindrücke sind schwierig. Sie brauchen im Mindesten das Befahren von immer der gleichen Teststrecke mit unterschiedlichen Setups. Ohne solche Quervergleiche und durch „einfach nur Touren mit dem neuen Vorbau absolvieren“ ist nach meinem Dafürhalten keine Bewertung möglich.
  • Das hängt mit dem Placebo-Effekt und damit zusammen, dass jede befahrene Strecke immer wieder eine neue Erfahrung darstellt. Stellt euch folgende Situation vor: Ihr fahrt über einen Waldweg. Denkt euch: „Hmm, der schaut schon ganz schön rau aus. Aber eigentlich fährt es sich sehr angenehm darüber. Geiler Flow!“ Und dann denkt ihr so bei euch – „Toll, dieser gefederte Vorbau ist echt der Bringer.“ Aber jetzt die Frage, die ihr in dem Moment absolut nicht beantworten könnt: hättet ihr denselben Eindruck nicht auch mit dem starren Vorbau gehabt? Denn, zumindest mir geht es oft so: der optische Eindruck eines Weges und wie „glatt“ er sich anfühlt, sind manchmal zwei komplett verschiedene Paar Schuhe. Bzw. ist es so, dass man zwar aus der Erfahrung vor-abschätzen kann, wie gut sich ein vermeintlich rauer Waldweg dann doch befahren lässt und wie unangenehm eine andere Strecke nur durch die Art und Abfolge von gar nicht mal wirklich sichtbaren, nur kleinen, aber fiesen und regelmäßigen Steinen oder Querrillen ist. Dennoch dabei oft feststellt, dass sich so mancher Wald- und Feldweg wunderbar flowig fährt, wohingegen sogar mancher eigentlich gut aussehende Asphalt mit optisch gar nicht so herausragenden Imperfektionen total abnerven kann.
  • objektive Messdaten helfen auch, festzustellen, ob der Vorbau überhaupt wirkt. Vielleicht tut er es ja gar nicht (so sehr) – das wäre natürlich sehr schlecht. Oder er tut es sehr subtil und ohne wirklich gesteigerten Komforteindruck – immer noch schlecht, aber dann möchte ich wenigstens wissen, in welcher Art und welchem Ausmaß er arbeitet und vielleicht ableiten können, dass über lange Fahrtdauern dann doch eine gewisse Verminderung der Ermüdung zu erwarten ist.
  • Messen und Auswerten macht Spaß! Dem Ingenieur zumindest ;-) Ich will wissen, um wieviel mehr oder weniger ein Shockstop Stem gegenüber einem freeQENCE Vibrationen reduziert. Was kommt überhaupt an Vibrationen und „Stößen“ am Lenker an? Und wieviel mehr wirkt eine Federgabel? Kann ich auch systematische Unterschiede in der Dämpfung unterschiedlicher Vibrationen sehen und nachweisen?

Summa summarum: nicht immer finde ich „Tests“ hilfreich, in denen die Tester:in einfach nur ihren Eindruck beschreibt, besonders wenn es sich um solche „ich hab’s montiert, bin zwei Wochen oder Monate damit herumgefahren und find’s toll“ Berichte handelt. Nicht falsch verstehen: gut gemacht und beschrieben können die trotzdem enorm hilfreich sein.

Natürlich gibt es auch bei „objektiven“ Tests mit Messungen große Unterschiede. Nicht jeder Test ist gut gemacht, nicht jede Messung sinnvoll und der Fragestellung angemessen und nicht jede Auswertung fachgerecht bzw. hilfreich. Es ist auch sehr leicht, bei der Konzeption von Testprotokollen in Fallen zu tappen, die man erst nach fortschreitenden Testen und auch in der Diskussion mit Anderen erkennt. Deswegen werde ich euch im entsprechenden Abschnitt wie immer erläutern, wie und womit ich meine Messwerte aufgezeichnet habe, welche das sind und welche Auswertungen ich damit durchgeführt habe. So dass ihr das nachvollziehen könnt und so dass ihr mir auch Hinweise und Anregungen geben könnt, falls ihr euch mit ähnlichen Auswertungen schon mal (vielleicht sogar von Berufswegen) tiefergreifend befasst habt oder euch etwas auffällt.

Messen

Was wird gemessen und warum:

Stöße und Erschütterungen sind kurzzeitige Krafteinwirkungen. Beim Stehen auf der Erdoberfläche wirkt auch ständig eine Kraft, aber sie ändert sich nicht über die Zeit. Hüpfen wir aber von einem Stuhl auf den Boden, gibt es einen kräftigen Stoß. Weil wir im Fall kurz beschleunigt werden und dann beim Aufprall auf den Boden abrupt abgebremst werden. Umso abrupter, umso steifer wir in den Knien und Fußgelenken bleiben. D.h. es geht im Endeffekt um Beschleunigungen und Verzögerungen – welche wiederum negative Beschleunigungen sind. Je größer die Beschleunigung in Form eines einzelnen Stoßes oder durch viele aufeinanderfolgende Stöße – dann auch Vibration genannt – ist, umso mehr Energie wird übertragen bzw. muss umgewandelt werden (in unserem Körper oder in einem Federelement).

Das bedeutet, die Größe der Beschleunigung ist das Maß, das angibt, wie stark bzw. wie gravierend die Stöße und Vibrationen sind und auf Mensch und Material einwirken.

Wie wird gemessen

Beschleunigungen misst man mit Beschleunigungssensoren. Praktisch: so ziemlich jedes Smartphone dürfte heutzutage einen solchen Beschleunigungssensor bzw. entsprechende Systeme eingebaut haben. IPhones sind solcherart ausgestattet. Und man kann sie nicht nur für den internen Kompass bzw. das Nachverfolgen der Gerätebewegung im Raum nutzen, sondern auch anderweitig Vibrationen messen. Es braucht nur die passende App dazu.

Nach entsprechender Recherche und dem Ausprobieren dreier Apps habe ich mich aufgrund des Funktionsumfanges und dem Interface für die iPhone App „Vibrationsanalyse“ von Dmitriy Kharutskiy entschieden (Appstore-Link).

Appstore Screenshot zur App Vibrationsanalyse
Screenshot aus dem Appstore: die App „Vibrationsanalyse“

Diese erlaubt u.a. die Auswahl unterschiedlicher Maßeinheiten für die Achsen, bringt FFT-Analyse mit, zeigt Maximalwerte an und gestattet auch den Export der aufgezeichneten Daten. Die Daten wurden für jeden Testlauf gespeichert, auf dem iPhone betrachtet und in der Folge als Textdatei exportiert und in MS Excel importiert.

Wo wird gemessen

Das iPhone (iPhone 12Pro) ist mittels Quad Lock-Hülle an einem Quad Lock Out Front Mount Lenkerhalter befestigt. Dieser blieb für die Vergleichsmessungen an unveränderter Position am Rennlenker meines Gravelbikes, links neben dem Vorbau, montiert. Ausnahme: die am Ende durchgeführte Testreihe mit meinem Mountainbike. Hierfür wurde der Quad Lock Out Front Mount in gleicher Position an den Rennlenker meines Mountainbikes montiert. Vorteil des Quadlock-Mount: Dieser sorgt für eine sehr starre Befestigung bei gleichzeitig geringem Hebelarm.

Rennlenker mit montiertem iPhone, Garmin Edge 1040 und Lupine Mono SL Akkuleuchte. Starrer Vorbau.
Testsetup: Rennlenker des No 22 Drifter, iPhone 12 Pro im Quadlock-Case an Quadlock Out-Front Mount links des Vorbaus. Im Bild: der starre Aluminium-Original-Vorbau des Drifter

Gemessen wurden also die Erschütterungen direkt am Lenker, unmittelbar neben der Kontaktstelle der Hände.

Dabei war die Handposition immer gleich: „on the hoods“, also auf den Griffen der Schaltbremshebel.

Achsen

Das Iphone ist dabei dem Augenschein nach in etwa rechtwinklig zum Steuerrohr ausgerichtet. D.h. die z-Achse der folgenden Auswertungen gilt für die Beschleunigungen in Richtung des Steuerrohrs (vereinfacht: vertikale Achse). Die y-Achse gilt für die Beschleunigungen in Fahrtrichtung und die x-Achse gilt für die Beschleunigungen quer zur Fahrtrichtung. Die aufgezeichneten Werte für letztere Achse sind nachvollziehbar sehr klein im Vergleich zu den ersten beiden Achsen.

Welche Messgrößen werden aufgenommen und ausgewertet

Wie im Abschnitt „Was wird gemessen“ dargestellt, handelt es sich bei Vibrationen um wiederholte Beschleunigungen über eine Zeitdauer. Hier über die Dauer, die benötigt wird, eine gewisse Teststrecke zurückzulegen. Entsprechend der Abtastrate in Hertz werden über diese Teststrecke entsprechend viele Beschleunigungswerte pro Sekunde aufgezeichnet. Ich habe nach einigen Vorversuchen die höchste Abtastrate der verwendeten App für meine eigentlichen Testläufe verwendet: 100 Hz, d.h. 100 Messwerte pro Sekunde.

Als Einheit verwende ich „g“, d.h. vielfache der Erdbeschleunigung. Ich könnte genauso gut die absolute Beschleunigung in m/s² angeben. Die spätere Umrechnung kann einfach mittels Multiplikation mit der Erdbeschleunigung (9,81 m/s²) erfolgen.

Das ist aber nur die Basisgröße. Anhand welcher Metriken quantifiziere ich nun das Vibrationssignal und kann unterschiedliche Testläufe bzw. unterschiedliche Vorbauten oder Federungskonzepte vergleichen?

Zunächst einmal kann ich die Beschleunigung zeitbasiert oder frequenzbasiert anschauen. Und ich kann mir jeder der drei Achsen im Raum gemeinsam oder getrennt anschauen.

Zeitbasierte Analyse

Hier ein Beispiel für die z-Achse (des Iphones), welche die vertikalen Beschleunigungen darstellt. Aufgenommen über rund 30 Sekunden mit 100 Hz, d.h. mit rund 3000 Einzelwerten über die Zeitachse und als Faktor der Erdbeschleunigung dargestellt:

Beispiel Frequenzgang für Teststrecke 1, Rasen-Singletrail, Vecnum-Vorbau
Beispiel Frequenzgang für Teststrecke 1, Rasen-Singletrail, Vecnum-Vorbau

Auf den ersten Blick sieht man, wo der Asphalt aufhörte und der Schotterbereich anfing (nach rund 4 Sekunden = 400/100 Sek). Man erkennt Abschnitte mit höheren und geringeren Erschütterungen und man sieht auch, dass das Diagramm zwar nicht exakt symmetrisch ist, sich im großen und ganzen aber positive und negative Beschleunigungen die Waage halten. Es dabei aber durchaus Unterschiede in der absoluten Amplitude gibt.

Positive Werte zeigen dabei Beschleunigungen nach unten und negative Werte Beschleunigungen nach oben. Das Überfahren einer Schwelle würde z.B. eine Beschleunigung des Rades nach oben und somit eine negative Beschleunigungsspitze erzeugen. Es gibt aber nicht nur die Beschleunigung nach oben, sondern das Rad bewegt sich ja nach vorne und trifft in dieser Vorwärtsbewegung auf eine solche Schwelle. D.h. es wird auch eine Beschleunigungskomponente in der y-Achse auftreten. Die ebenfalls gemessen und ausgewertet werden muss.

1.) max ABS(z), max ABS(y)
Die erste augenfällige Metrik, um einen Testlauf zu beschreiben, ist daher die maximal aufgezeichnete Beschleunigung: max ABS(z) bzw. max ABS(y). ABS, da es sich um den Absolutwert handelt. Der maximal aufgezeichnete Wert kann ja ein positiver oder ein negativer sein.

Doch Vorsicht! Maximal-Beschleunigungen haben gleich mehrere Abhängigkeiten. Zum einen davon, ob zufällig die wahre maximale Beschleunigung in ein Abtastfenster fällt. Diese sehr reele Gefahr ist allerdings eher bei hochfrequent laufenden Maschinenteilen als bei einer Fahrrad-Testfahrt gegeben. Vor allem, wenn sie mit 100 Hz aufgezeichnet wird. Dennoch – das ist schon mal Punkt 1.

Punkt 2 und viel wesentlicher ist, dass dieser Wert auch sehr von der Fahrgeschwindigkeit abhängt. Ein und dasselbe Hindernis erzeugt einen viel stärkeren Impuls, wenn ich es mit höherer Geschwindigkeit treffe. Zwar habe ich immer angestrebt, die gleiche Geschwindigkeit in meinen Testläufen einzuhalten, aber ich kann nicht garantieren, dass ich jeden Lauf mit immer der auf die Kommastelle genau gleichen Geschwindigkeit durchgeführt habe. Selbst für meine Teststrecke Nr. 2, wo ich immer aus dem Stand habe rollen lassen, möchte ich das nicht mit Absolutheit behaupten. Für große Differenzen zwischen Test-Setups kein Problem. Aber wenn es sich nur um sehr geringe Differenzen handelt, auf deren Basis man einen „Gewinner“ küren wollte, dann schon.

Punkt 3 und der für mich wesentlichste Punkt von allen: Selbst durch die von mir so ausgewählten Teststrecken, dass unterschiedliche Linienwahl auf ein Mindestmaß reduziert wird (Singletrail bei Strecke 1, Kurveninnenseite bei Strecke 2) kann nicht ausgeschlossen werden (bzw. ist es garantiert so), das in einem Testlauf das Vorderrad mal eine Reifenbreite weiter links oder rechts als im Folgelauf ist oder das eine Vertiefung mal genau gerade (kürzer, heftiger) und mal leicht schräg (etwas länger, damit weniger heftig) durchfahren wird.

Und schließlich zeigt mir der einzelne Spitzenwert nicht das gesamte Bild aller vielleicht über die „Grundvibrationen“ hinausragenden hohen Erschütterungen an. Sind z.B. 8 g (also die achtfache Erdbeschleunigung) jetzt einsame Spitze und ansonsten überschreitet kein einziger Messwert die 6 g? Oder gibt es noch ein dutzend weiterer hoher Messwerte alle knapp unter diesem Maximum von 8 g?

Dennoch, über mehrere Testläufe pro Setup hinweg gemittelt, lassen sich schon Unterschiede zeigen, besonders wenn die Differenzen zwischen diesen Setups deutlich sind.

2.) RMS(z), RMS(y)

RMS steht im Englischen für Root Mean Square, d.h. für den quadratischen Mittelwert.
Das ist der viel bessere Vergleichswert für eine periodische Größe und ist gleichzeitig der sogenannte Effektivwert eines periodischen Signals. Der RMS korreliert auch besser zur eigentlichen Energie des Vibrationssignals. Und er beschreibt die gesamte Messung und nicht nur einen einzelnen Spitzenwert.

Der Effektivwert am Beispiel der Kenngrößen einer sinusförmigen Wechselspannung, Wikipedia, Bildautor Saure, 2 July 2009, Public Domain
Der Effektivwert am Beispiel der Kenngrößen einer sinusförmigen Wechselspannung, Wikipedia, Bildautor Saure, 2 July 2009, Public Domain

Größenordnungsmäßig liegt er bei dem zuvor gezeigten Beispiel bei 1,53 g für die z-Achse und 1,02 g für die y-Achse (und 0,3 für die x-Achse). Während die Spitzen-Beschleunigungswerte bei ABS(z) = 7,18 g und ABS(y) = 5,83 g (und 1,72 g für die x-Achse) liegen.

Aber auch beim RMS muss man aufpassen. Dieser wird durch unterschiedliche Anteile von Aufzeichnungsdauer vor oder nach der eigentlichen Messstrecke beeinflusst. Messe ich jeweils über 30 Sekunden Holperstrecke, lasse dann aber mal 10 und ein andermal 20 Sekunden im Rollen über Asphalt oder im Stillstand verstreichen und lasse diese Daten in die Auswertung einfließen, verfälsche ich einen solchen Mittelwert. Alle Aufzeichnungen meiner Testläufe sind daher so gut es geht auf gleiche Mess-Aufzeichnungsfenster abgeglichen.

Frequenzbasierte Analyse / Spektrum

Mittels FFT-Analyse (Fast Fourier Transform) kann man dem Spektrum eines über die Zeit aufgenommenen Vibrationssignals auf die Schliche kommen. D.h. man zerlegt das Signal in seine einzelnen Frequenzbestandteile. So kann man bei z.B. Vibrationen einer Motorwelle, die in der Zeit-Ansicht erst einmal wüst und nichtssagend aussieht, vielleicht drei sehr prägnante Frequenzen isolieren, die fast das gesamte Testsignal ausmachen. Eine ist vielleicht die Stromnetzfrequenz, eine andere die Motordrehzahl usw.

Bei einem Vibrationssignal aus Beschleunigungen eines Fahrrades über einen unregelmäßigen Untergrund fahrend wird sich das über sehr viele Grundfrequenzen erstrecken. Aber – vielleicht zeigen sich hier signifikante Unterschiede in der Zusammensetzung des Vibrationssignals?

Das war zumindest meine Hoffnung, als ich mich nach ersten Tests frug: „Hmm, anhand des Vibrationssignals über die Zeit kann ich noch nicht wirklich erkennen das oder warum ein Vorbau jetzt komfortabler erscheint als ein anderer – könnte es sein, dass diese vielleicht unterschiedliche Charakteristiken aufweisen, die sich nicht in der Summe der Beschleunigungen zeigen, sondern in den Anteil der Frequenzen begründet sind?

Hmm, anhand des Vibrationssignals über die Zeit kann ich noch nicht wirklich erkennen das oder warum ein Vorbau jetzt komfortabler erscheint als ein anderer – könnte es sein, dass diese vielleicht unterschiedliche Charakteristiken aufweisen, die sich nicht in der Summe der Beschleunigungen zeigen, sondern in den Anteil der Frequenzen begründet sind?

Wie sieht denn das Spektrum bzw. die Frequenzverteilung über die jeweilige Teststrecke und für das jeweilige Test-Setup aus? Diese Frage beantwortet u.a. die FFT-Analyse.

Die folgende Grafik zeigt das zum zuvor schon gezeigten Testsignal gehörende Spektrum auf Basis der FFT-Analyse, die die verwendete App ebenfalls bereitstellt.

Beispiel Spektrum für Teststrecke 1, Rasen-Singletrail, Vecnum-Vorbau
Beispiel Spektrum für Teststrecke 1, Rasen-Singletrail, Vecnum-Vorbau

Die Vibration über diesen Testlauf setzt sich also aus jeder Menge unterschiedlicher Frequenzanteile zusammen. Es können grundsätzlich nur Frequenzen bis zur Hälfte der Abtastrate bestimmt werden. Auch deswegen ist meine Test-Abtastrate 100 Hz, damit ich Frequenzen bis zu 50 Hz ermitteln lassen kann.

Das Beispiel zeigt (und meine übrigen Daten bestätigen das), dass das auch gut so ist. Denn so sehe ich, dass Frequenzen oberhalb etwa 37 Hz kaum noch Anteil am Gesamtsignal haben. Im Beispiel sieht man einen sehr signifikanten Abfall der Teilamplituden ab 36 Hz und höher.

Kann man aus den Spektren der Testläufe nun verschiedene Charakteristika der unterschiedlichen Setups (Vecnum-Vorbau, Shockstop-Stem, starrer Vorbau, Federgabel) über die unterschiedlichen Teststrecken erkennen? Oh ja, in der Tat.

Ich kann das qualitativ anhand der Ausprägung der Spektren beschreiben. Welche Schlussfolgerungen sich daraus aber ziehen lassen, ist mir noch unklar.

Is smoother faster?

