Hier habt ihr den dritten Teil meiner Artikelserie zur Motivation und Aufbau/Umbau eines Mountainbikes von Flatbar zur Dropbar bzw. zu einem Rennlenker vor Augen.
Hier behandeln wir Schaltungsoptionen für den Rennlenker unter Berücksichtigung von MTB-Standards (Tretlager, Laufräder, Bremsen) und die dazugehörige Auswahl der richtigen Hydraulik-Bremse bzw. der richtigen Bremssättel. Also für das MTB, ein 29er Adventure Bike oder auch ein Monstergravel, wie immer man es nennen möchte.
In Teil 1 ging es vor allem um das Warum und Wieso des Dropbar-MTBs. Cross Country is the new Gravel und Mountainbikes make Gravel great again. Zumindest, wenn Gravel mehr und mehr zu reinem Offroad wird und damit das Rad der Wahl eigentlich ein Mountainbike ist. Jetzt nur noch einen Rennlenker dran und dann wird das auch was mit dem Komfort auf längeren Distanzen durch mehr mögliche und für mich persönlich angenehmere Griffpositionen, mit aufgeräumter Optik und sogar mit besserer Aerodynamik.
Aber geht das überhaupt so einfach von der Geometrie moderner Mountainbikes und damit vom Bikefit und vom Einfluss auf das Lenkverhalten her? Was muss man dabei beachten? Das zeigte Teil 2 in Theorie und in Praxis.
Und hier in Teil 3 geht es nun darum, welche Teile man benötigt, wenn man ein fertiges Komplett-Rad von Flatbar auf Dropbar umbauen möchte. Und zwar bezogen auf die Schaltung und was unmittelbar dazu gehört. Das sind dann auch die Bremsen, die den zweiten Schwerpunkt dieses Artikels darstellen.
Welche Optionen gibt es für die Bedien-Seite am Rennlenker? Aus welchen Gruppen (aktuellen wie vielleicht auch früheren Versionen) kann ich mich bedienen und damit dann vielleicht manuell oder auch elektronisch Schalten? Können entsprechende Schaltwerke mit MTB-Kassetten umgehen oder mittels cleverer Zubehörteile dazu gebracht werden? Gibt es überhaupt passende Naben oder Kettenblätter von Drittherstellern, damit ich eine für meinen Rahmen passende Kurbel verwenden kann? Kann ich sogar aktuelle Shimano- und Sram-Komponenten mischen?
Darum geht es in diesem Teil der Dropbar-MTB-Artikelserie. Dazu gehören dann auch nähere Überlegungen zu den zu verbauenden Bremsen. Muss es unbedingt ein neuer Bremssattel sein, wenn ich Postmount-Montage für die Federgabel (und vielleicht auch hinten am Rahmen) benötige. Und warum darf ich keine hydraulischen Bremskomponenten von Shimano und Sram (anders als beim Antrieb) mischen?
Im nachfolgenden Teil 4 werden wir uns im Detail mit dem hier in Teil 3 schon vorausgewählten (1x) Antrieb befassen. Wobei ihr weiter unten auch eine 2x Option vorgestellt finden werdet. Im Teil 4 geht es aber um die Themen Kettenblattgrößenbestimmung unter 1x-, Antriebseffizienz- und Verschleissminderungs-Aspekten und ihr findet die Ausdrücke Kettenlinie, Q-Faktor und Boost erläutert.
Und im letzten Teil 5 geht es dann noch einmal kompakt zusammengestellt über die restlichen Komponenten und den Werdegang vom Ursprungsrad zum fertigen Dropbar-Exceed. Ich nehme euch an die Hand, wie ich mein Canyon Exceed, welches ich extra für den Zweck des Umbaus in ein Rennlenker-MTB ausgewählt und gekauft habe, Stück für Stück in ein elektronisch geschaltetes, frontgefedertes Fastfar Mountainbike verwandelt habe.
Also dann, frisch an die Übersicht der Schalt- und Bremsoptionen am Dropbar-MTB (und damit auch interessant für Schaltungsumbauten und Optionen für sehr offroadlastige Gravelbikes).

Was ist generell bei den zu konvertierenden Ausgangsrädern bzw. Rahmen beachten?