Spätestens hier sind wir tief im Kaninchenbau der Vibrationsanalyse. Wir könnten noch den Schritt zur Power Spectral Density Analyse (PSD) gehen und könnten generell komplett in das Thema „Effizienz“ abschweifen. Effizienz meint in diesem Zusammenhang: durch welche Art der (nicht nur exakt) vertikalen Nachgiebigkeit meines Systems (vom Bodenkontakt des Reifens über Laufrad, Nabe, Gabel, Rahmen, Lenker, Sattel bis zum Fahrer) fahre ich nicht nur komfortabler sondern tatsächlich schneller für gleichen Energie-Eintrag über die Pedale (oder durch die Gravitation bei Abfahrten). Wo und wie muss es in meinem Rad federn und/oder Dämpfen, damit möglichst wenig Energie in nicht dem Vortrieb dienende Energie umgewandelt wird (Wärme, Schall…) und möglichst viel Energie als kinetische Energie in Vorwärtsrichtung des Rades verbleibt. Specialized hat das mal in Kooperation mit McLaren versucht, herauszufinden.

Und zwar haben sie versucht, herauszufinden, wieviele Sekunden man über eine 40 km Strecke mit ansteigend normierten Rauheiten schneller fahren kann, und zwar in Abhängigkeit von im Grunde drei verschiedenen Arten und Orten der Frontfederung. Durch sogenanntes „Splay“, also dem „Spreizen“ bzw. besser den Nachgeben und wieder nach vorne Wippen der Gabel und auch des Steuerrohrs in Fahrtrichtung in Folge von Erschütterungen. Durch Nachgiebigkeit in der Achse des Steuerrohrs, aber unterhalb des Steuerrohrs angesiedelt (z.B. klassische Federgabel, oder aber auch eine Headshok von Cannondale o.ä.) und durch dieselbe Nachgiebigkeit, aber oberhalb des Steuerrohrs angesiedelt (z.B. durch die daraus entstandene Future Shock von Specialized, aber – thematisch voll passend – z.B. auch durch einen gefederten Vorbau wie dem Vecnum freeQENCE oder dem redshift sports Shockstop Stem).

Ich habe das mal wieder aus dem Netz ausgegraben, da es sich bei Specialized heute nur noch sehr rudimentär auffinden lies. Ich glaube, aus gutem Grund. Im Endeffekt wird man uns mit den damalig veröffentlichten Daten und Diagrammen nämlich sicher nur den Teil erzählt haben, der für das final beworbene Produkt folgerichtig und positiv war.

Ich habe aber keinen Zweifel daran, dass die Untersuchungen gut und zielführend waren und Specialized sehr dabei geholfen haben, den Bereich festzulegen, auf den sie sich in der Entwicklung konzentrieren und zur Marktreife führen sollten. Und das war der thematisch hier genau hinein passende Future Shock Vorbau. Schaut mal da hinein. Die Auswertungen und die Überlegungen, was Specialized sonst noch so in die Räder verbauen wollte, sind spannend. Und der Artikel zeigt einen Teil davon, womit man sich im Sinne von Effizienz befassen kann und sollte.

Aber eben auch nur einen begrenzten Teil. Einen, der auf die Randbedingungen der Fragestellung bezogen war. Specialized war nicht auf der Suche nach der neuen, besten Frontfederung für ein MTB oder (damals sowieso nicht) ein Gravelbike. Sondern ein Straßenrennrad. Zwar auch für Paris-Roubaix, aber im Endeffekt mussten sie etwas finden, was zur damaligen Zeit an einem Endurance-Rad Sinn machte.

Logisch, dass man dann zum Schluss kommt, den ich hier zitiere: „Axial compliance below the head tube (head shock, suspension fork, etc) is more efficient at adding smoothness and is significantly faster though it still has efficiency losses through suspension bob and can affect the bike’s handling. That leaves axial compliance above the head tube which appears to offer all of the smoothness benefits and performance without the same disadvantages.“

Ich habe hier einmal die im zuvor verlinkten Artikel gezeigten Ergebnisse qualitativ nachgebildet, um sie hier zeigen zu können:

Ungefähre Darstellung der Effizienz-Ergebnisse von Specialized und McLaren. Nach: bikerumor.com 09/2016, Quantifying Smoothness: Specialized partners with McLaren on new Roubaix w/ Future Shock Suspension

Wie zu erkennen ist, ging es Specialized im Kontext dieser Auswertung um das Thema Effizienz. Unabhängig vom Komfort-Gewinn: wenn ich mit einem entsprechend ausgestatteten Rad eine 40 km Strecke auf Zeit zurücklege – wieviel schneller (gemessen in Sekunden) bin ich rein durch die gewählte Art der Frontfederung über unterschiedlich raue Untergründe. Im vom mir grau skizzierten Bereich lagen die mit „Existing Technology“ bezeichneten Testpunkte. Das schmale blaue Band sind Ersparnisse rein aus dem „Splay“ bzw. Flex der Gabelholme bzw. des Steuerrohrs. Und bei der roten Fläche darf man sich dann wundern, wo genau der Unterschied zwischen den damit gemeinten neu ausprobierten Federungen (wie z.B. dem daraus hervorgegangenen Future Shock von Specialized) und existierender Technologie ist, die überwiegend (klassische Federgabel, Cannondale Headshok) im Grunde Axial Compliance darstellt.

Wie immer ist hier der Kontext ausschlaggebend. Für Specialized hat das im Kontext des mit dieser Technik auszustattendem Rad (ein Straßen-Endurance-Rennrad und kein Mountainbike oder Gravelbike) Sinn gemacht, es so darzustellen. Meine Lesart des ersten Diagrammes (Time saved vs. increased surface roughness) im verlinkten Artikel (welches ich oben reproduziert habe) ist, dass wir mit zunehmender Rauheit durch Nachgiebigkeit in Steuerachsenrichtung zunehmend schneller werden. Das Diagramm unterscheidet dabei nicht zwischen „über“ und „unter“ dem Steuerrohr und das Zitat bestätigt, was auch andere Tests die ich so in Erinnerung habe, zeigen – mit einer passenden Federung ist man über eine rauhe Strecke effektiv schneller und auch komfortabler unterwegs.
Bezeichnend finde ich auch das Wort „appears“ in „appears to offer all of the smoothness benefits and performance“ für die Anordnung der Federung oberhalb des Steuerrohrs. Das kann natürlich nur bis zu einer gewissen, nicht allzu großen Rauheit des Untergrundes überhaupt gelten. Und das Thema Grip und Traktion sowie auch Überrollfähigkeit von Hindernissen (zu spät in der Abfahrt erkannter Drop, Stein oder querliegender Ast etc.) war natürlich überhaupt nicht Gegenstand dieser Untersuchung von Specialized und McLaren.

Aber – das ist auch gar nicht das Ziel und Wirkungsfeld eines gefederten Vorbaus. Der ja in der Tat zu geschätzten 99 % wirklich nur Komfort- und Ermüdungsreduktion-Aufgabe hat. Und zwar sowohl für Fahrräder, die sowohl auf der Straße wie auch auf unbefestigten Wegen unterwegs sein können. Das muss euch aber bewusst sein, wenn ihr vor der Entscheidung steht, ob es ein gefedertes oder ungefedertes Gravelbike oder Mountainbike werden soll. Bzw. ob es mit dem Nachrüsten eines gefederten Vorbaus getan ist oder ob ihr später nicht doch realisieren müsst: Mist – das ist immer noch nicht das, was ich gesucht habe. Ich brauche ein Mountainbike. Oder jedenfalls eine „richtige“ Frontfederung an meinem Gravelbike.

Technische Regeln zur Lärm- und Vibrations- Arbeitsschutzverordnung

Also wieder zurück zum Komfort. Im Hinblick auf den Komfort erscheinen mir die Metriken aus der Auswertung des Signals über die Zeit immer noch ausschlaggebend. Das sehen auch die Technischen Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (TLVR-Vibration-Teil 1) so, die im Sinne der arbeitsmedizinischen Vorsorge Regeln und Grenzwerte bestimmt und diese Grenzwerte als Beschleunigung in m/s^2 angeben. Diese werden als Voll-Körper-Vibrations-Grenzwerte angegeben (z.B. für Personen im Sitz eines Baustellenfahrzeuges oder auf Maschinenplattformen) und als Hand-Arm-Vibrationsgrenzwerte (z.B. für das Bedienen einer Bohrmaschine oder einer Rüttelplatte). Und sie sind nach Expositionsdauern gestaffelt. Natürlich macht es einen Unterschied, ob ich eine Schlagbohrmaschine nur 5 Minuten am Tag nutze oder eine ganze Schicht lang eine Rüttelplatte vor mir herschiebe.

Wie misst man nun diese Werte? Auch hierfür gibt es Richtlinien (z.B. VDI) und Normen (DIN EN ISO 5349-1:2001 1 bis 12). Leider kosten die richtig Geld und liegen mir nicht vor. Das EU Hand-Arm-Vibration Handbuch gibt hier aber weitere Einblicke und mit weiteren Quellen lässt sich so herausfinden: es ist der Effektiv-Wert der Beschleunigungen. D.h. der oben beschriebene und von mir für meine Tests angegebene RMS-Wert. Interessanterweise wird für die finale Bewertung der Schwingungsbelastung dann weiterhin noch die frequenzabhängige Wirkung auf den Menschen berücksichtigt. Scheint also, als wäre ich mit meiner Spektrum-Analyse und der Vermutung, ob mir die Frequenz-Verteilung weitere Auskunft über den Komforteindruck oder die Art der Belastung geben könnte, doch auf der richtigen Spur.

Um ein Gefühl für die Größenordnungen zu erhalten, die für den Arbeitsschutz gelten:
Anlage 3 der TLVR-Vibration-Teil 1 hat eine Expositionstabelle für zulässige Hand-Arm-Vibrationswerte. Der rote Bereich, d.h. Grenzwertüberschreitung, wird für 60 Minuten ab 15 m/s² erreicht. Für 4 Stunden wären das 7,5 m/s².

In meinem obigen Beispiel, bereits mit dem Vecnum-Vorbau gefedert, liegt ein RMS(z) von 1,53 g und ein RMS(y) von 1,02 g vor. Gemäß TLVR ist die resultierende Beschleunigung anzusetzen (Wurzel aus x,y,z²). Multipliziert mit g = 9,81 m/s² ergibt sich RMS(x,y,z) = 18,28 m/s². Upps. Ein Berufs-Gravel-Fahrer dürfte also nicht mal eine Stunde lang ein Gravel-Rennen bestreiten, unterläge er der Arbeitsschutzvorschrift. Selbst mit einem gefederten Vorbau nicht. Selbst Straßen-Profi-Rennen wären aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen wohl allein anhand der Vibrationsemissionen über die Dauer einer typischen Tour de France Etappe nicht zulässig (Stichwort: interessantes Party-Wissen ;-))

Ein Berufs-Gravel-Fahrer dürfte also nicht mal eine Stunde lang ein Gravel-Rennen bestreiten, unterläge er der Arbeitsschutzvorschrift. Selbst mit einem gefederten Vorbau nicht. Selbst Straßen-Profi-Rennen wären aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen wohl allein anhand der Vibrationsemissionen über die Dauer einer typischen Tour de France Etappe nicht zulässig (Stichwort: interessantes Party-Wissen ;-))

Das gibt uns also einen gewissen Kontext hinsichtlich der Größenordnungen zulässiger Vibrations-Exposition wie auch die Bestätigung, dass Art und Ort der Messungen sowie herangezogene Messwerte und Auswertungen sinnvoll und der Fragestellung angemessen sind.

Mit diesem Rüstzeug und diesem Wissen ausgestattet, können wir uns nun den eigentlichen Testobjekten und dann den Testergebnissen und meinen Eindrücken widmen.

Doch zuvor beschreibe ich noch die zwei von mir ausgewählten Teststrecken.

Die Teststrecken

Hierzu habe ich einige Vorversuche durchgeführt, bis ich mich für die im Folgenden beschriebenen Teststrecken entschieden habe. Wie sollte eine gute Teststrecke in meinen Augen beschaffen sein?

  • Repräsentativ und Aussagekräftig für den Einsatzzweck der Testobjekte. Eine Downhillstrecke ist sicher nicht der Einsatzbereich eines gefederten Vorbaus. Und ein glatter Asphalt-Radweg wird keine Unterschiede im Komfort bzw. in der Vibrationsreduktion aufzeigen können.
  • Kurz genug, um mehrfach wiederholt befahren werden zu können (und idealerweise in einem Diagramm darstellbar zu sein).
  • Die immer möglichst gleiche Linienwahl ermöglichen, gar unterstützen oder vorzugeben. Z.b. ein Singletrail. Oder eine klar nachzufahrende Spur neben einem unveränderlichen Feature, z.B. die Fahrbahnkante eines befestigten Weges.
  • Gering- bis überhaupt nicht durch andere Nutzer frequentiert sein
  • Zeitlich möglichst unveränderlich (aufgrund Witterung, aber auch Bewuchs oder Verstellen durch parkende Autos etc.)
  • Gut erreichbar von der Homebase, um häufig Testen zu können.

Was sich zum Beispiel wenig eignet, sind diverse kurze Pflasterstücke im innerstädtischen Bereich. Entweder sind sie zugeparkt oder zumindest so verstellt, dass unterschiedliche Linien gewählt werden müssen oder es muss auf Verkehr und Passanten geachtet werden. Waldweg-Runden wären viel zu lang. Hier müsste sich auf einzelne, repräsentative Abschnitte beschränkt werden, die obige Anforderungen erfüllen. Ein Asphaltstück mit einem einzigen oder zwei signifikanten Hindernissen, etwa einer Verkehrsberuhigungsschwelle ist ebenfalls nicht sinnvoll. Eine entsprechende Schwelle (solche zum auf den Asphalt Kleben mit einer Höhe von vielleicht 10 cm) überrollt man nicht mal mit einer 100 mm Federgabel „einfach so“. Selbst bei sehr langsamer Überfahrt gibt es einen dermaßen Schlag – dass will man sich und seinen Handgelenken (und auch den Reifen) nicht antun. Und es führt auch zu keinen sinnvollen Vergleichswerten zwischen gefederten Vorbauten. Vertraut mir, ich hab’s versucht. Aber nur sehr kurz. ;-)

Ich habe mich daher für die folgenden zwei Teststrecken entschieden, die innerhalb von 30 Sekunden (Strecke 1) bzw. rund 25 Sekunden (Strecke 2) durchfahren werden können.

Teststrecke 1, Schwarzbach

Ausgehend vom südlichen Ende des Schwarzbachtrassen-Radwegs in Wuppertal geht es vom glatten Asphalt (Start) auf einen festen Schotterweg, sofort gefolgt von gut verlegten Gehwegplatten (auf der rechten Spur gefahren) auf einen Grasumsäumten Trampelpfad über sehr festem Schotteruntergrund. Optisch relativ unverfänglich aussehend, aber doch mit der einen oder anderen kleinen Kuhle und Unebenheit versehen, die einen richtig durchschüttelt. Am Ende geht es kurz über etwas loseren Kies, wo ich auch schon bremse, um die Kurve zurück auf den Asphalt zu nehmen. Auf diesem angelangt, halte ich dann an und stoppe die Aufzeichnung. In meinen Augen eine sehr typische Strecke für sowohl innerstädtisches Alltagsradeln mit der einen oder anderen Abkürzung wie auch für eine typische Gravelstrecke über „mixed Surface“. Beileibe nichts „Wildes“ aber ein Abschnitt, der eine Federung wirklich wünschenswert macht und auch zum Arbeiten bringt.

Das folgende Tableau gibt einen Eindruck von der Teststrecke 1, Schwarzbach:

Tableau der Teststrecke 1 von Start bis Ende
Teststrecke 1 von Start bis Ende

Teststrecke 2, Rasengitter

Ausgehend vom östlichen Ende des Nordbahntrassen-Radwegs in Wuppertal führt ein Anstieg, befestigt mit Rasengittersteinen, hoch zu einem Golfplatz. Nach dem ersten Drittel des Anstiegs quert ihn eine Halbschalenrinne. Unterhalb dieser war mein Startpunkt. Die Aufzeichnung wird gestartet, ich klicke ein und fahre mit einer Pedalumdrehung los in die nicht sehr steile Abfahrt. Ich muss trotzdem in der Kurve leicht bremsen. Bleibe in der Kurveninnenseite, rolle über die Rasengittersteine. In meiner Linie sind die Löcher der Rasengittersteine nicht ganz gefüllt, so dass insgesamt eine rauhe, vibrierende Strecke vorliegt. Im Kurvenscheitel ist ein Stück der Innenseite abgesackt und mit bröckeligem Asphalt aufgefüllt. Gegen Ende der Teststrecke verlasse ich den Rasengitterstein-Weg, fahre etwa 15 Meter über ein Schotterstück um dann auf den glatten Asphalt der Nordbahntrasse zu gelangen. Kurz darauf stoppe ich die Aufzeichnung (immer an der selben Stelle).

Das folgende Foto gibt einen Eindruck von den Rasengittersteinen.

Teststrecke 2, die Rasengittersteine. Gefahren wurde auf der Kurveninnenseite, hier links im Bild.
Teststrecke 2, die Rasengittersteine. Gefahren wurde auf der Kurveninnenseite, hier links im Bild.

Die getesteten Systeme

Der eigentliche Aufhänger und Motivator für diesen Artikel und den ihm zugrunde liegenden Fahr- und Nutzungstests war der Erhalt des Vecnum freeQENCE Vorbaus. Diesen hat Vecnum mir freundlicherweise anfangs dieses Jahres unentgeltlich zur Verfügung gestellt, damit ich ihn Testen und meine Eindrücke dazu mit ihnen (und euch) teilen kann. Das hat Vecnum auch deswegen getan, weil sie meine Vorlieben und Einsatzfälle sowie auch meine Erfahrungen und Vergleichsmöglichkeiten mit ähnlichen Federungskonzepten und anderen gefederten Vorbauten kennen.

Kontext und vergleichende Bewertung ist also auch hier mal wieder nicht nur wertvoll, sondern sogar gewünscht. Mir geht es jedenfalls immer so. Und euch, lieber Leser:innen genauso. Das bestätigt ihr mir immer wieder nicht nur in den Kommentaren direkt hier im Blog, sondern auch per Instagram-DMs sowie per E-Mail und quer über die weiteren sozialen Medien hinweg.

Deswegen vergleiche ich den Vecnum freeQENCE Vorbau im weiteren mit meinem schon lange im Einsatz befindlichen Redshift Sports Shockstop Stem und natürlich auch einem herkömmlichen, starren Vorbau. Und – auch wenn es ein komplett anderes System ist – mit einer typischen Cross Country MTB Federgabel mit 100 mm Federweg.

Schauen wir uns zunächst die technischen Daten und Formfaktoren der Testobjekte an.

Der Vecnum freeQENCE Vorbau

Der Vecnum freeQENCE ist ein gefederter Vorbau für, Zitat Vecnum, „Gravel-, Renn-, Reiseräder, ungefederte (E-)Bikes.“

Also quasi für jedes Fahrrad. Mountainbikes sind zwar nicht aufgeführt. Aber nichts (außer den generellen Aspekten, die ich gleich nenne) hindert euch, diesen Vorbau auf einem Mountainbike einzusetzen. Es würde aber natürlich nur auf einem MTB mit Starrgabel Sinnmachen. Aber – solche gibt es ja durchaus. Wenn nicht als klassische MTBs dann aber doch in Form von 29er Adventurebikes und Selbstaufbauten von MTB-Rahmen für grobe Gravel-Zwecke.

Der Vecnum freeQENCE Vorbau in 120 mm Baulänge
Der Vecnum freeQENCE Vorbau in 120 mm Baulänge

Das Handbuch grenzt (sicherlich aus Produkthaftungsgründen und damit keiner auf die Idee kommt, 8 Meter Drops damit zu fahren und Vecnum für die Folgen verantwortlich zu machen) den bestimmungsgemäßen Gebrauch wie folgt ein:

Fahrräder der Kategorie 1 nach EN17406:
Rennräder, Triathlon- und Zeitfahrräder, Fitness- und Urbanbikes. Für Fahrten auf befestigten Wegen, wie: asphaltierten Straßen und Radwegen.

und

Fahrräder der Kategorie 2 nach EN17406: Cross- und Trekkingbikes, Cyclocrossräder, Gravel Bikes, Fitnessbikes. Für Fahrten auf befestigten Wegen, wie: asphaltierten Straßen und Radwegen; Wegen die durch Sand, Schotter oder ähnlliche Materialien befestigt sind [z.B. Forststraße, Feldweg]; Befestigten Wanderwegen auf denen Wurzeln, Schwellen Steine und Absätze nicht oder nur wenige vorhanden sind.

Hervorhebungen und Klammersetzung wie im Handbuch dargestellt.

Eine ähnliche Einschränkung findet sich aber auch bei Redshift Sports und im übrigen auch bei typischen Gravelrädern. Und selbst bei Mountainbikes gibt es angepasste Kategorien, mit denen sich der Hersteller absichert, dass ihr ihn nicht verklagt, wenn ihr euch Bike und Knochen brecht, wenn ihr eure leichte XC Carbon-Feile mit in den Downhill-Bike-Park nehmt.

Verfügbare Abmessungen

Er ist in drei Längen verfügbar: 90 mm, 105 mm und 120 mm.

Schaftklemmung für 1⅛ Zoll, Lenkerdurchmesser: 31,8 mm

Gewicht

287, 299 und 317 Gramm.

Alle drei Längen liegen gewichtsmäßig eng beieinander: der 90 mm Vorbau ist mit 287 g, der 105 mm mit 299 g und der 120 mm mit 317 g angegeben. Das passt sehr gut, mein 120 mm Exemplar habe ich mit 315 g gewogen.

Im Vergleich zu einem üblichen starren Vorbau ist das etwas mehr als eine Verdopplung des Gewichts (mein 110 mm Aluminum-Vorbau des Testrades wiegt 133 g). Im Verhältnis zu dem möglichen Komfortgewinn aber ein sehr verschmerzbares Mehrgewicht, wie ich finde.

Mit einer Federgabel kann man es nicht ganz vergleichen, weil die einerseits noch mehr Funktion, andererseits aber auch andere Vor- und Nachteile mitbringt. Aber ja – wenn man diese Rechnung aufmachen möchte, spart man mit einem gefederten Vorbau natürlich einiges an Gewicht.

Ich schreibe in der Zusammenfassenden Bewertung mehr darüber, ob ich eine solche Rechnung für sinnvoll erachte oder nicht.

generelles Design

Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Sie ist aber auch relativ zu ihrer Umgebung. Deswegen habe ich zwei subjektive und zwei objektive Meinungen zum Vecnum freeQUENCE.

Ich finde, für sich genommen macht der freeQENCE richtig was her! Tadelloses Finish, tolle Verarbeitung, soweit sich das von außen beurteilen lässt. Eine wirklich tolle Formgebung mit prismenartigen Kanten-Fasen und interessanten Riffel-Einsätzen. Das wirkt sehr technisch und hochwertig. Und hilft sicher auch, den Vorbau etwas weniger wuchtig aussehen zu lassen, als er ist. Aber, wow – wuchtig trifft es.

3 Vorbauten auf einem Tisch: Vecnum freeQENCE, dahinter Redshift Sports Shockstop Stem und zu hinterst ein starrer Aluminum-Vorbau
Vecnum freeQENCE, Redshift Sports Shockstop Stem und mein normaler Vorbau.

Den Vorbau auf Fotos zu sehen, ist das eine. Ihn persönlich zum ersten mal aus der Verpackung zu nehmen, das andere. Ich will nicht verhehlen, dass ich dabei ein „What the f…!?“ gemurmelt habe.

Nach diesem initialen Schock geht es dann recht schnell wieder und der Eindruck des tollen Finish bleibt. Aber in der Tat – auch für mich ist das ein Vorbau, der von seinem Aussehen tatsächlich mehr an ein Rad passt, dass irgendwo auch kantig, wuchtig oder zumindest mit großen Rohrdurchmessern daher kommt. An einem filigranen Endurance-Bike, das auf noch mehr Komfort getrimmt werden soll oder an einem Titan-Gravelbike wie meinem wird der Vorbau schnell zu einem Design-Bruch führen. An einem Monstergravel oder auch an einem Carbon-Rad mit etwas markanteren Shapes oder wenn man sein Cockpit für Ultra-Endurance-Events sowieso mit allem Möglichen belädt – Aerobars, Montage für Tracker, Radcomputer, Smartphone, Licht usw. – macht der Vorbau den „Kohl auch nicht mehr fett“ oder kann sogar richtig cool aussehen.

Andererseits: eigentlich geht’s auch an meinem Titanrad. Hier mal als Gesamtbild gezeigt. Ihr entscheidet.

Mein No. 22 Bicycles Drifter Titan Gravelbike. Samt montiertem Vecnum freeQENCE Vorbau.
Mein No. 22 Bicycles Drifter Titan Gravelbike. Samt montiertem Vecnum freeQENCE Vorbau.

Stichwort Aerobars bzw. Lenkermontage von Licht usw. Da kann es hinsichtlich des verfügbaren Klemmbereichs des Lenkers schon mal schnell eng werden. Vor allem, da der 31,8 mm Klemmdurchmesser des Lenkers schon bald zu den Seiten hin geringer wird. Bei vielen Lenkern ist dieser Bereich sogar sehr knapp bemessen, weil aus Komfort- und/oder Aerodynamik-Gründen die „Tops“ des Lenkers flach geformt sind.

Der Klemmbereich des freeQENCE ist schon eher breit – aber nicht zu breit. Wichtiger aber ist, dass sofort hinter dem Lenker die beiden Federarme sitzen. Deren nach außen noch etwas hervorstehenden Achsen sind der wahre Begrenzer hier. D.h. selbst einen simplen Out-Front Mount für einen Radcomputer (egal ob von Garmin, Wahoo, k-edge und wie sie alle heissen) müsst ihr etwas weiter links oder rechts vom freeQENCE als bei einem normalen Vorbau montieren. Wenn sonst nichts anderes am Lenker montiert ist, kein Problem. Außer vielleicht, dass ihr nicht mehr genau die Achse des Radcomputers in die Achse des Vorbaus bekommt (was aus Symmetrie-Gründen schon schlimm genug ist). Wenn da aber noch die Schellen für die Aerobar-Befestigung sitzen, kann es schnell eng werden. Z.b. hatte ich mal eine Konfiguration, wo ich einen k-edge Out-Front Mount zwischen Vorbau und Aerobar-Schelle montiert hatte. Das würde mit dem Vecnum freeQENCE nicht für den von mir gewünschten Abstand zwischen meinen Extensions funktionieren.

Nötiger Mehrabstand von Anbauteilen wie hier dem k-edge out-front mount für den Vecnum freeQENCE im Vergleich zum im Foto verbauten Redshift Sports Shockstop Stem
Nötiger Mehrabstand von Anbauteilen wie hier dem k-edge out-front mount für den Vecnum freeQENCE im Vergleich zum im Foto verbauten Redshift Sports Shockstop Stem (Ja, Rad, Vorbau und Radcomputer sind dreckig 😱🙈😉)

Am Beispiel des montierten Redshift Sports Shockstop Stem ist zu sehen, wie weit ich den k-edge Outfront-Mount für meinen Garmin weiter außerhalb der Mitte montieren musste, um nicht in Berührung mit den Achsen des Vecnum freeQENCE zu geraten, wenn dieser montiert wurde. Nicht viel. Nicht signifikant für diesen Lenker und diese Konfiguration. Aber für andere Lenker und andere Einsatzfälle gut zu wissen.

Funktionsprinzip

Axiale Lenkerbewegung

Der Vecnum Vorbau verwendet ein Parallelogram mit zwei Hebeln und 4 Achsen. Damit bewegt sich der Lenker beim Ein- und ausfedern in der selben Achse wie das Steuerrohr. Er verhält sich damit ähnlich wie z.B. das Future-Shock-Sytem in manchen Specialized Rädern oder wie eine klassische Teleskop-Federgabel.

Im Gegensatz dazu stehen eingelenkig gelagerte gefederte Vorbauten wie z.B. der Redshift Sports Shockstop Stem (siehe weiter unten) oder der Cane Creek eeSilk Vorbau. Bei diesen dreht sich der Vorbau (und damit der an ihm befestigte Lenker) um ein Gelenk vor dem Gabelschaft.

Letzteres kann dann von Vorteil sein, wenn man automatisch einen umso größeren Federweg oder eine umso größere Wirkung haben möchte, je weiter vorne man an einem Lenker greift, der unterschiedliche Griffweiten ermöglicht. Klassischerweise ein Rennlenker.

Es kann aber auch ein Nachteil sein, wenn man immer den gleichen Federweg haben möchte, egal wo man greift. Zudem funktioniert ein axial wirkender Vorbau wie der Vecnum freeQENCE sogar mit Cruiser- oder sogenannten „Alt-Bars“ deren Griffe nach hinten geschwungen sind. Während sich bei einem Eingelenker gar nichts rührt, wenn der Krafteinleitungspunkt nahe vor oder hinter oder direkt auf einer Linie mit dem Gelenk befindet. Wie bei solchen Cruiser-Lenkern möglich.

bis zu 20 mm positiver und 10 mm negativer Federweg

Alle vier genannten Systeme (Vecnum freeQENCE, Specialized Future Shock, Redshift Sports Shockstop Stem und Cane Creek eeSilk) erwähnen in Ihren Infomaterialien die gleichen 20 mm im Hinblick auf den Federweg. Das ist auch ein realistisches und sinnvolles Maß für eine Federung am Vorbau, wie ich finde. Dabei variieren die Angaben zwischen „bis zu“ 20 mm (z.B. beim Redshift Sports Shockstop Stem) bis zu der genauen Angabe von sogar insgesamt 30 mm für den Vecnum freeQENCE, von denen aber typischerweise 10 mm Sag in der normalen Fahrbelastung vorgesehen sind und plötzliches Absacken des Vorderrads kompensieren können und 20 mm verbleibenden Federweg nach unten.

Federhärte ohne Umbauten per Schraubendrehung einstellbar

Der für mich größte Pluspunkt des Vecnum freeQENCE ist für mich die super-einfache Anpassbarkeit der „Härte“ bzw. der Wirksamkeit der Vorbaufederung. Über eine kleine an der rechten Seite liegende 3mm Inbusschraube kann man der Vorbau stufenlos auf das Fahrer:innen-Gewicht bzw. auf den Einsatzzweck oder gewünschten Komforteindruck eingestellt werden.

Jederzeit, on the fly, einfach nur das Multitool zücken und an der Schraube drehen. Im Vergleich dazu muss man beim Redshift Sports Shockstop Stem die Stirnplatte lösen, den Lenker abnehmen und dann innen zwei Elastomere auswechseln. Geht daheim auch flott, ist aber nicht mal so eben trailseitig zu machen und geht auch nur in entsprechenden Abstufungen.

Und bei der Specialized Future Shock (die ohnehin nur an speziell damit ausgestatteten Specialized Rädern verwendet werden kann) muss man sogar eine regelrechte „Operation“ am Steuersatz vornehmen, möchte man Vorspannung (Sag) bzw. Federungshärte anpassen. Hier müssen dann spezifische Vorspannspacer ausgetauscht und 3 unterschiedliche harte Federn eingesetzt werden.

Vecnum spricht von einem Einstellbereich für Fahrergewichte von 50 – 120 kg, die sich so realisieren lassen. Dies wird über in etwa 12 volle Umdrehungen der Einstellschraube realisiert. Vom Auslieferungszustand sind es etwa 5 Umdrehungen gegen den Uhrzeigersinn, dann ist die Schraube am Anschlag. Dass ist die weichste Einstellung. In die andere Richtung gibt es keinen direkten Anschlag (jedenfalls habe ich noch keinen entdecken können), aber spätestens nach insgesamt 12 Umdrehungen im Uhrzeigersinn (vom 0-Anschlag aus), tut sich nichts mehr in der Härte. Der Vorbau ist da effektiv (für mich, mein Gewicht und meine Krafteinleitungen in den Lenker) starr. Eigentlich ist er das auch schon davor…

Je nach Einsatzbereich und Fahrerpräferenzen mag das aber dennoch nicht ausreichen. Ich habe z.B. für mich festgestellt, dass die weichste Einstellung so gerade für mich und meine Einsatzfälle gereicht hat. Ich hätte auch gerne noch weichere Einstellungen probiert. Und dabei wiege ich deutlich mehr als 50 kg. Mein Gewicht liegt um die 67 kg. Doch mehr dazu im Abschnitt mit der Bewertung zu den Vorbauten.

Montage-Restriktionen (seitens des Vorbaus, seitens eures Rades)

Radseitig

Der Schaft eurer Gabel muss 1⅛ Zoll messen (sind die meisten) und euer Lenker muss 31,8 mm Durchmesser im Klemmbereich haben (sind auch die meisten). Auch Carbonlenker sind zugelassen. Die Art des Lenkers ist dabei vollkommen egal. Ob Rennlenker, Flatbar, Gravel-Lenker mit Monsterflare,…

Die Klemmhöhe am Gabelschaft beträgt 43 mm und die Mindestklemmhöhe ist 1 mm weniger: 42 mm. So weit muss also der Gabelschaft über den letzten Spacer noch herausragen. Ansonsten müsst ihr Spacer entfernen. Wenn das nicht mehr geht, dann sollte von einer Verwendung abgesehen werden. 42 mm sind für eine Vorbauklemmung aber kein ungewöhnlich großes Maß.

Selbstredend braucht ihr natürlich ein Rad ohne integriertes Cockpit oder ohne eine Zugführung, die durch den Vorbau in den Gabelschaft oder das Headset läuft. Das ist heutzutage tatsächlich ein Problem. Denn auch bei den wieder vielseitiger anpassbaren getrennten Lenker und Vorbau-Konfigurationen moderner Rennräder und Gravelbikes werden oft (sehr schön, wie ich generell finde) die Züge bzw. Bremsleitungen eng unter (oder gar teilweise etwas in die Unterseite des Vorbaus eingelassen) dem Vorbau geführt, um dann entweder in einem speziellen Spacer bzw. einer speziellen Headset-Abdeckkappe zu münden. Da muss man dann schauen, ob das ohne Kollision mit dem Bewegungsfeld, dass der Vecnum-Vorbau braucht, möglich ist. Und man muss natürlich schauen, ob das dann noch halbwegs vernünftig aussieht.

Wenn alle diese Gegebenheiten vorliegen (und davon ist eigentlich bei fast allen Rädern ohne integriertes Cockpit oder Sonderlösungen auszugehen), dann ist die Montage aber ein Kinderspiel.

Vorbauseitig:

Stichwort Kollision und Bewegungsfeld. Für den kurzen 90 mm Vorbau liefert Vecnum eine Schablone mit, die ihr an den nackten Gabelschaft halten müsst. Damit könnt ihr prüfen, ob sich das Parallelogramm des Vorbaus kollisionsfrei mit dem Spacern bzw. mit dem Steuersatz und dem Steuerrohr über seinen möglichen Federweg bewegen kann. Ich könnte mir vorstellen, dass es oft nicht möglich sein wird, den 90 mm Vorbau zu verwenden, wenn keine bzw. nicht ausreichend Spacer unter dem Vorbau übrig bleiben. Z.B. wäre das wohl nichts für mein Canyon Exceed. Dort verwende ich (genau wie an meinem Drifter) keinerlei Spacer unter dem Vorbau.

Die zwei anderen Längen sind in der Hinsicht unproblematisch, da die Gelenke des Parallelogramms weiter vorne liegen.

Nur positiver „Rise“ möglich

Der Vecnum freeQENCE Vorbau wird mit +3° Rise angegeben.

Übliche Vorbauten können in zwei Richtungen montiert werden. Deswegen sind die Winkelangaben von Vorbauten nahezu immer als plus/minus Werte angegeben. Denn ein typischer +/- 6° Vorbau weisst je nach dem, wie man ihn auf den Gabelschaft aufsetzt, entweder um 6° nach oben oder um 6° nach unten.

Entsprechend den Restriktionen und Wünschen der Fahrer:in sucht man sich die passende Vorbau- und Spacer-Kombination aus. Vielleicht ist der Gabelschaft schon einmal zu viel abgesägt worden und anstelle von noch mehr Spacern muss es ein steilerer Vorbau richten. Oder umgedreht: man hat schon alle Spacer entfernt und möchte noch tiefer mit dem Lenker. Oder es soll halt einfach gut aussehen und der Vorbau nicht gar so steil aufragen oder sogar genau waagerecht stehen (ist auch aerodynamisch optimal). Dann muss ein negativer Winkel bzw. negativer „Rise“ her, um den Winkel des Steuerrohrs zu kompensieren.

Nun – umgedrehtes Montieren des Vecnum Vorbaus für einen -3° Rise ist nicht möglich – es widerspricht dem Funktionsprinzip. Es gibt auch keine anderen Versionen. Damit wird man meist arbeiten können. Aber man muss es wissen und prüfen, ob der gewünschte bzw. bisherige Bikefit mit dem Vecnum-Vorbau eingehalten oder erreicht werden kann.

Das war für mich z.B. nicht möglich. Ich fahre sowohl keine Spacer unter dem Vorbau (dank Custom-Rahmen) und verwende auch den für ein Gravelbike bzw. Rennrad üblichen negativen Rise (-6°) an meinen Vorbauten am Testrad. D.h. ich komme mit dem Vecnum freeQENCE unweigerlich höher mit dem Lenker, als ich eigentlich möchte.

Nun könntet ihr ja sagen: ach ein bisschen höher ist nicht schlimm und eher komfortabel. Da sage ich einerseits – ja. Andererseits – Vorsicht! Bei weitem ist höher nicht gleich besser und nicht gleich komfortabler! Hört da auf euren Bikefitter. Nicht wenige davon sagen, dass sogar tiefer besser sein kann bzw. oft sogar ist. Es kommt nämlich sehr auf eure Schultern und die Gesamtkörperhaltung an. So hat mich auch mein letztes Bikefit (2019) nochmal etwas tiefer mit dem Lenker gesetzt. Und zwar aus Komfortgründen und nicht, um mehr Aero zu sein.

Nun – für den Testzeitraum war der Vecnum-Vorbau keinerlei Problem und hat sich auch gut angefühlt. Nur – besser wäre es, wenn man mehr Optionen hätte.

Dauerhaftigkeit / Robustheit

Vecnum gibt an, dass alle Strukturbauteile aus vollen AL7075 gefräst sind sowie Titanachsen bzw. Schrauben verwendet werden. Bei den Lagern soll es sich um selbstschmierende Hochleistungslager handeln. Eine Schmierung der Lagerstellen ist daher nicht erforderlich.
Für mich macht der Vorbau einen sehr robusten Eindruck und ich hätte keine Bedenken, ihn selbst für das ruppigste Offroad-Bikepacking-Event zu verwenden. Langzeit-Erfahrungen kann ich allerdings keine geben.

Der Redshift Sports Shockstop Stem Vorbau

Mit den Vorkenntnissen aus dem vorherigen Abschnitt zum Vecnum freeQENCE Vorbau kann die Beschreibung des Redshift Sports Shockstop Stem etwas kompakter ausfallen.

Der Redshift Sports Shockstop Stem in 120 mm Länge. Hier an meinem Drifter gezeigt.
Der Redshift Sports Shockstop Stem in 120 mm Länge. Hier an meinem Drifter gezeigt.

Verfügbare Abmessungen und Varianten

Er ist in fünf Längen mit jeweils +/- 6 ° Winkel verfügbar: 80, 90, 100, 110, 120 mm. Und in zwei Längen mit + 30 ° Winkel: 80 und 100 mm.

Er kann entweder als Standard mit Klemmung für 1⅛ Zoll Gabelschäfte oder als Oversized für Gabelschäfte mit 1¼ Zoll Durchmesser erhalten werden.

Der Klemmdurchmesser für den Lenker beträgt immer: 31,8 mm

Es gibt auch eine Shockstop PRO Stem Version, die durch Verwendung von Titan-Teilen rund 15 % Gewichtsersparnis erreicht. Diese Version ist nur für 1⅛ Zoll Gabelschäfte und nicht in den zwei Längen mit +30 ° Winkel (aber den 5 anderen +/- 6 °) verfügbar.