Das sind vorrangig:
- das Lenkverhalten / der Steuerbogen (siehe dazu Teil 2 der Artikelserie)
- die Antriebskompatibilität: 1x oder 2x fähig, Kettenblattfreiheit, Kettenlinie
- die Bremsenkompatibilität (Hydraulikflüssigkeit, Hebel-zu-Kolben-Verhältnis)
Zum Lenkverhalten beim Übergang von Flat- zur Dropbar haben wir uns bereits in Teil 2 dieser Artikelserie ausführlich Gedanken gemacht. Für den Antrieb wird man schon gewisse Vorstellungen haben und daraus ergeben sich dann die Art bzw. der Hersteller der Schalt-/Bremshebel. Daraus folgt dann (zumindest bei hydraulischen Bremsen, auf die ich mich hier konzentriere) die Art der Bremsen, die man verbauen kann. Hier ist dann die Frage, ob man sich überhaupt tiefere Gedanken darüber machen muss, denn üblicherweise (wenigstens bei Sram) kauft man die Schalt-/Bremshebel im Set mit bereits angeschlossenen Bremszangen. Die dann allerdings für die Flatmount-Montage vorgesehen sind. Wenn euer Mountainbike auch Flatmount-Bremsen vorsieht, braucht ihr gar nichts weiter überlegen, sondern baut diese einfach an und fertig ist die Laube. Mindestens an der Front, wo es dann ja sicher weiterhin die Federgabel sein soll, müssen wir uns etwas überlegen. Denn an MTB-Federgabeln ist üblicherweise eine Postmount-Montage vorgesehen.
Ich gehe beim folgenden Inhalt davon aus, dass ihr wie ich ein entweder bereits vorhandenes Mountainbike zu einem mit einem Rennlenker umrüsten wollt oder dass ihr für diese Zwecke (so habe ich es gemacht) ein neues Komplett-Rad kauft. Natürlich funktioniert der Aufbau (der es dann anstelle eines Umbaues ist) genauso gut, wenn man sich nur ein Rahmenset alle benötigten Komponenten dazu kauft. Ich gehe ebenfalls davon aus, dass ihr einen richtigen Rennlenker (oder auch einen Gravellenker mit deutlichem Flare) mit richtigen Rennlenker-Bedienelementen haben möchtet. Also die typischen, sehr schön integrierten Schaltbremshebel, die sowohl in den Hoods wie auch in den Drops Bremsen und Schalten ohne Kompromisse erlauben. Und für sauber verlaufende und somit nicht störende Züge sorgen. Es gibt mittlerweile Konstrukte wie z.B. die Surly Corner Bar, mit der man übergangsweise oder auch dauerhaft an seinem MTB eine Art Dropbar (eher eine sehr breitgeklopfte Gravelbar) anstelle eines Flatbar-Lenkers verwenden kann und an dieser weiterhin die üblichen Flatbar-Bremshebel und auch die Schalthebel befestigen kann. Wem es gefällt oder wer da wirklich auf der Suche nach alternativen Flatbar-Konstruktionen ist, für den ist es wunderbar. Aber weder die Form noch die Funktion solcher Lenker entspricht dem, warum und wieso ich einen wirklichen Rennlenker ohne Kompromisse an meinem Mountainbike haben möchte. Deswegen sind solche Lenker und die weitere Verwendung von MTB-Bremsgriffen hier kein Thema.
Und auch so ist die Konversion eines Mountainbikes von Flatbar zu einer richtigen Dropbar kein aufwendiges Unterfangen. Man kann sogar so viele Teile exakt gleich lassen, dass man sich mit dem Kauf eines Komplettrades sowohl Aufbau-Aufwand wie auch bares Geld im Gegensatz zu einem ganz neuen Komplettaufbau sparen kann. Ich habe in Teil 1 ja schon geschildert, warum es für mich das Canyon Exceed und warum es da dann die Basisvariante CF (anstelle CF SLX oder CFR) geworden ist: Verfügbarkeit, Rahmenfarbe, vielleicht etwas robusterer Rahmen auch für’s tägliche Anfassen im Vergleich zu den hochgezüchteten aber leichteren Rahmen.
Schaltungsentscheidung
Also womit und wie möchte man vorne am Rennlenker schalten (und bremsen) und welches Schaltwerk soll damit angesteuert werden? Damit sollte man anfangen, denn das zieht dann vieles nach sich.
Ich gehe hier von einer in der Mountainbikewelt mittlerweile fast ausschließlich verbauten 1x Schaltung aus. Ob 1x jetzt auch für jedes Gravelbike (und per se auch für Mountainbikes) immer eine gute Idee ist, ist hier jetzt nicht das Thema. Trotzdem werden wir uns zum Thema Übersetzung (welche Kettenblattgröße) und der resultierenden Kettenlinie allein schon aufgrund des Themas Boost und Superboost noch näher damit beschäftigen. Das findet ihr im folgenden Teil 4 der Artikelserie.