Gewicht

Von 253 bis 302 g von 80 mm bis 120 mm. Mein eigenes 120 mm Exemplar habe ich mit 308 g gewogen.

Die PRO-Version mit Titan-Komponenten, die es seit einigen Jahren zusätzlich gibt, rangiert von 220 bis 248 g. Das ist schon cool.

Für die normale Version kann man also sagen: Zwischen Vecnum freeQENCE und Shockstop Stem tut sich eigentlich nichts. Der Shockstop Stem ist für die jeweiligen Größen immer etwas leichter angegeben, aber das sind jeweils weniger als oder um die 3 % Differenz.

Bei den Titanversionen sieht das schon anders aus. Hier kann man signifikant einsparen (am Gewicht, nicht am Einkaufspreis ;-))

Dann liegt man im Vergleich zu einem starren Vorbau auch nicht mehr bei mehr als einer Verdoppelung des Gewichts sondern bleibt sogar unter dem Doppelten (mein 110 mm Aluminum-Vorbau des Testrades wiegt 133 g).

generelles Design

Auch hier wie beim Vecnum Vorbau: Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Unzweifelhaft zeigt aber der Redshift Sports Shockstop Stem ein sehr viel konventionelleres Bild und ist auf den ersten Blick überhaupt nicht von einem normalen, starren Vorbau zu unterscheiden.

Auch die Abmessungen sind für den eigentlichen Vorbaukörper sehr viel kompakter als z.B. der Vecnum freeQENCE. So macht der Shockstop Stem auch an klassischen Rennrädern bzw. Gravelbikes mit Rahmen aus Stahl oder Titan eine gute Figur, wie ich finde.

Hier könnt ihr das für euch an einem Hochformat-Foto des kompletten Rades beurteilen:

Mein No. 22 Bicycles Drifter Titan Gravelbike. Samt montiertem Redshift Sports Shockstop Stem.
Mein No. 22 Bicycles Drifter Titan Gravelbike. Samt montiertem Redshift Sports Shockstop Stem.

Da sich an oder hinter der lenkerseitigen Klemmung auch keinerlei hervorstehende oder sich bewegende Teile befinden, kann man auch unbesorgt jegliche Anbauteile (Computer Out-Front Mounts, Licht-Klemmungen, Aerobar-Schellen etc.) ganz dicht neben der Lenkerklemmung montieren. Zum direkten Vergleich schaut euch das entsprechende Foto bei der Beschreibung des Vecnum Vorbaus noch einmal an.

Funktionsprinzip

bogenförmige Lenkerbewegung

Der Redshift Sports Shockstop Stem (wie z.B. auch der Cane Creek eeSilk Vorbau) erzielt seine Wirkung mit Hilfe eines einzigen Gelenkes, welches direkt vor dem Gabelschaft an deren Klemmung angeordnet ist. Je länger der Vorbau ist und je weiter man an einem Lenker noch weiter nach vorne greift (z.B. in den Hoods eines Rennlenkers) um so einen größeren Hebel hat man.

Im Gegensatz dazu verwendet der Vecnum Vorbau ein Parallelogram mit zwei Hebeln und 4 Achsen. Damit bewegt sich der Lenker beim Ein- und ausfedern in der selben Achse wie das Steuerrohr.

Ich würde keiner der beiden Varianten nur Vorteile oder nur Nachteile aussprechen. Sie sind unterschiedlich. Wie schon beim Vecnum Vorbau geschrieben: Die Eingelenk-Führung kann dann von Vorteil sein, wenn man automatisch einen umso größeren Federweg oder eine umso größere Wirkung haben möchte, je weiter vorne man an einem Lenker greift, der unterschiedliche Griffweiten ermöglicht. Klassischerweise ein Rennlenker.

Es kann aber auch ein Nachteil sein, wenn man immer den gleichen Federweg haben möchte, egal wo man greift. Zudem funktioniert ein axial wirkender Vorbau wie der Vecnum freeQENCE sogar mit Cruiser- oder sogenannten „Alt-Bars“ deren Griffe nach hinten geschwungen sind. Während sich bei einem Eingelenker gar nichts rührt, wenn der Krafteinleitungspunkt nahe vor oder hinter oder direkt auf einer Linie mit dem Gelenk befindet. Wie bei solchen Cruiser-Lenkern oder z.B. auch einer Jones-Bar möglich.

bis zu 20 mm (bzw. 36 mm) Federweg

Anders als Vecnum weisst Redshift Sports keine expliziten 10 mm Negativfederweg aus, sondern spricht nur von bis zu 20 mm effective Travel.

Tatsächlich wird durch den Preload aber auch ein gewisser Sag erzeugt und es ist nicht so, dass ich dem Redshift Shockstop Stem aufgrund der „nur“ 20 mm Federweg und nicht nochmal extra ausgewiesenen zusätzlichen 10 mm Federweg nach oben eine geringere Wirkung als dem Vecnum Stem attestieren würde. Ganz im Gegenteil. Doch dazu später mehr im Bewertungsteil.

Die eingelenkige Lagerung führt auch dazu, dass der effektive Federweg steigt, je weiter ihr vor dem Ende des Vorbaus greift. Je weiter vor der Achse der Lenkerbefestigung, also. Bei einem Rennlenker mit mittlerem Reach kommen so bei mir nochmal etwa 10 cm Grifflänge hinzu, wenn meine Hände auf den Hoods liegen (typischerweise die am Renn- und Gravellenker meist gefahrene Position und die von mir durchgehend über alle Testmessungen verwendet). Per einfacher Trigonometrie stellt man schnell fest, dass aus 20 mm an der Lenkerachse (für 120 mm Vorbaulänge) dann rund 36 mm an den Hoods (für 220 mm Hebellänge) werden. Nun ist ein großer Wert nicht immer unbedingt von Vorteil. Er kann für euch auch störend sein, wenn sich der Lenker über einen zu großen Bereich bewegen kann – besonders, wenn ihr eine sehr weiche Einstellung (bzw. hier beim Shockstop Stem sehr weiche Elastomer-Kombinationen) auswählt.

Federhärte nur stufenweise durch Austausch der Elastomer-Elemente einstellbar

Anders als der in dieser Hinsicht (theoretisch) brillierende Vecnum freeQENCE ist hier eine Anpassung der Federhärte bzw. Wirksamkeit je nach Gewicht der Fahrer:in oder nach persönlichem Wunsch nur stufenweise möglich.

Das geht aber immer noch schnell und deckt wirklich einen großen Bereich ab, in dem jeder etwas für sich und seinen Einsatzzweck finden sollte.

Es werden 5 unterschiedlich farbige, kleine Elastomer-Elemente mitgeliefert, die von 50 bis 90 in Zehnerschritten aufsteigend an der Seite beschriftet (eingeprägt) sind. Davon muss mindestens eines (für Flatbars) oder zwei in unterschiedlichen Kombinationen eingesetzt werden. Damit lassen sich für Rennlenker 6 unterschiedliche Härte-Eindrücke realisieren, die Redshift Sports als ersten Anhaltspunkt für Fahrer:innen-Gewichte von <52 kg, 52-61, 61-70, 70-84, 84-93 und >93 kg angibt.

Redshift Sports schreibt bewusst und in meinen Augen sehr richtig, dass das erste Anhaltspunkte sind und dann, nach einer ersten Testphase, jeder die Kombination einsetzen kann, die für ihn richtig erscheint.

Anders als beim Vecnum Vorbau, so viel sei der Bewertung vorweg genommen, kann ich mit diesen Elastomer-Elementen auch wirklich eine spürbare Anpassung vornehmen und ich komme auch in Bereiche, die mir weich und komfortabel genug sind. Und könnte noch darunter gehen.

Wie geht man bei einem Wechsel der Elastomer-Elemente vor? Das ist immer noch recht einfach. Die Frontkappe der Lenkerklemmung ist abzuschrauben, der Lenker wird entfernt (d.h. er hängt im Grunde während der Aktion über dem Vorderrad), ein sogenannter Pre-Load-Keil wird mit einem Imbusschlüssel herausgeschraubt und dann kann man eines oder beide der Elastomer-Elemente herausfischen. Die haben dafür kleine Ösen am Frontende, was das sehr einfach gestaltet. Die passenden neuen Elastomere werden dann hineingesteckt, der Preload-Keil wieder eingeschraubt und schon kann auch der Lenker wieder montiert werden.

Montage-Restriktionen (seitens des Vorbaus, seitens eures Rades)

Hier gibt es nur wenige und allgemein nachvollziehbare Restriktionen. Eigentlich könnte man fast sagen: überall, wo man einen normalen Vorbau montieren kann, kann man auch einen Redshift Sports Shockstop Stem montieren.

Radseitig

Der Schaft eurer Gabel muss 1⅛ Zoll messen (sind die meisten) und euer Lenker muss 31,8 mm Durchmesser im Klemmbereich haben (sind auch die meisten). Die normale Version des Shockstop Stem ist auch mit oversized Klemmung für 1¼ Zoll Gabelschäfte erhältlich.

Wie auch beim Vecnum Vorbau spricht nichts gegen die Verwendung von Carbonlenkern. Auch hier ist die Art des Lenkers ist grundsätzlich vollkommen egal. Ob Rennlenker, Flatbar, Gravel-Lenker mit Monsterflare,… Aber wie schon beim Wirkungsprinzip beschrieben, muss man bei Lenkern mit deutlichen Backsweep aufpassen. Da geht dann zwar nichts kaputt – aber es bewegt sich auch wenig bis nichts, wenn ein solcher weiter Backsweep (Denke: Hollandrad-Extrem, aber z.b. auch eine Jones Bar) dazu führt, dass die Griffe direkt links und rechts neben dem Gabelschaft enden.

Die Klemmhöhe am Gabelschaft beträgt 40 mm. So weit muss also der Gabelschaft über den letzten Spacer noch herausragen. Ansonsten müsst ihr Spacer entfernen. Wenn das nicht mehr geht, dann sollte von einer Verwendung abgesehen werden. Damit braucht ihr 2 mm weniger als beim Vecnum.

Selbstredend braucht ihr auch hier natürlich ein Rad ohne integriertes Cockpit oder ohne eine Zugführung, die durch den Vorbau in den Gabelschaft oder das Headset läuft.

Während man bei den zwei längeren Vecnum-Vorbauten direkt am Gabelschaft keine Bewegung berücksichtigen muss und dafür direkt beim der Lenkerklemmung auf mögliche Kollisionen achten muss, ist es beim Shockstop Stem umgekehrt. Da das Gelenk direkt am Gabelschaft sitzt, könnte es zu Problemen führen, wenn der Vorbau ohne jeden Spacer direkt auf der Abdeckkappe des Headsets aufliegt und direkt an dieser Stelle Züge oder Bremsleitungen hineingeführt werden.

viele Längen und Winkel verfügbar

Der große Vorteil des Redshift Shockstop Stems ist, dass man ihn wie normale Vorbauten auch in zwei verschiedenen Richtungen montieren kann. Er ist als +/- 6° Vorbau konzipiert und es gibt darüber hinaus auch zwei Längen mit +30 ° (solche extremen Winkel sind dann nicht mehr für umgekehrte Montage vorgesehen, deswegen nur plus 30 °).

Wo beim Vecnum Stem mit seinen fixen +3 ° und nur 3 verfügbaren Längen schon mal Kompromisse einzugehen sind, sollte man beim Redshift Vorbau fast immer eine exakt für das jeweilige Rad und den gewünschten Bikefit passende Lösung finden.

Dauerhaftigkeit / Robustheit

Redshift Sports gibt an, dass der Vorbau aus 6061 T6 Aluminium gefertigt ist und dass er für ein Fahrer:innen-Gewicht von bis zu 135 kg einsetzbar ist.

Anekdotisch kann ich sagen, dass ich meinen Vorbau nun schon seit 2018 (mit kurzen Pausen) im Dauereinsatz habe. Zuerst noch an meinem J.Guillem Endurance Rennrad und später dann an meinem No 22 Drifter. Dem Rad, mit dem ich auch die aktuellen Vergleichstests durchgeführt habe. In der Zwischenzeit habe ich mit dem Shockstop Stem zahllose Trainingskilometer, das eine oder andere Gravel-Eintages-Event und vor allem 2 komplette Transcontinental-Races, 3 Three Peaks Bike Races und auch das TPRNo1 damit bestritten. D.h. ich bin mit dem Vorbau kreuz und quer durch Europa gefahren, durch Regen wie im Sonnenschein und über die absurdesten Gravel-Parcours, die wüstesten albanischen oder kroatischen Straßen und die übelsten serbischen Gravelpisten, die sich in so einem TCR gewollt oder ungewollt finden lassen. Er funktioniert wie am ersten Tag und hat in der gesamten Zeit nicht mal ansatzweise seitliches Spiel gezeigt. Ich habe aber tatsächlich (eher, weil ich mir dachte – komm, kauf doch mal, sicher ist sicher) im letzten Jahr ein Ersatz-Tütchen Elastomer-Elemente gekauft.

Außer Konkurrenz: Die Rockshox SID SL Ultimate Federgabel

Ich schreibe bewusst: Außer Konkurrenz. Denn so eine Federgabel ist etwas ganz anderes als ein gefederter Vorbau. Sie will und kann auch mehr sein und mehr Funktion liefern. Aber sie benötigt auch andere Randbedingungen und bringt ihre eigenen Nachteile mit.

So kann (und will man auch nicht) an jedem Rad eine Federgabel nachrüsten. Die Geometrie und der Rahmen müssen dafür ausgelegt sein.

Und doch lässt sich am Ende nicht vermeiden, dass man für ein und denselben Einsatzzweck oder für den Wunsch nach mehr Komfort am Lenker auf beide Systeme schaut. Nicht, wenn man eine Lösung für sein Rennrad oder Randonneuring Rad bzw. für straßenlastige Bikepackingrennen wie z.B. ein TCR oder TPBR sucht. Aber dann, wenn man sich sehr gravel- bis schon regelrecht offroad-lastig orientiert. Da kommt schnell der Wunsch auf: „Boahhhh, ich brauche eine Federgabel! Oder wenigstens einen gefederten Vorbau!“ Oder „Eine Federgabel will ich eigentlich nicht, aber ich brauche unbedingt mehr Komfort am Lenker!„. Oder „Ich hätte so gerne eine Federgabel, die passt aber nicht / ist zu teuer / zu schwer / mir zur wartungsaufwendig — reicht vielleicht nicht auch ein gefederter Vorbau (oder doppelt gewickeltes Lenkerband oder was auch immer)?“ Zu diesem Thema sei hier nochmal die Erwähnung meines Artikels aus dem Jahr 2018 gestattet, der eine Rundum-Schau auf dieses Thema bietet: Front-Komfort für’s Fahrrad: Der RedShift „ShockStop Stem“ Vorbau (und weitere Tipps und Tricks)

Bei einem Endurance-Rad für die Straße ist eine Federgabel natürlich überhaupt kein Thema. Passt nicht, zu schwer, Aerodynamik-Nachteile und ist optisch bei einem Rennrad eine Belastung.

Von daher einerseits: außer Konkurrenz, vor allem weil auch (zwangsläufig) an einem anderen Rad als die beiden gefederten Vorbauten getestet. Aber andererseits: Mehr als nice to know, wie sich eine solche Federgabel rein im Komfort- und Wirkungsvergleich direkt am Lenker erspürt, verhält.

Eine Darstellung sämtlicher Aspekte und Konstruktionsprinzipien einer Federgabel würde hier zu weit führen. Aber ein paar grundsätzliche Eckdaten und Fotos möchte ich euch mit auf den Weg geben, damit ihr sie beim Lesen der Testergebnisse vor Augen habt.

Ich setze die Rockshox an meinem Canyon Exceed MTB Hardtail ein, dass ich mir mit Rennlenker und diversen anderen netten Komponenten aufgebaut habe.
Die SID SL Ultimate ist eine klassische CrossCountry Teleskop-Federgabel mit Luftfederung und 100 mm Federweg. Allerdings aus dem obersten Regal (aber durchaus günstiger als manche starre Gabel zu kaufen) und im XC Worldcup zu Hause. Die genaue Bezeichnung und technischen Einzelheiten lauten wei folgt:

  • RockShox SID SL Ultimate Race Day Debon Air Remote 29″ Federgabel – 100mm – 44mm Offset – Tapered – Maxle Stealth – 15x110mm Boost
  • Ihr Gewicht beträgt (mit dem für mein Rad passend gekürzten Gabelschaft) 1322 g
  • Ganz bewusst setze ich auf einen Lock-out Hebel an der Gabelkrone, den ich allerdings in den seltensten Situationen benötige.
  • Ich fahre die Gabel typischerweise mit einem Sag im Bereich von 25-28 %

generelles Design

Eine klassische Teleskopfedergabel. D.h. zylindrische Stand- und Tauchrohre, eine Brücke zwischen den Tauchrohren und eine separate Gabelkrone. Als XC-Federgabel im Vergleich recht zierlich und in einem tollen Design, wie ich finde. Aber – nur dann, wenn sie an einem passenden Mountainbike verbaut ist.

In der rechten Seite ist die Dämpfung untergebracht. Hier ist eine Race Day Charger-Kartusche eingesetzt. Als XC-Gabel mit dem Fokus auf geringes Gewicht sind die Einstellmöglichkeiten begrenzt: Unten an der Achse sitzt eine kleine Schraube mit Klickstufen zur individuellen Einstellung der Zugstufe. Oben sitzt ein Lockout, welches nur zwischen ganz auf und zu umschalten kann. Bei mir mit Lockout via Hebel. Nadelventile regeln die Zugstufe und den Lockout und es gibt noch einen Blow-Off-Shimstack für harte Schläge im geschlossenen Lockout-Zustand.

Links ist die Luftfeder untergebracht. DebonAir ist der Produktname, den Rockshox dafür verwendet und für jede Gabel immer wieder anpasst. Über ein Ventil in der Gabelkrone stellt man seinen gewünschten Druck in der Gabel und so auch den Sag (statisches Einfedern der Gabel im Stand nur durch das Fahrer:innen-Gewicht) ein. Ich fahre meine Gabel mit vergleichsweise hohem Sag-Wert von rund 27 % der 100 mm Federweg. Und ich habe gegenüber dem Fabrik-Auslieferungszustand keinerlei Extra-Token eingebaut oder entfernt (zur Verkleinerung oder Erweiterung des Volumens in der Luftkammer).

Die Testergebnisse

Bevor ich die Ergebnisse zeige und bespreche, muss ich noch kurz die getesteten Setups beschreiben. Die Teststrecken und warum ich genau diese ausgewählt habe, habe ich schon im Abschnitt „Messungen“ beschrieben. Hier folgt jetzt Näheres zu dem Rad bzw. den Rädern, mit denen ich die Tests durchgeführt habe.

Die Testsetups

Wie schon bei der Beschreibung sowohl der beiden gefederten Vorbauten wie auch schon in der Einleitung beschrieben: solche gefederten Vorbauten sind für eine Reihe von Fahrrädern geeignet und vorgesehen. Vom Rennrad zum Mountainbike, vom Alltagspendler bis zum Gravelbike. Und gerade letzteres erfreut sich ja schon seit Jahren einer konstanten Beliebtheit. Gerade auch, weil es so vielfältig einsetzbar ist. Da liegt nahe, dass ich auch ein Gravelbike als Testrad benutze.

Rad

Es ist mein schon des öfteren hier im Artikel gezeigtes und erwähntes No. 22 Bicycles Drifter. Ein Titan-Gravelbike mit Reifenfreiheit für 40-45 mm 700c Reifen. Ich nutze es aber schon seit jeher auch und gerade als Rennrad bzw. als Allroad-Bike. Das ist das Rad, mit dem ich auch solche Rennen wie ein Transcontinental Race, ein Three Peaks Bike Race oder ein Trans Pyrenees Race bestreite.

Laufrad / Reifen

Und das tue ich nicht mit irgendwelchen Stollen- / Gravelreifen, sondern mit High Performance Slicks. In vergangenen Jahren im Wechsel mit Continental Grand Prix 4000 SII oder 5000 und auch dem Schwalbe Pro One, in Größen von 30 mm vorn, 32 mm hinten. Oder, im Falle des TPRno1 und des TCRNo8, mit vorne und hinten 34 mm (da war es jeweils ein Panaracer Reifen).

Mit einem 34 mm Reifen bin ich auch alle Tests der Vorbauten gefahren. Für mich ist das die ideale Größe, um sowohl Allroad- und Straßen-Langstrecke wie auch Gravel und Mixed Surface-Einsatz bewerten zu können. Was ich nämlich nicht wollte, war, der Untergrund-Rauheit schon durch „zu viel“ Reifen und eventuell sogar noch zu geringem Luftdruck zu begegnen. Im Gegenteil – die Vorbauten sollten ja zeigen, was sie können. Und zwar bewusst für alle Einsatzgebiete. Auch Straße. Ich habe die Reifen aber auch nicht bewusst „hart“ aufgepumpt. Nein – eingestellt wurde ein für mich tauglicher Druck. Für guten Rollwiderstand und gutes, präzises Kurvengefühl (also nicht zu weich).

Gefahren wurde also für alle drei Vorbauten das gleiche Rad mit den gleichen Laufrädern und den gleichen Reifen:

  • Schwalbe ProOne 34 mm, tubeless auf Nextie AGX45 Felge, 2,8 bar

Lenker / Hoods

Es wurde auch immer die gleiche Lenkerkonfiguration gefahren. Mit der Wahl des Gravelbikes als das für mich relevante Testrad stand natürlich auch der Lenker fest: Ein typischer Rennlenker. Welcher typischerweise in den Hoods gefahren wird. Ich verwende auch oft die Drops, gerade in Abfahrten. Die „Tops“, also der Bereich zwischen den Drops und der Vorbauklemmung, typischerweise nur beim leichten Klettern. Da ruhen die Hände dann entspannt auf den Tops, führen das Rad nur leicht und stützen den Oberkörper leicht ab. Weder werden in solchen Fahrsituationen hohe Geschwindigkeiten erreicht, noch ergeben sich daher entsprechende Erschütterungen, die man abfedern möchte. Entsprechend ist für mich die sinnvolle Griffposition für alle Tests: auf den Hoods.

Sonderkandidat: die Federgabel

Es gibt durchaus auch „Gravel“-Federgabeln mit beschränktem Federweg von rund 30 bis 40 mm. Eine Beschreibung genereller für ein typisches Gravelrad in Frage kommender Konzepte findet ihr hier. Aber auch solche benötigen schon eine leicht angepasste Geometrie. Und – wenn schon eine Teleskopfedergabel, dann soll sie sich schon lohnen. Die vormals 100 mm Federweg für typische XC-Federgabeln kommen nicht von ungefähr. Das bedeutet, ich kann die Federgabel nicht mit dem selben Rad fahren, mit dem ich die Vorbauten getestet habe. Ich kann nicht mal dieselben Laufräder fahren, weil Achslängen und Durchmesser unterschiedlich sind.

Ich vergleiche in diesem Falle also nicht nur einen gefederten Vorbau gegenüber einer Federgabel, sondern ich vergleiche ein Gravelbike im Allroad-Setup mit 700c x 34 mm (622-34) Reifen gegenüber einem Dropbar-MTB bzw. Adventurebike mit 29″ x 2.20″ (622-55) Bereifung. Genauer: Continental RaceKing ProTection 2,20″ Reifen, tubeless auf Newmen Advanced 25 Felge montiert, mit 1,8 bar Reifendruck.

Wenn ihr jetzt aber denkt: ja – mit so breiten Reifen und geringerem Druck ist das MTB ja alleine deswegen schon deutlich besser gefedert… dann stimmt das nur sehr bedingt.

Ja – es sind nicht dieselben Systeme, das ist unzweifelhaft. Deswegen erwähne ich es ja auch extra. Und – während sowohl 700c wie auch 29er Reifen letztlich auf der genau gleich großen Felge sitzen, differiert ihr Abrollumfang leicht (etwa 2180 mm vs. 2310 mm). Das beschert dem MTB Reifen schon mal ein besseres Überrollverhalten von Untergrundunebenheiten.

Vergleichbare Casing Tension = vergleichbare Reifenwirkung

Von den 1,8 bar dürft ihr euch aber nicht täuschen lassen. Ihr wisst vielleicht schon, dass für die „Härte“ sowie auch das Fahrverhalten eines Reifens nicht der Druck die ausschlaggebende Vergleichsgröße ist, sondern die Spannung, welcher der Reifen unterliegt. Im Englischen ist es die Casing Tension. Je größer der Durchmesser eines Reifens, je größer die Casing Tension bei gleichem Druck. Diese Casing Tension gibt dem Reifen Form und stützt ihn gegen jede äußere Belastung. Und sie drückt am Ende auch auf die Felgenhörner. Drückt mal mit eurem Daumen auf einen mit 2 bar aufgepumpten 2,2 Zoll Reifen. Super fest, nicht wahr? Drückt mal auf einen mit den gleichen 2 bar aufgepumpten 25 mm Reifen. Ihr könnt den fast bis auf den Felgenboden drücken. Das ist Physik und Kraft pro Flächeneinheit.

Das LaPlace-Gesetz ist eine praktische Hilfe, um den passenden Druck bei wechselnden Reifendurchmessern zu ermitteln. Es besagt, dass sich die Wandspannung proportional mit dem Radius des eines zylindrischen Gefäßes (Reifen in unserem Fall) bei Änderung des Drucks verhält. Ich habe meine Reifendrücke anhand typisch von mir verwendeter Werte und Fahrdynamik-Vorlieben gewählt. Und dabei gesehen, dass sich die Reifen dabei ungefähr gleich anfühlen, wenn ich sie drücke.

Interessanterweise stelle ich jetzt im Nachgang fest, wo ich das LaPlace Gesetz erst beim Schreiben dieses Artikels anwende, dass ich da fast eins zu eins bei proportionalen Drücken, d.h. auf vergleichbaren Casing Tensions gelandet bin:

Mein 34 mm Reifen misst auf den Nextie-Felgen etwa 36 mm WAM (wide as measured). 36/2 x 2,8 bar = 50,4. Für den 55 mm WAM Reifen resultiert: 55/2 x 1,8 bar 49,5. Donnerwetter. Passt also sehr gut.

Natürlich sind es trotzdem unterschiedliche Reifen, unterschiedliche Compounds, ganz unterschiedliche Profile und letztlich unterschiedliche Räder. Aber – ihr seht, dass es nicht Welten sind, die dazwischen liegen. Zumindest, wenn es um den reinen Federungs- bzw. Dämpfungsanteil geht, der durch die Reifen bereitgestellt wird!

Kurzer Einschub: Der soeben erläuterte Zusammenhang zeigt übrigens nochmal, dass breitere Reifen nicht unbedingt komfortabler sind. Oder schneller Rollen. Sie bieten nur das Potenzial für beides. Aber man muss sich für eines Entscheiden bzw. muss zwischen einer Bandbreite aus Komfort und Rollwiderstand wählen.

Aber: man hat diese Option. Und mehr Spielraum bei der Ausnutzung dieser. Man kann einen breiteren Reifen super-komfortabel machen – verliert dann aber ggfs. Kurvenstabilität und verschlechtert (wenn man es übertreibt) den Rollwiderstand – gewinnt aber Grip und Traktion ja nach Untergrund. Oder man pumpt ihn proportional zu einem schmaleren Reifen auf – verbessert dann den Rollwiderstand gegenüber diesem, erhält einen stabil Kurvenkräften widerstehenden Reifen, gewinnt Grip und Traktion bei wiederum anderen Untergründen – gewinnt aber wenig, wenn überhaupt, an Komfort aus dem Reifen. Was man immer gewinnt, sind höheres Zutrauen in Kurven und über alle möglichen Arten von Untergründen und mehr Reserve gegen Durchschlägen bei proportionalem Druck. Auch das zeigt ein weiteres Mal, dass man für ideale Fahrdynamik und die meisten Optionen im Offroad-Bereich zwingend eine Federung braucht, um nicht nur den Reifen alle Arbeit zu überlassen – diese können nämlich nicht alle teilweise entgegengesetzten Anforderungen gleichzeitig in möglicherweise gewünschten Rahmen bedienen.

Ebenfalls Dropbar, ebenfalls Hoods-Position

Auch mein MTB ist mit einem Rennlenker ausgestattet. An diesem habe ich ebenso wie bei den übrigen Tests immer die Hoods als Griffposition verwendet. Das iPhone habe ich samt Quadlock-Mount vom Lenker des Drifter ab- und an gleicher Stelle an den Rennlenker des MTB anmontiert.

Setup-Kurzbezeichner

Damit sind die Testsetups beschrieben und wir können uns die Ergebnisse ansehen.
Darin bezeichnen die Kürzel…

  • Redshift: Das No. 22 Drifter mit dem Redshift Shockstop Stem, 120 mm Länge, immer mit den gleichen zwei Elastomeren getestet – dem mit 70 und dem mit 60 beschrifteten Element, welches gemäß Redshift Sports für Fahrer:innen-Gewichte von 61-70 kg an Rennlenkern die empfohlenen Ausgangsbasis ist.
  • Vecnum cw0: Das No. 22 Drifter mit dem Vecnum freeQENCE Vorbau, ebenfalls in 120 mm Länge, mit der Schraube in der weichsten Einstellung (d.h. 0 Umdrehungen clock wise vom Anschlag – bzw. leicht vom Anschlag gelöst)
  • Vecnum cw12: Wie vor, mit der Schraube in einer maximal harten Einstellung (d.h. 12 Umdrehungen clock wise vom Anschlag)
  • rigid stem / starrer Vorbau: Das No. 22 Drifter mit seinem originalen, starren Aluminium Vorbau, 110 mm Länge-
  • Federgabel: Mein Canyon Exceed Dropbar-MTB, mit der SID SL Ultimate Federgabel, immer unlocked, immer in der gleichen Einstellung von rund 27 % Sag

Ergebnisse Teststrecke 1, Schwarzbach

Beschreibung der Metriken

Um in die gewählte Form der Testergebnis-Zusammenstellung einzuführen, hier zunächst eine Teiltabelle für die Teststrecke 1, Schwarzbach. Dem ebenen Schotter-, Gehwegplatten-, Rasensingletrail-Abschnitt. Anhand dieser erläutere ich den grundsätzlichen Aufbau und Inhalt.

Ergebnistabelle Kennzahlen Beschleunigung für Teststrecke 1. Links Vielfache von g, rechts  Beschleunigung in m/s²
Ergebnistabelle Kennzahlen Beschleunigung für Teststrecke 1. Links Vielfache von g, rechts Beschleunigung in m/s²

Wie erläutert, habe ich die Beschleunigungen jeweils in g, d.h. vielfachen der Erdbeschleunigung aufgezeichnet. Das ist der linke Block. Vielleicht ist es aber nachvollziehbarer und die Zahlenwerte einfacher zu überblicken (weniger Fokus auf Nachkommastellen), statt dessen absolute Beschleunigungen zu verwenden. Nichts leichter als das – im rechten Block sind einfach alle Messwerte mit der Erdbeschleunigung multipliziert.

Von links nach rechts sind die Testsetups angeordnet und in der obersten Zeile vermerkt. In den eigentlichen Ergebniszeilen folgen die im Abschnitt „Messen“ beschriebenen Parameter. Wie dort zu ersehen, erachte ich den Effektivwert, d.h. den RMS, als den aussagekräftigsten Wert. Daher sind diese Werte fett hervorgeboben. Das Wort „Mean“ vor RMS, aber auch dem darunter folgenden Wert ABS (für Absolutwert der Spitzenbeschleunigung im jeweiligen Testlauf) bedeutet, das die Zahlenangabe das Mittel des jeweiligen Parameters aus mehreren Testläufen darstellt. Hier für den Redshift Vorbau und beide Einstellungen des Vecnum Vorbau (cw0 und cw12) jeweils 5 Testläufe, für den starren Vorbau und die Federgabel jeweils 3.

Aus der FFT-Analyse und daraus dem Spektrum erachte ich tatsächlich das eigentliche Spektrum als die wesentliche Information, weniger den einzelnen Spitzenwert. Aber natürlich ist dieser auch interessant. Von daher wird er hier mit aufgeführt, ist aber nicht schwarz, sondern grau geschrieben.

Jeder Wert ist für die Z- und die Y-Achse angegeben. Die Z-Achse ist die vertikale Achse und entspricht – basierend auf der Ausrichtung des iPhones am Lenker – ungefähr der Achse des Steuerrohrs. Hier werden erwartungsgemäß die größten Beschleunigungen (aka Erschütterungen) gemessen. Natürlich treten aber auch Beschleunigungen in oder gegen die Fahrtrichtung auf (Y-Achse). Auch nachvollziehbar, schließlich trifft der Reifen ja in Fahrtrichtung auf bzw. gegen ein Hindernis. Wenn das aber nicht zu groß ist, wird es unter Auslenkung nach oben und zurück oder nach unten und dann oben überrollt. Diese Komponente ist also typischerweise kleiner. (Ausnahme wäre: man knallt gegen eine Riesenstufe, die man nicht überrollen kann – dann ist die y-Komponente riesig und die z-Komponente minimal).

Was spürt man nun am Lenker bzw. als Mensch? Kaum einzelne Kraftvektoren, sondern eher die gesamt resultierenden Beschleunigungen. Die Komponente quer zur Fahrtrichtung will ich tatsächlich vernachlässigen, die ist nochmal kleiner als 1/3 der y-Komponente. Aber Z- und Y-Achse können per a^2+b^2=c^2 zur Resultierenden überführt werden. Das sind die Werte Mean RMS combined und Mean ABS combined.

Als unterste Zeile findet sich mein subjektiver Eindruck zum Komfort. Als wie wirksam habe ich die darüber in den Messwerten dargestellten Testläufe mit dem jeweiligen Test-Setup bzw. dem jeweiligen Vorbau oder der Federgabel empfunden? „Neutral“ bedeutet: Ich habe eigentlich keinen Unterschied zu den Testläufen mit dem starren Vorbau wahrgenommen. „+“ bis „+++“ bedeutet, ich habe einen spürbaren bis sehr stark spürbaren Komfortgewinn bzw. eine entsprechende Abminderung von Erschütterungen und Vibrationen wahrgenommen.

Damit können wir jetzt den Blick auf die eigentlichen Zahlen werfen. Hierfür lasse ich den Block mit den g-Werten weg. Uns reichen im weiteren Verlauf die absoluten Beschleunigungen. Aber ich füge einen Vergleichsblock hinzu. In diesem werden die relativen Abminderungen der Beschleunigungen im Vergleich zu den Testergebnissen des starren Vorbaus dargestellt:

Auswertung Teststrecke 1, Schwarzbach

Ergebnisübersicht für Teststrecke 1. Links Beschleunigungs-Metriken in m/s², rechts relative Abminderung zum jeweiligen Wert für den starren Vorbau
Ergebnisübersicht für Teststrecke 1. Links Beschleunigungs-Metriken in m/s², rechts relative Abminderung zum jeweiligen Wert für den starren Vorbau

Im linken Block sind die tatsächlichen Beschleunigungswerte der jeweiligen Metriken aufgeführt. Pro Zeile ist der Maximalwert blassrot, der Minimalwert blassgrün unterlegt. Der wirksamste Vorbau / das wirksamste Setup, welches die Vibrationen am besten reduziert, ist also schnell per Blick auf die grünen Zellen zu erkennen. Der am wenigsten wirksame Vorbau / das am wenigsten wirkende Setup an den roten Zellen.

Erwartungsgemäß finden sich die roten Zellen fast durchgehend in der Spalte für den starren Vorbau.

Überraschung 1: Interessanterweise findet sich auch einmal der maximale Wert aller Test-Setups in der Spalte des Redshift Sports Shockstop Stem. Und zwar für die Maximalbeschleunigung in Z-Richtung (Mean ABS z). Ich habe zwar im Grundlagen-Abschnitt zu entsprechender Vorsicht im Hinblick auf die Bewertung dieser Metrik hingewiesen. Bemerkenswert ist aber dennoch, dass selbst über die Mittelung von 5 Testläufen der entsprechende Wert 1 % höher als für den komplett starren Vorbau ausfällt.

In der zusammengesetzten Resultierenden (Mean ABS combined) ist aber der Redshift Vorbau doch 5 % besser als der starre Vorbau.

Genau diese prozentualen Vergleichswerte sind im rechten Block dargestellt. Vergleichsbasis ist für jede Zeile das Ergebnis des starren Vorbaus. Je höher der positive Wert, desto grüner ist die Zelle dargestellt und je größer ist die Reduktion der gemessenen Beschleunigung. Für Verschlechterungen, d.h. bei höheren Werten als für den starren Vorbau, ist die entsprechende Zeile um so roter hinterlegt, je deutlicher die Verschlechterung ist.

Insbesondere bei den Parametern Mean Max FFT z und y kann es dabei durchaus dazu kommen, das bei der dort zugrunde liegenden Zerlegung in wirksame Einzelfrequenzanteile auch bei einem insgesamt die Vibrationen gut dämpfenden Setup eine oder mehrere Frequenzen durchaus mit höheren Amplituden vertreten sind, als sie im Spektrum der Testläufe mit dem starren Vorbau vorkamen. Doch dazu gleich mehr.

Zunächst mal zur Überraschung 2:

Die Federgabel ist der ungeschlagene König!

Warum überraschend? Ich hätte diesen Unterschied nicht in dieser Deutlichkeit erwartet. Bzw. fast eher das Gegenteil: dass über diese, zwar schon moderat rumpelige, Strecke immer noch eher hohe Frequenzen und leichte Erschütterungen durch Elastomer-gefederte Vorbauten besser als durch eine klassische Federgabel absorbiert werden können. Denn bei einer luftgefederten Teleskopfedergabel müssen zunächst einmal Losbrechmomente der entsprechenden Dichtringe überwunden werden, bevor sie Stöße absorbieren kann.

Hier sagt man Federgabeln bzw. Federelementen mit Stahlfedern anstelle von Luftkammern – aber auch einer Cannondale Lefty mit ihrem Nadel-gelagerten Federbein – nochmals geringere Losbrechmomente und damit geringere sogenannte „Stiction“ nach. Diese Gabeln bzw. Federelemente können damit noch feinfühliger reagieren als die gerne des Gewichts wegen verwendeten Luftfedergabeln und Federelemente. Selbiges ist eigentlich auch die vorherrschende Meinung im Bezug auf Elastomer-Federungen, wie sie hier in den betrachteten Vorbauten vorliegt. Hier reiben ebenfalls keine Dichtungen und es gibt nur eine (Redshift) bzw. vier Achsen (Vecnum), die hochwertig gelagert sein sollten und spürbar keine „Stiction“ erzeugen.

Nun habe ich meine Federgabel auch bewusst weich (Sag eher zu 27 % als bei 25 oder gar 20 %) eingestellt, genau damit ich solche Untergründe gut überfahren kann und weil ich für meine Fahrten nicht die Reserve für Riesen-Drops oder gar Sprünge benötige. Dennoch ist sie im Fahren straff genug, das ich nie ein schlechtes Gefühl habe und selbst auf Asphalt nie das Bedürfnis habe, die Gabel per Lockout an der Krone zu verriegeln. Das mache ich wirklich nur, wenn ich wirklich ein längeres Stück auf Asphalt im Wiegetritt bewältigen möchte. Dass das Ergebnis so deutlich Pro Federgabel ausfällt, hätte ich aber vor den Tests echt nicht gedacht!

Wir werden das für die Teststrecke 2 später ebenfalls sehen. Hier für die Teststrecke 1 stelle ich fest, dass die Federgabel beim „Mean RMS z“ eine 40-prozentige Abminderung im Vergleich zum starren Aluminum-Vorbau erzielt. Das ist gleichzeitig der höchste Abminderungswert aller Teststrecken und Metriken. Und er ist im Grunde „außerhalb der Wertung“, weil ja nicht mit dem selben Rad wie die anderen Test-Setups ermittelt.