1x am Mountainbike, das ist heutzutage ebenso ausschließlich fast immer entweder Sram 1×12 oder Shimano 1×12. Hinten also 12 Ritzel. Bei Sram hat man da heute noch die Wahl zwischen mechanisch und elektronisch, bei Shimano gibt es derzeit leider nur mechanische Schaltungen. Von der Basis bis zur Topgruppe, der XTR. Sehr schade, spricht doch viel für den Shimano-Antriebstrang bzw. ganze Shimano-Gruppen (samt Bremsen) am MTB:
Vorteile des Shimano MTB-Antriebsstrangs und der Shimano-Bremsen
- Bessere Gangsprünge: Die Gangsprünge auf der Kassette, z.B. 10-51. Diese sind gerade bei den großen Ritzeln sehr viel gleichmäßiger (33-39-45-51 als Zahnzahl der letzten 4 Ritzel innen links) während bei der äquivalenten Sram 10-52 Kassette dort deutlich größere Sprünge in Kauf genommen werden müssen (32-36-42-52) und so das 52er Ritzel auf eine reine „Rettungsring“-Rolle gedrängt wird anstelle eine abgestufte Selektion im oberen Bereich anzubieten. Anscheinend sahen das auch viele Sram Kunden so und die Entwickler von Sram endlich auch ein, denn die brandneue Sram Eagle Transmission hat die dort einzige verfügbare neue Kassette näher an Shimano gebracht (32-38-44-52).
- Besseres Schaltverhalten: Die Hyperglide Kette und Kassette. Unglaublich, welche Entwicklungsstufe die ganzen individuell geformten Zähne und Steighilfen in den letzten Jahren erreicht haben. Natürlich nicht nur bei Shimano. Aber die sind immer noch der Branchenprimus und haben mit dem Hyperglide-System nochmal einen drauf gesetzt. Die Schaltvorgänge sind folglich noch ein Quentchen besser als die von Sram.
- Robustere Kurbellager: Shimano verwendet bei den MTB-Gruppen eine hohlgeschmiedete Kurbelachse mit 24 mm Durchmesser. Sram hingegen 30 mm bzw. 29,88 mm. Weil das Marketing natürlich auf „größer ist besser“ und die vermeintlich größere Steifigkeit etc. abzielt ist hier aber eher weniger die Achse das schwächste Glied in der Kette, sondern die eigentlichen Tretlager. Für die bleibt bei den dicken Achsen weniger Platz. Während die Auswahl an Dritthersteller-Kurbeln für die 30 mm Achsen sehr viel größer ist, sehe ich (und andere) den Vorteil hier bei Shimano und den größeren und besseren sowie dauerhafteren Lagern. Ja, größer ist in der Tat besser – aber eben nicht bei der Achse, sondern den Lagern.
- effizientere Kette: Die Sram-Ketten, sowohl die Eagle AXS wie auch die Road AXS-Ketten, haben zwar eine exzellente Langlebigkeit, erkaufen das aber leider auch durch eine schlechtere Effizienz, was Leistungsverlust im Antriebsstrang angeht. Nun sind das keine Riesenzahlen, aber jedes bisschen zählt, nicht wahr? So kann man laut Adam Keirin von Zerofrictioncycling für eine Sram Road Flattop-Chain eine Verlustleistung von typischerweise rund 5,5 Watt erwarten, während das bei den Top-Ketten um die 3 Watt liegt. Und die Eagle-Ketten von Sram sind da nochmal ein klein wenig schlechter als die Sram Road Ketten. Seit Mitte letzten Jahres darf Adam die Testdaten von CeramicSpeed veröffentlichen, die ich euch hier verlinke. Dort könnt ihr die relativen Lebensdauer- wie auch Effizienzbalken diverser Ketten diverser Hersteller vergleichen: Zero Friction Cycling und Ceramic Speed Ketten-Effizienz und -Lebensdauervergleich
- „bessere Bremsen“: Das habe ich in Anführungszeichen gesetzt, weil da gerade in der MTB-Welt eine ganze Reihe von verschiedenen Ansprüchen an Bremsen bestehen. Und zwar je nach Disziplin (von XC über Enduro bis zu Downhill) und auch persönlicher Präferenz, was Druckpunkte usw. angeht. Für mich persönlich aber auch generell für „uns“ Roadies bzw. Groadies stehen andere Faktoren im Vordergrund. Vorrangig das, was ich unter „Quality of Life“ verstehe. Alle heutigen Bremsen bremsen für uns Groadies oder Fastfar-Fahrer schon mehr als gut genug. Im Zweifel regelt es die Bremsscheibengröße. Vorn 180 mm und hinten 