Der kombinierte Wert „Mean RMS combined“ wird um ebenfalls noch sehr hohe 36 % reduziert.

Aber: der Vecnum freeQENCE Vorbau liegt da nur wenig unterhalb der Federgabel. In der weichsten Einstellung (cw0) sind es für den „mean RMS z“ Wert 31 anstelle 40 %. Also nur 9 % weniger Reduktion. Und für den kombinierten Wert „mean RMS combined“ sind es 22 zu 36 %. Das sind allerdings dann schon 14 % weniger Reduktion. Das liegt daran, dass für diese Teststrecke und diesen Parameter die Federgabel auch in y-Richtung eine deutliche Reduktion ergab, während das für den Vecnum Vorbau nicht der Fall war.

Und das führt mich zur Überraschung 3: Warum nahm ich für diese Teststrecke den Redshift Shockstop Stem als wirksamer bzw. komfortabler (++) als den Vecnum freeQENCE selbst in der weichsten Einstellung (cw0) (+) wahr? Und warum kam mir der Vecnum freeQENCE in der harten Einstellung (cw12) als quasi nicht wirksam (neutral) vor? Obgleich der Vecnum in der weichen Einstellung deutlich bessere Werte erzielt als der Redshift und für die harte Einstellung ziemlich identische Ergebnisse erhalten wurden?

Hierzu wären mehrere Gründe vorstellbar (und ihr dürft da gerne mitdiskutieren):

1.) Wie hoch ist eigentlich die Fehlerbandbreite sowohl der von mir durchgeführten Messungen einerseits wie auch die „Empfindlichkeitsschwelle“ einer Testperson (mir) gegenüber nur leicht unterschiedlichen Beschleunigungsreduktionen. Ab welcher Größenordnung würde man auch im „Blindtest“ sagen können: „Jawohl, ich bin mit einem gefederten Vorbau gefahren“? Und ab wann ist es einfach nur Placebo. Sprich: ich habe einen Vorbau montiert, der verspricht zu federn, und glaube daher, dass ich damit auch komfortabler und gefedert unterwegs bin.

Ich hatte allerdings ganz zu Anfang nach Erhalt des Vecnum-Vorbau den gegenteiligen Effekt. Ich bin nie davon ausgegangen, dass er einfach funktioniert, sondern wunderte mich ganz im Gegenteil, dass egal in welcher Einstellung ich ihn fuhr, da sehr wenig passierte. Ja – das war mit der Haupt-Grund, warum ich überhaupt mit dem Messen angefangen habe. Um der Sache auf die Spur zu kommen. Als Resultat wurde der Vorbau im Sommer an Vecnum zur Kontrolle zurückgesendet. Und in der Tat – meine 120 mm Version war noch nicht mit dem serienmäßigen Element aller übrigen Baulängen versehen gewesen, welches etwas weicher ist. Für mich als am unteren Ende des Gewichtsbereichs angesiedelte Person war die Vorserienversion deutlich zu hart. Ja – um dem Endergebnis vorweg zu greifen: Selbst jetzt empfinde ich mit meinen 67 kg so, dass ich mit der weichsten Einstellung so gerade eben zufrieden bin. Aber wie man sieht, sie immer noch weniger komfortabel als den Redshift Stem (zumindest für die Teststrecke 1) wahrnehme.

2.) Gaukelt mir die potenziell größere mögliche Auslenkung des Redshift Vorbaus mehr Bewegung bzw. mehr Nachgiebigkeit und damit mehr Wirksamkeit und Komfort vor? Durchaus möglich. Aber ich glaube derzeit, dass wenn diese größere Auslenkung existiert (die habe ich ja nicht aufgezeichnet und gemessen – rein geometrisch ist sie aber möglich), sie tatsächlich eine reale Auswirkung auf den Komfort hat. Und ihn nicht nur vorgaukelt. Auch bei an der ja jeweils für alle Setups an gleicher Lenkerstelle gemessenen Beschleunigung.

3.) Kann es an einer unterschiedlichen Federungscharakteristik liegen, die sich aus unterschiedlichen Kinematik der Vorbauten (Eingelenk vs. Parallelogramm) ergibt und sich sowohl in unterschiedlichen Beschleunigung-Reduktionsanteilen in z- und y-Achse wie auch noch prägnanter im Spektrum manifestiert? Federt ein Redshift Vorbau also anders als ein Vecnum-Vorbau und sieht man das vielleicht gar nicht so im RMS und im ABS-Wert des Zeitsignals sondern in der Verteilung des Frequenzspektrums? Ich glaube, ich habe dafür einige Hinweise gefunden. Dazu schauen wir uns die einzelnen Testläufe mal hinsichtlich des Zeitsignals und des Spektrums an.

Zeitsignal- und Spektra-Übersicht für Teststrecke 1, Schwarzbach

In der zuvor gezeigten Übersichtstabelle haben wir die über die Anzahl der Testläufe (5 für die gefederten Vorbauten, 3 für den starren Vorbau und die Federgabel) gemittelten Vergleichs-Parameter gesehen. Die folgende Abbildung gibt (anhand jeweils dreier Testläufe) einen Einblick in das Aussehen und die Verteilung des Zeitsignals. Der Parameter RMS ist dabei schon die wesentliche Kenngröße, die sich aus dem Bild ergibt, dass im folgenden gezeigt wird. Wohingegen der Parameter ABS als maximale absolute Beschleunigung vielleicht ein einzelner hoher Ausschlag allein auf weiter Flur oder nur der höchste Ausschlag unter ganz vielen weiteren hohen Ausschlägen sein kann. Das zeigt das folgende Tableau der Zeitsignale:

Gegenüberstellung der Zeitsignale für jeweils 3 Testläufe aller Test-Setups für die Teststrecke 1, Schwarzbach
Gegenüberstellung der Zeitsignale für jeweils 3 Testläufe aller Test-Setups für die Teststrecke 1, Schwarzbach

Viel interessanter sind für mich jedoch die eigentlichen Frequenzspektren der Testläufe. Auch hier zeigt das folgende Tableau wieder jeweils 3 Spektren pro Setup. Der Übersichtlichkeit halber habe ich hier jedoch das Setup für die harte Einstellung des Vecnum-Vorbau weg gelassen. Dies schaut ganz ähnlich wie die Spektren für die weiche Einstellung aus, nur mit eher höheren Anteilen.

Gegenüberstellung der Spektren für jeweils 3 Testläufe der Test-Setups Redshift, Vecnum cw0, rigid stem / starrer Vorbau und Federgabel für die Teststrecke 1, Schwarzbach
Gegenüberstellung der Spektren für jeweils 3 Testläufe der Test-Setups Redshift, Vecnum cw0, rigid stem / starrer Vorbau und Federgabel für die Teststrecke 1, Schwarzbach

Und hier wird es tatsächlich interessant, wie ich finde.

Schauen wir zuerst auf die Unterschiede zwischen Redshift Vorbau (ganz links) und dem Vecnum Vorbau in der weichsten Einstellung (zweite Spalte).
Beim Redshift Vorbau sehen wir: Die Spitzen-Beschleunigungswerte sind im Bereich 29 Hz etwas höher, aber es gibt eine scheinbar deutliche Dämpfungswirkung im Bereich zwischen 10 bis 25 Hz im Vergleich zum Vecnum Vorbau. Beim Vecnum freeQENCE finden sich dort durchgehend Werte an die 0,1 g oder sogar darüber, wohingegen der Redshift Shockstop Stem dort 0,1 g seltenst erreicht und bei 2 von 3 Läufen sogar deutlich unter 0,1 g bleibt.

Wo die gefederten Vorbauten eine deutliche Dämpfung im Bereich von 0 bis rund 27 Hz zeigen, weist der starre Vorbau im Band von 12 – 29 Hz durchgehend hohe Beschleunigungen auf. Die aber in der Größenordnung absolut vergleichbar mit den Spitzenwerten der beiden gefederten Vorbauten liegen. Nur bei diesen kommen diese Spitzenwerte nur um die 29 Hz vor.

Schließlich zeigt das Spektrum der Rockshox SID Federgabel den gefederten Vorbauten, wo „der Hammer hängt“. Deutliche Absenkung aller Beschleunigungswerte über das komplette Spektrum hinweg. Kaum ein Wert über 0,1 g und ein „Berg“ bei rund 29 Hz ist auch nicht zu sehen. Im Gegenteil, die Beschleunigungswerte nehmen mit zunehmender Frequenz eher ab.

Wie schon im vorhergehenden Abschnitt bei Überraschung Nr. 2 angeführt, hätte ich das überhaupt nicht erwartet bzw. fast eher das Gegenteil: dass hohe Frequenzen und die bewusst nicht super-rauh gewählte Teststrecke besser durch Elastomer-gefederte Vorbauten bewältigt werden können. Denn bei einer luftgefederten Teleskopfedergabel müssen zunächst einmal Losbrechmomente der entsprechenden Dichtringe überwunden werden, bevor sie Stöße absorbieren kann.

Interessant, dass bei den Vibrationen, die am Lenker ankommen, diese Vorbauten dann auch bzw. gerade in den höheren Frequenzen ihr Nachsehen haben. Vielleicht / wahrscheinlich liegt es aber weniger an der Stiction der luftgefederten Federgabel, sondern eher an selbst für diese nicht zu rau gewählten Strecken einfach deutlich wirksamerer Federung insgesamt, die sich die Federgabel auf die Habenseite schreiben kann.

Kann nun dieser leichte Unterschied im Frequenzbereich von 5 bis 25 Hz zwischen Redshift Shockstop Stem und Vecnum freeQENCE zum für mich gefühlten Unterschied zwischen beiden Vorbauten – trotz besserer RMS und ABS-Werte für Vecnum) beitragen? Ich kann es echt nicht sagen. Vermutlich wird es eine Kombination aus allen 3 im Vorgänger-Abschnitt angeführten Gründen sein.

Ergebnisse Teststrecke 2, Rasengitter

Schauen wir uns nun in gleicher Weise die Ergebnisse für die Teststrecke 2, die Rasengitter-Steine Abfahrt an. Diese ist in Teilen auch irregulär (gegen Ende eine feste Schotterfläche, in der Mitte eine Absenkung, aber auch eine kleine Schotterauflage), insgesamt aber mit einem eher regulären Erschütterungsmuster durch die „Zellen“ der Rasengittersteine unterlegt. Für diese Auswertung habe ich mich gar nicht mehr mit der harten Einstellung (cw12) des Vecnum-Vorbaus befasst, da mir ja die weichstmögliche Einstellung gerade weich genug ist.

Ergebnisübersicht für Teststrecke 2. Links Beschleunigungs-Metriken in m/s², rechts relative Abminderung zum jeweiligen Wert für den starren Vorbau
Ergebnisübersicht für Teststrecke 2. Links Beschleunigungs-Metriken in m/s², rechts relative Abminderung zum jeweiligen Wert für den starren Vorbau

Wir sehen, dass alle Beschleunigungs-Metriken höher als für Teststrecke 1 ausfallen. Zum Teil liegt das an den Rasengittersteinen, die für eine hohe, aber relativ reguläre Grund-Vibration sorgen und zum Teil an der höheren Geschwindigkeit auf dieser Teststrecke. Teststrecke 1 wurde mit rund 21 km/h befahren. Hier in dieser Teststrecke 2 erreiche ich aus dem Stand nach etwa einem Drittel der Strecke 27 – 28 km/h und halte das in etwa bis zum Ende.

Das führt zu maximalen „mean RMS combined“ von 27,74 m/s² für den starren Vorbau. Für Teststrecke 1 waren es für den selben Vorbau nur 21,52 m/s².

Was hier auffällt: nur bei den maximalen Absolut-Beschleunigungen („mean ABS“) ist der starre Vorbau am schlechtesten (zeigt also die höchsten Werte). Für die eher die „Gesamt-Energie“ beschreibenden „Mean RMS“ Werte liegen Redshift, Vecnum und starrer Vorbau sehr eng beieinander. Die hohen Vertikalwerte („Mean RMS z“) werden tatsächlich von Redshift und Vecnum leicht abgemindert. Sie sind um 6 (Redshift) bzw. 4 % (Vecnum) gegenüber dem starren Vorbau reduziert. Interessanterweise zeigen beide gefederten Vorbauten in der Fahrtrichtungskomponente etwas höhere „mean RMS y“. Jeweils um 10 %. Was in der Resultierenden Beschleunigung („Mean RMS combined“) quasi wieder zum Gleichstand mit dem starren Vorbau führt (1 % Verbesserung bzw. 1 % Verschlechterung).

Wie man an meinem Subjektiven Eindruck (letzte Zeile in der obigen Tabelle) sieht, bewerte ich für Teststrecke 2 aber beide gefederten Vorbauten als tatsächlich sehr effektiv (++) und das auch in gleichem Maße. Auch hier erschien mir der Redshift Stem etwas besser, aber der Unterschied war mir zu klein, als dass ich dem Vecnum Vorbau weniger als ebenfalls 2 „+“ geben wollte. Anscheinend reicht hier der geringe Unterschied in den z-Werten der Absoluten Beschleunigungsspitzen und dem RMS schon aus, um ein deutlich angenehmeres Fahrgefühl im Lenker zu erzeugen? Das beleuchten wir im Anschluss auch wieder durch einen Blick auf die Zeitsignale und Spektren.

Zuvor stellen wir aber auch für diese Teststrecke wieder fest: Die Federgabel bzw. das MTB mit Federgabel gewinnt auch diesen Vergleich mit Leichtigkeit. Auch hier – mehr noch wie für Teststrecke 1 – hätte ich erwartet, dass durch die uniforme und hochfrequente Art der Rauheit und die vergleichsweise geringen Höhenunterschiede zwischen den Betonstegen der Rasengittersteine und den abgesackten Erd-Füllungen dazwischen eine Federgabel gar nicht so viel mehr als ein gefederter Vorbau bewirken würde. Aber – wie wir sehen: Für alle Parameter bis auf „Mean Abs y“ werden deutlich die geringsten (und damit besten) Werte erzielt. Beim „mean RMS combined“ sind es 27 % Abminderung im Vergleich zum starren Vorbau. Für „Mean Max FFTz und y“ sind es sogar 36 und 39 %. Hier für Teststrecke 2 und die Rasengittersteine kann ich mir aber durchaus vorstellen, das selbst der nur geringe Unterschied im Abrollumfang von einem 34 mm (bzw. 36 mm WAM) zu einem 55 mm Reifen beim Überrollen der Rasengittersteine einen entsprechenden Anteil am guten Ergebnis hat.

Schauen wir uns nun die Zeitsignale und Spektren an.

Zeitsignal- und Spektra-Übersicht für Teststrecke 2, Rasengitter

Auch hier zeige ich zunächst das Tableau der Zeitsignale der einzelnen Testläufe:

Gegenüberstellung der Zeitsignale für jeweils 3 Testläufe aller Test-Setups für die Teststrecke 2, Rasengitter
Gegenüberstellung der Zeitsignale für jeweils 3 Testläufe aller Test-Setups für die Teststrecke 2, Rasengitter

Und hier folgt die Übersicht über die Spektren:

Gegenüberstellung der Spektren für jeweils 3 Testläufe aller Test-Setups für die Teststrecke 2, Rasengitter
Gegenüberstellung der Spektren für jeweils 3 Testläufe aller Test-Setups für die Teststrecke 2, Rasengitter

Die Rasengittersteine-Teststrecke ist trotz eines etwas rauerem Mittelstücks (Versätze, Kiesüberdeckung) eher uniform und hat damit eher als andere Teststrecken das Potenzial, im Spektrum einen besonders deutlichen Peak zu zeigen. Dem ist teilweise auch so.
Aber wie auch bei der Singletrail-Teststrecke (Schwarzbach) scheint, zumindest für meine Art der Messwertaufnahme und -auswertung) der Scheitelbereich um die 29 bis 32 Hz zu liegen. Doch in der Tat, dieser Scheitelbereich ist hier ausgeprägter als bei Teststrecke 1.

Die Redshift Shockstop Stem Ergebnisse zeigen im Spektrum einen deutlich reduzierteren Peakbereich gegenüber dem Vecnum und auch dem starren Vorbau. Interessanterweise ist aber der Anteil der hohen Frequenzen > rund 32 Hz ganz anders als beim Vecnum und beim starren Vorbau (und auch bei der Federgabel) ausgeprägt. Da sinken die Beschleunigungswerte schön graduell von rund 0,2 auf unter 0,05 g ab. Soweit, so schön. Nur – in diesem Bereich zeigen sowohl Vecnum wie auch starrer Vorbau sofort auf rund 0,05 bis 0,075 g (beim starren Vorbau teils auch bis 1.0 g erreichend) fallende Werte.

Sprich: erzeugt der Shockstop Stem durch Nachschwingen etwas höhere Beschleunigungswerte (zumindest im entsprechenden Frequenzbereich) quasi selbst? Zu Erinnerung: Sowohl Redshift Shockstop Stem wie auch Vecnum freeQENCE sind reine Elastomer-„Federungen“ ohne Dämpfung (bzw. nur mit der inherenten Materialeigenschaft dämpfend). Einmal eingefedert, möchten sie auch fast die selbe Energie (minus Wärme-Umwandlung, minus dessen, was durch die Fahrer:in aufgenommen und absorbiert wurde) direkt wieder durch das Rückfedern abgeben. Bei einer klassischen Federgabel sorgen Öl und entsprechend eingestellte Ventile dafür, dass sich die Gabel nicht aufschwingt, sondern gedämpft wird. Sieht man einen solchen Effekt bei dieser Teststrecke hier beim Redshift Shockstop Stem?

Ich kann es nicht genau sagen. Nur meine Vermutung äußern. Aber: ist das notwendigerweise eine schlechte Sache? Zwei Antworten. Die erste Antwort: Generell natürlich! Denn ein solches Verhalten ist genau der Grund, warum eine Federung mit noch größerem Federweg als solche Vorbauten wie Vecnum und Redshift Sports etc. eine sehr schlechte Idee wäre. Bzw. warum klassische Federungen nicht nur ein Feder- sondern unbedingt auch ein Dämpfungselement aufweisen. Bei Federwegen bis ungefähr so 3 cm kommt man für die meisten Einsatzfälle noch ohne aus und kann sich konstruktiven Aufwand, wie auch Gewicht sparen. Das ist auch der Grund, warum eine Lauf-Federgabel mit ihren Glasfiber-Federstreben ebenfalls auf diese Größenordnung beschränkt ist (und frühere Versuche mit 60 mm Federweg keinen Markt gefunden haben – ein Mehr an Federweg an dieser Stelle kann bei diesem Prinzip tatsächlich katastrophale Folgen durch die fehlende Rebound-Dämpfung haben).

Die zweite Antwort: hier in diesem Fall: scheinbar ganz und gar nicht. Denn der Komforteindruck war hier für den Shockstom Stem grandios! Vielleicht hat dieses Verhalten in dem Falle dazu beigetragen? Oder es war doch er die Reduktion der effektiven Beschleunigung in den Spitzenbereichen um 29 Hz? Das kann ich absolut nicht sagen.

Dennoch – für mich (und hoffentlich für euch ebenso – sind diese augenfälligen Unterschiede in den Frequenzverläufen und Beschleunigungen der unterschiedlichen Vorbauten und Federungssystme super interessant.

Summa Summarum braucht man aber auch bei dieser Teststrecke nur ganz nach rechts zu schauen, um zu sehen, was wirklich in Sachen Vibrationsreduktion möglich ist. Die Federgabel, bzw. hier natürlich das Gesamtsystem aus 2.20″ 29er Reifen und Federgabel, schlägt alle anderen Test-Setups in jeder einzelnen Metrik. Absolutwerte, RMS und auch die anteiligen Beschleunigungswerte über das gesamte Spektrum hinweg liegen signifikant unter allen anderen Setups.

Fazit

Das war einiges an Information, welches in diesem Artikel steckt. Sowohl an Grundlagen, wie auch an Detail-Auswertungen und aus ergänzenden Erläuterungen und Zusammenhängen, die ich euch an jeweils passender Stelle bereitgestellt habe. Sei es zum Thema vergleichbaren Reifenluftdrücken und der maßgebenden Casing Tension eines Reifens bis hin zu Stärken und Grenzen der Wirksamkeit von gefederten Vorbauten. Am Ende habe ich euch dann die Messergebnisse für meine zwei ausgewählten Teststrecken präsentiert und die Ergebnisse diskutiert. Bei einigen Parametern bzw. besonders den Frequenzgängen finde ich die Ergebnisse hochinteressant – kann allerdings noch keinen kausalen Zusammenhang zwischen z.B. den unterschiedlichen Frequenzgängen und dem unterschiedlichen Komforteindruck der beiden gefederten Vorbauten ableiten. Was ich meine, ablesen zu können, habe ich erläutert. Hier dürft ihr gerne in den Kommentaren Eure Anmerkungen hinterlassen. Am deutlichsten sieht man natürlich Unterschiede zur Federgabel – da wird sowohl an den Schlüsselmetriken zur Beschleunigung wie auch anhand der Frequenzgänge deutlich, wie groß hier der Unterschied zwischen einfach nur einem gefederten Vorbau und einer wirklichen Federgabel ist. Mit dem Vorbehalt, dass die Federgabel an einem separaten Rad getestet wurde.

Hier zeige ich euch die Messergebnisse beider Teststrecken in einer übergreifenden Gesamt-Ergebnis-Tabelle. In dieser sind im linken Block die tatsächlich gemessenen Beschleunigungs-Parameter für die einzelnen Test-Setups (Redshift Sports Shockstop Stem, Vecnum freeQENCE in weichstmöglicher (cw0) und harter (cw12 – nur für Teststrecke 1) Einstellung, starrer Vorbau und die Rockshox SID SL Ultimate Federgabel) aufgeführt. Und im rechten Block finden sich die auf die Ergebnisse des starren Vorbau bezogenen Abminderungen (grün, positive Prozentwerte) oder auch Steigerungen (rot, negative Prozentwerte).

Meine subjektiven Eindrücke zum Komfort habe ich jeweils pro Teststrecke zwischen (+) und (+++) bzw. neutral (keinen wirklichen Unterschied im Vergleich zum Fahren mit starrem Vorbau erspürt) angegeben.

Gesamtergebnis-Übersicht aller Messungen und subjektiven Eindrücke. Links Beschleunigungs-Metriken in m/s², rechts relative Abminderung zum jeweiligen Wert für den starren Vorbau
Gesamtergebnis-Übersicht aller Messungen und subjektiven Eindrücke. Links Beschleunigungs-Metriken in m/s², rechts relative Abminderung zum jeweiligen Wert für den starren Vorbau

Diese Zahlen und Eindrücke habe ich zuvor schon in den vorangegangenen Abschnitten besprochen.

Als noch nicht gezeigte Erweiterung findet sich in der obenstehenden Tabelle auch ein Abschnitt „Teststrecken-unabhängige Bewertung“. Hier habe ich zusammengefasst, was schon durch den gesamten Artikel hinweg erläutert und an verschiednen Stellen angesprochen wurde. Bewusst habe ich jeweils „Meinung“ bzw. „Subjektiver Eindruck“ vorangestellt. Denn ich habe ja keine Fahrsicherheitstests oder Grip-Testläufe oder ähnliches durchgeführt. Dennoch möchte ich aufzeigen, wo Chancen und Grenzen von gefederten Vorbauten liegen.

Z.B. beim Thema Fahrsicherheit. Ich finde, da können gefederte Vorbauten durchaus helfen. Nicht beim Thema Kurvengrip bzw. bei der Fähigkeit, das Vorderrad wirklich weitestgehend allen Bodenunebenheiten folgen zu lassen. Nicht bei „Oh Shit“-Momenten, wo man ein Loch, eine Stufe oder einen Stein übersehen, falsch eingeschätzt oder seine Linienwahl vergeigt hat und einem eine wirkliche Frontfederung in Form einer Federgabel den Hintern rettet, während man ohne Federgabel abgeflogen wäre. Oder zumindest einen gehörigen Adrenalinschub erfahren hätte. Auch nicht, wenn im Grenzbereich auf losem Untergrund in einer Kurve (vielleicht stellt sich auch erst beim Überfahren heraus, dass da der Boden lose und rollig und nicht fest wie sonst überall ist) ohne Federung das Vorderrad auswäscht oder mit Federung gerade noch so Grip hat. Das nicht. Diese gerade angeführten Beispiele (die eigentlich rein für Off-Road Strecken zutreffen), die meine ich mit der Zeile „Verbessert Fahrsicherheit und Grip“. Da sind gefederte Vorbauten absolut nicht besser als ein ganz normaler Vorbau. Deswegen steht da überall „neutral“. Bis auf die Federgabel, die da das Mittel der Wahl ist.

Aber starke, plötzliche und vor allen Dingen unerwartete Stöße am Lenker abzumildern – das kann auch ein wesentlicher Fahrsicherheitsfaktor sein. Gerade wenn die Stöße unerwartet kommen (harte Kante im Schatten, Schlagloch im Dunklen in einer Kurve etc.). Ein gefederter Vorbau kann hier den Unterschied zwischen Lenker verreissen und einem gefährlichen Schlenker oder gar dem Abrutschen vom Lenker (je nach Heftigkeit des Schlaglochs – Hallo Balkan, hallo nächtliche Fahrten über riskante Straßen) bedeuten. Deswegen bin ich der Meinung, dass sowohl der Redshift wie auch der Vecnum Vorbau (beide in für mich ausreichend weicher Einstellung gefahren) eine leichte Verbesserung der Fahrsicherheit sowohl für Asphalt wie auch Off-road-Strecken darstellen.

Dann ist ein Aspekt auch immer die unerwünschte Nachgiebigkeit. Komfort auf der einen Seite erfordert eine gewisse Nachgiebigkeit und Beweglichkeit des gefederten Bauteils (entweder nur des Lenkers oder des kompletten Rades bzw. seiner vorderen Hälfte). Wo sich rein gar nichts rührt kann auch kein Komfort entstehen. Heisst im Umkehrschluss – wenn ich wirklich von meiner Seite aus „kräftig am Horn ziehe“, d.h. einen Sprint ansetze oder in den Wiegetritt gehe, dann merke ich natürlich Bewegung im Lenker. Wie ist diese Beschaffen? Stört sie mich? Ist sie vertretbar? Das ist natürlich viel individuelle Präferenz dahinter. Ich komme da mit einigem an Bewegung des Lenkers klar bzw. weiss ja, welchen Trade-Off ich eingehe und dass ich diesen auch eingehen muss – denn sonst kann ich mir für die restlichen Fahrsituationen die Federung bzw. den gefederten Vorbau sparen.

Das versuche ich, in der Zeile „Gefühl im Wiegetritt“ zu transportieren. In der Tat ist es da so, dass ich den Redshift Shockstop Stem in der von mir gefahrenen Elastomer-Kombination 60+70 als super angenehm im Komfort empfinde, er dafür aber auch bei Krafteinwirkung durch mich in den Lenker spürbar arbeitet. Deswegen erhält er da ein (-) von mir. Hier würde ich mir eine Fein-Tuning-Möglichkeit (wie beim Vecnum-Vorbau per Schraube) wünschen. Bzw. eine noch feinere Elastomer-Element-Abstufung. Mein Favorit wäre ein Zwischenbereich zwischen den 60+70 (Anhaltspunkt Fahrer:in-Gewicht 61-70 kg für Rennlenker) und der nächstmöglichen Stufe 50+80 Elementen (Anhaltspunkt Fahrer:in-Gewicht 70-84 kg für Rennlenker). In der Stufe 50+80 (die ich nicht in die Testläufe inkludiert habe) ist der Eindruck tadellos, d.h. „neutral“ und damit für mich kein gegenüber dem starren Vorbau nachteilige Empfindung. Aber da ist mir der Shockstop Stem dann auch nicht so komfortabel in anderen Fahrsituationen.

Das trifft auch auf den Vecnum freeQENCE Vorbau zu. Diesem attestiere ich, dass er sehr gut wirkt und das bei absolut minimalster negativer Auswirkung auf unerwünschte Bewegungen oder einem nachteiligen Gefühl bei Sprints oder im Wiegetritt. Deswegen vergebe ich für diesen ein „neutral“. Ich wünschte mir allerdings, dass ich ihn noch etwas weicher und mehr in den Komfort-Eindruck hin einstellen könnte, wie ich ihn mit dem Redshift Sports Shockstop Stem mit den 60+70 Elementen erspüre.

Bei der Federgabel, gerade weil ich sie auch eher weich eingestellt habe, bewegt sich natürlich entsprechend dem verfügbarem Federweg einiges. Deswegen steht dort in der Zeile „–„. Aber – dafür gibt es ja den Lockout. Den habe ich bewusst an der Gabelkrone vorgesehen (weil ich das ganze Kabelgedöns an normalen Mountainbikes hasse: Gewicht, Aero, Aussehen, Hindernis für Taschenanbringung und weil ich ihn seltenst brauche). Deswegen keinen Remote-Lockout, der das natürlich noch viel schneller und einfacher erledigen kann. Mit gelockter Gabel kehr sich das „–“ in ein „neutral“ um. Best of both Worlds, sozusagen. Bzw. noch besser wäre es, wenn es die Gabel (oder der Vorbau) selbst mitbekommen würde, wann sie aktiv (und damit gewünscht komfortabel) und wann nahezu bzw. voll geschlossen sein sollte. Gibt es schon, realisiert auf unterschiedliche Arten (Specialized Brain, Rockshox Flight Attendant, Fox Live Valve, SR Suntour) und mit unterschiedlichem Erfolg und Vor- und Nachteilen. Hier nicht das Thema. Zum Blockieren allerdings noch: es gibt in der Tat auch einen gefederten Vorbau, der das auch kann: der Cane Creek eeSilk. Hier nicht mitgetestet, ist er ebenfalls ein Eingelenker wie der Redshift Shockstop Stem, verspricht ähnliche 20 mm Federweg, aber hat an der Oberseite einen kleinen Hebel, der zwischen „fest“ und „beweglich“ umschalten soll. Das muss man aber wie bei einer Federgabel aktiv durchführen. Da bevorzuge ich doch einen Vorbau und eine Einstellung, die gleichzeitig Komfort wie auch nicht übermäßige Lenkerbewegung in Situationen wie Wiegetritt individuell verträglich übereinbringt.

Was ich zuvor schon in den Eindrücken zum Wiegetritt mit schilderte, habe ich versucht, in der Zeile „Vorbaubewegung“ zu separieren. Es gibt ja nicht nur den Wiegeetritt, sondern ständig verlagert man sein Gewicht bzw. zieht am Lenker. Über eine Kuppe hinweg, durch eine Kompression, in eine Kurve hinein usw. Stört da eine eher unerwünschte Bewegung im Lenker? Das soll mit dieser Zeile ausgedrückt werden. Hier gilt für Redshift und Vecnum das gleiche wie schon zuvor zum Wiegetritt gesagt. Der Redshift Vorbau ist am komfortabelsten, erkauft das aber mit leicht negativen Einflüssen. Nicht schlimm, nur sehr wenig und in normalen Fahrsituationen fast gar nicht – und damit für mich voll verschmerzbar. Vor allem, weil ich weiss, was ich dafür an Komfortgewinn bekomme.

Der Vecnum freeQENCE Vorbau macht das besser. Einerseits aufgrund seines Bauprinzips. Andererseits auch, weil ich ihn einfach nicht so weich einstellen kann, wie ich vielleicht gerne noch möchte. Das (++) für die harte Einstellung des Vecnum (cw12 – d.h. die Einstellschraube 12 Umdrehungen vom weichsten Anschlag aus im Uhrzeigersinn eingestellt) kommt hingegen nur daher, weil da praktisch keine oder nur kaum eine Wirkung bzw. Komfortsteigerung bei mir ankommt. Im Grunde verhält er sich in dieser Einstellung wie ein starrer Vorbau für mich. Von daher ist es kein Wunder, dass ich ihm genau die gleich gute Wertung wie der Referenz, dem starren Vorbau gebe.

Der Federgabel attestiere ich hier ein „neutral“ und meine in diesem Zusammenhang: Ja, natürlich spüre ich bei entsprechender Krafteinwirkung das Arbeiten der Gabel und damit das Bewegen der gesamten Front des Rades. Aber das ist vollkommen erwartet, fühlt sich ok, d.h. neutral, und ohne nachteilige Auswirkungen auf den Lenker an. Ich habe beim Pedalieren weder in der Ebene noch Abfahrten oder Anstiegen, auch wenn ich über Asphalt fahre, nie das Bedürfnis, meine Federgabel zu verriegeln. Nicht einmal ansatzweise.

Welcher Vorbau bzw. welches System für wen?

So – was heisst das alles nun? Welcher Vorbau, welches System ist mein Favorit (sollte das noch nicht durch den ganzen Artikel deutlich geworden sein) und welcher Vorbau eignet sich für welche Fahrer:in bzw. welchen Einsatzzweck?

Ich habe versucht, das wie folgt zusammenzufassen:

Ihr solltet den Vecnum freeQENCE eher ins Auge fassen, wenn...

  • Flatbars bzw. Alternative Bars mit großem Backsweep eingesetzt werden sollen (Jones Bar, Cinelli Double Trouble, SQlab 302 Comfort o.ä.).
  • ihr in unterschiedlichen Griffpositionen an Lenkern, die dies erlauben (Rennlenker) immer den gleichen „Federweg“ spüren wollt bzw. braucht.
  • ihr nicht wesentlich leichter als 70 kg seid (eingeschränkter Einstellbereich für leichte Fahrer:Innen)
  • ihr von jederzeit unterwegs einstellbarer Federhärte bzw. Komforteindruck profitieren wollt.
  • ihr sehr avers gegenüber jedweder unerwünschter Lenkerbewegung seid und diese bei trotzdem vorhandener Vibrationsreduktion minimieren wollt.
  • in den 3 angebotenen Längen und dem 3° Rise eine passende Auswahl findet.
  • ihr den Look des freeQENCE mögt bzw. als besonders gut zu eurem Rad passend findet.

Ihr solltet den Redshift Sports Shockstop Stem eher ins Auge fassen, wenn…

  • ihr nur normale Flatbars bzw. Rennlenker / Gravellenker fahren wollt.
  • ihr davon profitieren wollt, dass ein Lenker, der unterschiedliche Griffpositionen erlaubt, sich in weiter vorn befindlichen Positionen automatisch komfortabler anfühlt bzw. einen größeren Federweg bietet. Beispiel Rennlenker: auf den Tops bzw. beim ruhigen Klettern braucht man kaum/keine Federung, beim schnellen Fahren oder gar abfahren in den Hoods und Drops braucht und will man mehr Federung / Komfort.
  • ihr leichter als 70 kg seid (den Shockstop Stem kann man deutlich weicher einstellen als den freeQENCE).
  • ihr eingeschränkten Klemmbereich an euren Lenker habt und neben Radcomputer-Halter noch andere Dinge (Licht, Aerobars, …) direkt neben dem Vorbau montieren wollt.
  • ihr für euer Rad / euren Bikefit ggfs. einen negativen oder besonders großen positiven Vorbauwinkel benötigt (in +/- 6° und + 30° erhältlich) oder noch kürzer als 90 mm langen Vorbau (auch in 80 mm erhältlich) benötigt.
  • eurer Rad einen Oversized 1-1/4 inch (31.8mm) Gabelschaft hat (neben 1-1/8 auch 1-1/4 Gabelklemmung erhältlich)
  • ihr jedes Gramm herauskitzeln wollt und der Shockstop Stem Pro (mit Titan-Bauteilen) für euch in Frage kommt.
  • ihr den deutlich konventionelleren Look des Shockstop Stem mögt bzw. als besser zu eurem Rad passend findet.

Ihr solltet direkt zu einer Federgabel greifen, wenn…

  • nicht nur eure Hände/Handgelenke sondern das ganze Rad (zumindest vom Vorderrad ausgehend) gefedert und gedämpft werden soll.
  • nicht nur der Komfort, sondern auch der Grip und die Fahrsicherheit auf off-road Strecken erhöht werden soll.
  • auch die Reifen spürbar entlastet werden sollen / ihr mehr Spielraum bei der Einstellung des Drucks für die Untergrundbedingungen haben wollt, ohne Durchschläge zu befürchten – ihr also gleichzeitig niedrigere Drücke für mehr Grip fahren könnt, ohne Durchschläge oder andere Schäden übermäßig zu erwarten oder im Gegenteil vorsorglich höhere Drücke zur Vermeidung solcher Schäden und/oder einem besseren Kurvengefühl fahren wollt und trotzdem Komfort und Fahrsicherheit haben möchtet.
  • wenn der Untergrund so rau ist, dass sowieso direkt ein vollgefedertes Rad das richtige Rad für den Einsatz ist.
  • wenn es auf größtmögliche Reduktion der Erschütterungen ankommt.

Was ist meine persönliche Wahl?

Wenn es das Rad und der Einsatz sowohl hergibt wie auch erfordert, dann geht für mich nichts über den „Real Deal“. Eine wirkliche Federung „des Fahrwerks“ bzw. von Vorderrad (hier im Kontext des Artikels und bei Hardtails) oder gleich von Vorder- und Hinterrad, d.h. die Verwendung eines vollgefederten Rades. Nur so kann sowohl Komfort wie auch Traktion, Grip und gewünschtes Fahrverhalten optimal in Kombination aus Reifenwahl, Reifendruck und Federungseinstellung eingestellt werden. Klar gibt es auch da immer noch Wünsche, die beim derzeitigen Stand der Technik offen bleiben müssen. Aber – wenn es sich um Off-Road Einsätze handelt (und auch das ja eigentlich den Übergangsbereich zwischen Straße und Off-Road so ideal und agil bespielende Gravelbike wird heutzutage mehr und mehr für reines Off-Road benutzt) dann ist das meine Ausstattung der Wahl. Das Rad dazu kennt ihr ja. Mein Dropbar Exceed mit der Rockshox SID SL Ultimate.

Für reinen Straßeneinsatz bzw. das gelegentliche „Graveln“ bzw. besonders für die Langstrecke, wo alle möglichen Untergründe irgendwann mal vorkommen – vom superschlechten Asphalt bis zur gewollten oder ungewollten „Abkürzung“ über Feld- und Waldwege – da spielen gefederte Vorbauten ihre volle Stärke aus. Hier wären klassische Federgabeln aufgrund des Mehrgewichts, der erforderlichen Geometrie- und Rahmenanpassung sowie des aerodynamischen Nachteils gänzlich Fehl am Platze. Während ich für ein Eintages-Event nicht unbedingt einen gefederten Vorbau benötige (er aber durchaus auch Vorteile böte) so sind es definitiv Mehrtages-Veranstaltungen wie ein Transcontinental Race, die ich nie ohne einen gefederten Vorbau fahre. Besonders geht es mir dabei auch um den Komfort in meinen Aerobars. Deren Vorteil ist ja auch gerade, dass man den Haltemuskelapparat in ihnen ausruhen kann. Optimal ist das, wenn man sich quasi auf dem Skelett abstützt. D.h. die Armschalen richtig und effektiv weit genug hinten für möglichst senkrechte Oberarme sitzen. Das bedeutet aber: Schläge in den Lenker gehen direkt auch in die Schulter und in den Nacken. Gerade hier helfen gute Armschalen-Polster; mehr aber noch ein gefederter Vorbau!

Hierfür leistet mir mein Redshift Sports Shockstop Stem schon seit Jahren sehr gute Dienste. Sehe ich Erfordernis, ihn jetzt durch den Vecnum freeQENCE Vorbau auszutauschen? Nein. Würde ich den Vecnum freeQENCE Vorbau neu kaufen, wenn ich noch keinen anderen gefederten Vorbau hätte? Hmm – einerseits durchaus. Andererseits tickt für meinen Einsatzfall der Redshift Vorbau mehr Boxen als der Vecnum. Ich möchte den negativen 6° Rise des Redshift. Ich möchte den eher klassischen Look des Redshift für mein Titanrad. Ich möchte die zwar nur geringe, aber gerade für die Aerobar-Montage entscheidende, bessere Freiheit um die Lenkerklemmung.