160 mm und alles ist geritzt. Was aber oft nervt, sind klingelnde oder schabende Bremsen. Entweder nach langen Abfahrten, weil dann aufgrund thermischer Ausdehnung der Bremsflüssigkeit die Kolben und damit Beläge zu nah an der Bremsscheibe stehen oder schabend und rasselnd, weil Dreckwasser dazwischen gekommen ist oder weil sich die Bremsscheibe um einen Mikrometer verzogen hat oder weil man das Laufrad gewechselt hat. Alles das Krankheiten eines viel zu geringen Pad-to-Rotor-Gap. Also eines zu geringen Abstandes zwischen Bremsbelag und Bremsscheibe. Teils, weil es konstruktiv nicht einfach ist, größere Abstände zu realisieren. Teils aber auch – und da sehe ich einfach den fehlenden Willen oder das fehlgeleitete Denken bei vielen Herstellern – um dem (vermeintlichen) Wunsch nach Druckpunkt und am besten Null Hebel-leerweg nachzukommen. So sehr ich meine Sram-Schalt-/Bremshebel und meine Sram AXS Schaltung an meinen diversen Road- und Gravelbikes mag: der zu geringe Pad-to-Rotor-Gap sorgt für ständige Kopfschmerzen. Jedes bisschen abseits von Perfektion in der Ausrichtung der Bremszangen sorgt hier für Sorge und Dauertüftelei (die übrigens auch den Bremszangenschrauben und den Aufnahmen auf Dauer nicht gut tun) bei der kleinsten Änderung oder dem kleinsten Problem. Wie man beides unter einem Hut bekommt, zeigt auch hier Shimano, deren Pad-to-Rotor-Gap bei den MTB-Bremsen vergleichsweise auskömmlich ist. Da hatte ich nie ein Problem mit. Und – mittels geschickter Hebelkinematik wird trotzdem der Hebelleerweg minimiert und für eine gute Bremsmodulation gesorgt. Das hat Shimano dann auch in angepasster Art und Weise in die aktuelle Generation der Road DI2-Gruppen übertragen.
- Bremshebel-Ästhetik: Das ist natürlich Geschmacksache und von den MTB-Bremshebeln müssen wir uns in unserer Konversion ja sowieso verabschieden. Aber für mein Auge gehen Sram-MTB-Bremsen überhaupt gar nicht. Shimano MTB-Bremsen sind dagegen sehr gefällig und auch schlank gestaltet. Gleiches gilt für fast alle reinen Bremsenhersteller (für manche mehr, für manche weniger).
Das Ding ist leider nur – gerade von den Bremsen muss ich mich verabschieden, wenn ich den 12-fach Antriebsstrang mit MTB-typischer Kassettenspreizung, d.h. 10 – 51 oder 10 – 52 benutzen, aber elektronisch ohne Kompromisse schalten möchte. Denn dazu muss ich auf Sram blicken.
Vorteile Sram: über Bleed Ports, Marketing und AXS (und Shimano DI2-Nachteile)
Und wenn wir schon bei den Vorteilen von Shimano gegenüber Sram sind, sollen die Vorteile von Sram gegenüber Shimano auch zu Wort kommen. Bei den Bremsen muss man ganz klar sagen: bei der Bremsenentlüftung (dem sogenannten „Bleed“) ist Sram Shimano (und anderen Bremsenherstellern, die auf das gleiche Prinzip mit „open bucket“ also offenen Becherchen setzen) meilenweit voraus! Ein Bremsen-Entlüften oder auch initiales Befüllen eines Shimano-Bremssystems ist eine potenzielle Katastrophe. Und da es hier um im Zweifel verkipptes Mineral-Öl über Bremse, Rahmen und Boden (hoffentlich nicht im Wohnzimmer) geht, ist das sogar wörtlich zu nehmen. Sram hat an Bremshebeln und an den Bremszangen vernünftige Bleedports. An den Bremszangen sind es sogar Ventile, wo man das an der Spritze befindliche Gegenstück („Bleeding Edge“) einfach und sicher einklicken kann. Und am Bremshebel schraubt man eine ebenso sichere und stabile Verbindung zur Spritze an. Bei Shimano gibt es an den Bremszangen nicht mal ein Gewinde, da darf man das Schläuchlein von der Spritze einfach so aufstecken und darf dann beten, dass man es sicher genug festgepfriemelt hat. Und an der Bremszange schraubt man dann ein billiges, oben offenes Plastikbecherchen ein, dessen Gewinde sich schon beim Anschauen doll dreht. Das ist echt Lichtjahre von allem entfernt, was man aus einer technik-affinen Nation wie Japan erwarten würde.