Am Vecnum Vorbau gefällt mir am meisten die jederzeit per Schraube einstellbare Härte bzw. Weichheit. Einfach das Multitool zücken, den kleinen Inbus-Schlüssel an die Seite des Vorbaus einsetzen und drehen. Stufenlos und schnell ist der Vorbau angepasst.

Das könnte auch gerade für lange Touren oder Rennen ideal sein: Ihr seid Anfangs noch frisch und voller Energie? Sprintet aus jeder Ecke, erstürmt die Hügel? Der Vorbau ist eher hart eingestellt. Nach einem langen Tag oder nach 5 Tagen Bikepacking denkt ihr euch: „Sch… auf etwas Bewegung im Vorbau – ich brauche Komfort über alles! Jede Asphaltrille bringt mich um den Verstand; lässt die Schläfen pochen.“ Oder unerwartet kommt ihr in eine Region, wo die Straßen einfach nur super schlecht sind. Einfach ein paar Umdrehungen an der Schraube und schon passt alles. Das könnte eine feine Sache sein.
Setzt allerdings voraus, dass die Grundeinstellung der Elastomerelemente mit eurem Körpergewicht und euren Präferenzen harmoniert. Bei mir (wie gesagt, 67 kg) tut sie das nicht. Ich könnte das gerade Beschriebene so nicht durchführen. Weil ich den Vecnum freeQENCE eh schon am unteren Anschlag, d.h. der weichsten Einstellung fahre und in keinster Weise das Bedürfnis verspürte, ihn härter einzustellen. D.h. – ich könnte ihn nach einem langen Tag oder nach 5 Tagen Bikepacking nicht noch leichter stellen. Das wäre nur möglich, wenn Vecnum die Elastomere noch weicher abstimmt bzw. vielleicht zwei Versionen ihres Vorbaus anbietet. Eine für Personen von 40 bis 90 kg (bzw. Personen mit äquivalenter Komforteindruck-Vorliebe) und eine für Personen / Vorlieben von 70-120 kg.

An meinem Canyon Exceed sähe das schon etwas anders aus. Hier würde mir der Look des Vecnum freeQENCE sehr gefallen. Und hier würden auch die 3° Rise sehr willkommen sein. Die Funktion ebenso. Aber: ich fahre dort einen 80 mm Vorbau. Den freeQENCE gibt es in der kürzesten Version nur mit 90 mm. Während ich hier ggfs. noch 1 cm Luft nach vorne in meiner Position hätte, sehe ich das größere Problem in der Kompatibilität der 90 mm Version mit dem Steuerrohr des Exceed. Das wird vermutlich nicht passen. Aber – kein Beinbruch: das Exceed habe ich mir ja gerade deswegen geholt und zum Rennlenker konvertiert, weil ich von den Vorteilen der Federgabel überzeugt war und sich das auch so bestätigt hat. Ich sehe derzeit überhaupt gar keinen Grund (außer Basteltrieb und Spaß an der Freude) eine Starrgabel an meinen Exceed zu fahren und damit den Wunsch nach einem gefederten Vorbau aufkommen zu lassen. Ich kenne aber durchaus Leute, die sich mit einem Hardtail-Rahmen ein Monstergravel-Bike aufgebaut haben und es mit Starrgabel fahren. Für die wäre der Vecnum-Stem (sofern er passt) sicher eine gute Option.

So sieht das für mich aus. Wie sieht das für euch aus? Was sind eure Vorlieben? Habt ihr schon mal über einen gefederten Vorbau oder gar direkt dem Einsatz einer Federgabel nachgedacht? Oder vielleicht schon den Umstieg vollzogen?

Schreibt es mir gerne in die Kommentare. Auch wenn ihr Anmerkungen oder Fragen zu den Tests oder den Testergebnissen habt oder beim Betrachten der Ergebnisse bzw. der Beschreibungen der Vorbauten / Testsysteme zu euren eigenen Schlussfolgerungen gekommen seid.

20 Kommentare

  1. Hallo Torsten,

    vielen lieben Dank für den ausführlichen Testbericht.

    Für mich würde wenn überhaupt der Shockstop Stem von Redshift in Frage kommen aus zwei Gründe: Mein Gewicht von 65 kg und die schlichte Optik.

    Sportliche Grüße aus Serbien 🇷🇸 vom Donauradweg.

    _markus_bike_

  2. Hallo Torsten,

    wieder ein fundierter echter TorstenText. In meinem Gelände hier bin ich mit meinem Redshift Vorbau, bzw. dem Futureshock am Diverge gut zufrieden. Gehts dann im Urlaub mal so richtig in die Berge, schaue ich neidisch auf die Federgabel Fahrer:innen.
    …schöne Grüße aus dem flachen & windigen Münsterland, Uli

  3. Hallo Torsten!
    Vielen Dank für den außergewöhnlich fundierten Bericht! Ich habe eine Frage zu einem ganz spezifischen Aspekt: Ich nutze am Rennrad eine Lupine SL Nano die am Lenker montiert ist.
    Ich würde gerne den Redshift-Vorbau verbauen, mache mir aber Sorgen dass das wegen der Schwenkbewegung des Lenkers nicht mit dem Leuchtbild der Lampe (ausgeprägte Hell-Dunkel-Grenze) harmoniert.
    Hast Du dazu Erfahrungen gemacht?

    1. Hallo Jürgen,
      kann deine Sorgen sehr gut nachvollziehen. Eine wackelnde Lampe oder gar ein regelrecht zitternder Lichtkegel vor dem Lenker ist nicht nur irritierend, sondern kann auch regelrecht ermüdend wirken bzw. sogar Schwindel hervorrufen. Das hatte ich nur einmal, als ich wirklich einen sehr schlechten Bastel-Job einer Lampenbefestigung durchgeführt hatte.

      Aber ich kann dich beruhigen: Ich fahre standardmäßig meine Lichter am der Spitze meiner Aerobars die wiederum auf dem per Redshift gefederten Lenker montiert sind. Da bewegt sich der Lichtkegel nicht mehr, als dass er es eh durch allfällige Vibrationen (die ja jetzt eher gedämpft werden) oder Erschütterungen aus dem Untergrund tun würde. Beim normalen Fahren in der Ebene, und wenn der Untergrund glatt ist, bewegt sich da auch nichts.

      1. OK. Das klingt plausibel! Dann werd‘ ich es mal versuchen und den Redshift ordern…
        Danke für die schnelle Antwort!!

      2. …kann ich voll bestätigen. Ich habe den Redshift Vorbau mit der Lupine SL Mono verbaut. Mir ist da ein ein unruhiger Lichtkegel nicht aufgefallen

  4. Respekt und Dank, was Du Da da für einen schon ernstzunehmenden wissenschaftlichen Aufwand getrieben hast, Das kommt ja schon fast einer Doktorarbeit gleich ;-) -Konsequenz- ich werde mir auch einen ShockStop bestellen. Der passt optisch besser zu meinem Genesis CdF.

  5. Hallo Torsten, ich hatte ohnehin vor, mein neues Gravelbike (Pasculli Tomarlo) mit den Redshift-Vorbau (pro-Version) auszustatten bzw. das dann auf Tauglichkeit zu erproben – daher kam dein neuester Artikel gerade recht. Der Ansatz mit echten Messdaten gefällt mir sehr – bin selbst Ingenieur. Wie auch immer, deine Einschätzungen kann ich nach den ersten Fahrten bestätigen. Wenn man keine zu harten Elastomere einsetzt (70/60 bei ca. 75 kg Lebendgewicht), dann werden Rüttelpisten und Kopfsteinpflaster deutlich und sehr angenehm abgemildert. Torsionssteifigkeit ist super, aber die kleinen Nebeneffekte erwähnt sonst nie jemand (außer dir). Bei richtig bösem Kopfstein klappert der Vorbau ein wenig, weil er sich eben doch etwas aufschaukelt, vermutlich in dem Resonanzbereich, den du ja auch festgestellt hast. Ist nicht weiter schlimm, muss man wohl akzeptieren.

    An den Federweg einer richtigen Federgabel kommt der Vorbau in keiner Weise heran, das finde ich ebenfalls ziemlich klar, er nimmt nur die Spitzen weg. Es fühlt sich mit 40 mm Reifen plus Shockstop anders an, als die 60er Reifen am MTB (mit Starrgabel), obwohl der Gesamt-Federweg ähnlich sein sollte. Da muss ich mir noch eine Meinung bilden. Jedenfalls bleibt er dran!

    Mich wundern immer die vielen und ausschließlich jubelnden Kommentare auf der Hersteller-Website – die werden doch nicht…?

    Jedenfalls frohe Weihnachten, und hoffentlich wird das Wetter wieder etwas besser!

    Gruß Dirk

    1. Hallo Dirk,

      vielen Dank für deinen Kommentar.
      Interessant, dass du bei richtig bösem Kopfsteinpflaster ein wenig Klappern hören kannst. Bei meinem war das nie der Fall, egal wie wüst der Schlag ist (wenn es ein singulärer ist – übersehenes Schlagloch – hat man allerdings auch andere Dinge zu tun, hören und spüren). Aber auch nicht bei Dauerrütteln. Der ist bei mir immer voll im gedämpften Bereich – nichts schlägt an.

      Ja… das mit den ausschließlich positiven und jubelnden Kommentaren von Produkten. Sowohl auf Hersteller-Seiten wie auch auf den Insta-Posts von „Ambassadoren“ oder auch vermeintlichen Testern. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. ;-)

      Aber – es ist auch tatsächlich nicht _immer_ böse und auch nicht _immer_ einfach nur nachlässig oder nicht _immer_ weil der oder diejenige einfach einen sehr begrenzten Erfahrungshorizont hat. Manchmal passt das jeweilige Produkt auch einfach auf einen beschränkten Einsatzbereich und bereichert/verbessert die Erfahrung von Jemanden. Und dann kann man ja sagen: Job done.

      Und manches Negative muss auch nicht bei jedem auftreten. Und andererseits habe ich selbst auch manchmal spezielle Anforderungen, aber auch hohe Qualitätsansprüche. Diese widerum sollten wir alle haben – schließlich nimmt sich gerade die Bike-Industrie alle möglichen Ausreden heraus, warum ihre oftmals hohen (und zunehmend ohne jede Basis lächerlich als Boutique-Platzierung gewählten) Preise gerechtfertigt sein sollen. Und hier spreche ich alle Sparten an: vom sinnvollen Zubehör wie einer Lampe über zweifelhaftes Zubehör wie oversized Pulley Wheels bis hin zu Kompletträdern für 15.000 Euro.

      Schließlich – wer wird es einem Hersteller verdenken, dass er Tests nur dann verlinkt und teilt, wenn er rundum positiv dabei weg kommt? Und im Zweifel lieber Bildchen von jemandem postet, der „den Traum aufrecht erhält“ und vielleicht sogar einfach ohne jeden Kommentar das Produkt im Foto zeigt oder nutzt. Ohne Kommentar ist da oft von beiderseitigem Vorteil: der Influencer muss entweder nicht lügen oder er muss sich zumindest nicht mal Gedanken machen und der Hersteller bekommt den Shot. Win-Win.

      Da es für mich pures Hobby und pure Leidenschaft ist, stört mich das nur insofern, als dass es so für mich ein wenig aufwendiger ist, meine Tips und Wünsche herüber zu bringen. Ich freue mich, dass mein Blog und meine Beiträge auf Insta durchaus von dem einen oder anderen in der gesamten Industrie (vom Influencer mit viel größerem Publikum als ich über viel erfolgreichere (Ultra)Racher als ich über Journalisten bis hin zu Brand Managern und Designern) verfolgt werden. Es wäre natürlich noch viel toller, wenn ich meine Erkenntnisse und Vorschläge wie auch Wünsche zu Produktverbesserungen oder Erweiterungen von Produktkategorien mit noch viel größerem Hebel versehen könnte, in dem ich noch mehr Endkunden und Fahrrad-Enthusiasten als jetzt schon erreiche. Im Endeffekt ist es ja auch sehr stark für mich, was ich mache. Denn ich mache es ja nur, weil’s mir Spaß macht und weil ich auch für mich ein cooleres, besseres, geileres Produkt und damit Erlebnis haben möchte.

      Frohe Weihnachten ebenso :)

      1. Hallo Torsten,

        wünsche schöne Weihnachtstage gehabt zu haben :-) Das Wort „Klappern“ ist vielleicht zu hart und stimmt so nicht. Habe das nochmal genauer beobachtet. Beim Einfedern gibt es keinen Anschlag, weil einfach die Elastomere progressiv komprimiert werden, bis die Bewegung aufhört. Beim schnellen Ausfedern setzt aber das Innere des Vorbaus wieder auf dem Vorspannkeil auf – das gibt einen gedämpftem Anschlag. Also ich finde schon, dass man das hören und fühlen kann, aber es ist leiser als das gesamte Gerüttel auf fiesem Kopfstein. Ein Außenstehender hört das vermutlich nicht. Habe heute auf einer solchen Straße die Räder mit einem Mitfahrer hin und her getauscht – der Dämpfungseffekt ist im direkten Vergleich wirklich sehr deutlich, er war ebenfalls überrascht. Das ist der Hauptgrund, warum alle diese User-Kommentare so positiv sind – das Produkt ist tatsächlich so gut. Für einen Vorbau ist der Redshift zwar teuer, aber im Vergleich zu anderen Maßnahmen (außer dickere Reifen) ist es wenig Geld. Also ich lasse ihn dauerhaft dran, die gerade mal 100 g Zusatzgewicht sind gut investiert.

  6. Hallo Torsten,

    der Winkel des gefederten Vorbaus hat einen Einfluss auf die Geometrie das Custom Rahmens den ich designe (Steuerrohrlänge, Oberrohrlänge).

    Ich plane mit einem Vecnum Freequence da ich einen „Alt Bar“ habe.

    Mein Problem beim Rahmendesign: der Winkel des Vorbaus variiert je nachdem wieviel (Körper) Gewicht auf dem Lenker/Vorbau lastet.

    Daher meine Frage: Wieviel von den 20 mm Federweg (nach unten) würdest du sagen wird allein deswegen „verbraucht“ dass man die Hände am Rennradlenker (hoods) hat während der Fahrt (keine nennenswerten Stöße von unten)?Annahmen: dein Gewicht von 67kg, weicheste Einstellungen, gleichmäßiges Tempo bei geringer Leistung (~120 Watt) wodurch weniger Gewicht auf den Pedalen und mehr Gewicht auf dem Lenker liegt.

    Durch diese Angabe kann ich dann in etwa ausrechnen wie der Steigungswinkel des Vorbaus ist während der Fahrt.

    Viele Grüße

    Bastian

    1. Hallo Bastian, ich gebe dir mal ein paar Angaben. Angefangen mit „wie überprüft man eigentlich den Winkel eines Vorbaus“.

      Als ich mir den Vecnum nämlich vor mir auf den Tisch gelegt habe, habe ich mir genau die Frage gestellt.

      Ergebnis: eigentlich ist der Winkel relativ uninteressant – wichtig ist die horizontale Länge zwischen Achse Schaft und Achse Lenker und die vertikale Höhe zwischen Achse Lenker und… ja, und was eigentlich?

      Warum die Höhe und nicht der Winkel? Stelle dir 2 8 Grad Vorbauten vor. Aber einer hat eine Lenkerklemmung mit 38 mm Höhe, der andere eine Lenkerklemmung mit 50 mm Höhe. Die zusätzlichen 12 mm seien unten angesetzt. D.h. obgleich beide Vorbauten den gleichen Winkel haben, sitzt beim zweiten der Lenker 12 mm höher. Der effektive Winkel, gemessen von der Oberkante der Topcap ist also größer als beim ersteren.

      Ich habe beim Suchen keine Definition gefunden, von wo aus man denn den Winkel zu messen hätte. Das messen des Vorbau-Schafts fällt beim Vecnum flach, weil er ja eine Sonderbauform mit Parallelogram Hebeln ist.

      Welche Maße hat mein 120 mm Vecnum?
      – Achse – Achse horizontal: 120 mm
      – UK Schaftklemmung zu UK Lenkerklemmung: 10 mm.
      ergibt: Vorbauwinkel = 4,7°

      – Mitte Schaftklemmung zu Achse Lenkerklemmung = rund 3 mm. Ergäbe Vorbauwinkel = 2,4 °

      Winkel der Parallelogramm-Arme in Ruhestellung: 8,5 °

      Such dir einen Winkelwert aus. ;-)
      Brauchst du aber nicht, weil das für dich wichtige und direkt messbare Maß die vertikale Höhe von der Topcap sein sollte. Die beträgt 10 mm.

      Nach allem, was ich im Testen bisher wahrgenommen habe, erinnere ich mich nicht an einen bewussten Sag. Sprich: der Vorbau rührt sich im Stand und mit dem Greifen in Ruhe um keinen Deut nach unten. Du kannst also davon ausgehen, dass die Vecnum-Angabe von +3 ° Vorbauwinkel bzw. die von mir gemessenen 10 mm vertikaler Höhendifferenz für meinen 120 mm Vorbau für genau deinen gesuchten Fall anzusetzen sind.

      viele Grüße
      Torsten

      1. Hallo Torsten,

        hatte schon mal versucht folgenden Kommentar zu posten. Dabei scheint etwas schief gegangen zu sein.

        Um zu verstehen was du meinst habe einmal eine Zeichnung angehängt (siehe Links unten) in der die von dir erwähnten Maße „Mitte Schaftklemmung zu Achse Lenkerklemmung = rund 3 mm“ (in Zeichnung grün, 7.568mm) und „UK Schaftklemmung zu UK Lenkerklemmung: 10 mm“ (in Zeichnung rot, 29.025mm) eingezeichnet sind.

        https://ibb.co/f0kYPBC

        https://ibb.co/PQnLxSg

        Entsprechen die von dir angegebenen Maße dem was in meiner Zeichnung eingezeichnet ist?

        Irgendwo muss noch ein Fehler (Umsetzung des 3° Winkels auf bikegeocalc.com, mein Verständnis deiner Messung etc) liegen da die von dir gemessenen Maße nicht dem entsprechen was ich in der Zeichnung gemessen habe.

        Die Zeichnung stammt übrigens von folgende Webseite: https://www.bikegeocalc.com/

        Die (sehr gute) Android App die ich für die Längen und Winkelmessungen verwendet habe: ImageMeterViele GrüßeBastian

      2. Hallo Bastian,

        das von mir gemessene Maß von rund 3 mm entspricht dem grünen Maß in deiner Zeichnung. Das wesentlich einfacher und genauer zu bestimmende Maß von 10 mm entspricht deinem roten Maß plus dem halben Lenkerklemmungsdurchmesser.
        D.h da würde dann 10 + 31,8/2 = 25,9 mm bei mir herauskommen.

        Das genauer zu bestimmende Maß, weil „Mitte Schaftklemmung“ ein recht beliebiges Maß ist und vor allem, genau wie auch die Mitte eines „Lochs“ (die Vorbauklemmung) per Eyeballing ohne Zusatz-Anschläge nicht einfach mal eben so zu messen ist. Deswegen schrieb ich auch „rund“ 3 mm.

        Das Maß UK Schaftklemmung zu UK (innen) Vorbauklemmung ist hingegen sehr einfach und recht brauchbar zu messen. Vorbau auf kariertes Papier gelegt; Schaftklemmung horizontal ausgerichtet; mit der Schieblehre Distanz zwischen Baseline und UK Vorbauklemmung gemessen.

  7. Hallo Torsten,

    macht Sinn es so zu messen (UK Schaftklemmung zu UK (innen) Vorbauklemmung)!

    Entscheidende Frage: Hast du bei deiner „UK Schaftklemmung zu UK (innen) Vorbauklemmung“ Messung bis zum grünen oder bis zum roten Punkt gemessen (siehe folgendes Bild)? https://ibb.co/9sJBXfg

    Viele Grüße

    Bastian

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