Der zweite Vorteil und der ist übergewichtig: die SRAM AXS Familie. Ja, ich kritisiere Sram gerne und, wie könnte ich es von mir selbst anders sagen, meines erachtens zurecht über ihre anscheinend eher Marketing- als Engineering-gesteuerte Produkt-Folge. Eine Nachfrage-gesteuerte und Nachfrage steuernde Produktabfolge ist für ein nach Gewinn strebendes Unternehmen auf dem freien Markt nur legitim und notwendig. Da sage ich auch nichts gegen. Wie aber bewusst und eigentlich wider besseren Ingenieurswissen gewisse Produktfähigkeiten ganz offensichtlich zuerst nicht angeboten werden und dann auf den Markt kommen, wenn von einer Sättigung des Marktes bei early und nicht so early Adopters ausgegangen werden kann, nehme ich gerade bei Sram als besonders auffällig wahr. Auch ist dann das Nachfolgeprodukt unnötigerweise wieder super-eng gestrickt und unnötig begrenzt in den erweiterten Fähigkeiten. Siehe z.B. das lange Warten auf ein Schaltwerk für road AXS, dass mehr als 33 Zähne bedienen kann. Dann wird endlich eins auf den Markt gebracht und was kann das dann? Bis 36 Zähne und nicht mehr. Also gerade mal eine Ritzelstufe mehr als die vorherige Version. Da wird also ganz bewusst nur so weit gesprungen, wie es unbedingt nötig ist und es wird auch ruchlos mit Kompatibilitäten gebrochen, wo es vielleicht gar nicht nötig wäre. Man wundert sich ja fast, dass die brandneue Eagle AXS Version, jetzt Eagle Transmission genannt, trotzdem noch AXS-Protokoll kompatibel ist. Das ist aber tatsächlich auch das einzige (neben den Batterien) – sonst ist alles neu an der Eagle Transmission und nicht mit alten Eagle AXS Komponenten (die Eagle AXS, die ich hier im weiteren Bespreche) kompatibel.
Nichts desto trotz – genau dieses AXS-Protokoll, welches Sram sowohl für seine Straßen- wie auch MTB-Gruppen und marketing-getriebene Zwischenderivate (SRAM XPLR) verwendet, ist die große Stärke von Sram. Und, da mache ich mir nichts vor: auch Shimano ist kein Kind von Traurigkeit, was fragwürdige Entwicklungsentscheidungen und nicht so kundenfreundliches Gebaren angeht. Also – no hard feelings, wie der Anglophile sagt. Ich setze da leidenschaftslos auf die Produkte, deren Summe an Eigenschaften mir jeweils am besten gefällt. Und bei der Schaltung ist das tatsächlich Sram.
Wo man sich bei den elektronischen Gruppen mit Verkabelung und dem Akku irgendwo im Rahmen und entsprechend schwer zu findenden und behebenden Verkablungsfehlern herumschlagen darf (es gibt eigentlich kaum ein Ultracycling-Rennbericht, wo nicht mindestens ein Teilnehmer von Problemen mit DI2 berichtet, weil ein Sturz auf den Lenker und Abriss eines Kabels die DI2 lahmgelegt hat oder ein nicht auffindbarer Kabelbruch oder eine aufgegangenen Steckverbindung für dauerleeren Akku oder andere Probleme gesorgt hat), können zwar auch Sram-Schaltwerke oder Umwerfer mal einen Defekt aufweisen. Aber wenigstens ist man mit den Batterien auf der komplett problemlosen Seite und kann diese zur Not auch einfach zwischen vorn und hinten wechseln.
Und noch wesentlicher, besonders für unser Vorhaben hier: Alle Sram AXS Gruppen sind 12fach und man kann und darf lustig mischen. Das ist nicht nur möglich, sondern explizit vorgesehen. Ich kann also auch das Schaltwerk der EAGLE AXS mit den Schalt-/Bremshebeln der Red, der Force, oder der Rival AXS für die Straße bzw. für Gravelbikes bedienen. Oder auch mit den ebenfalls drahtlosen Zusatz-Schalttastern, den sogenannten Clics und den Blips. Besser geht es nicht.
Bei Shimano ist dort leider Fehlanzeige zu vermelden. 12fach elektronisch gibt es da nur bei den Straßengruppen. Nicht mal die gravelspezifische GRX bietet 12fach, sondern ist immer noch auf 11fach und auch auf Ritzelgrößen bis 42 Zähnen beschränkt. Wobei ich mich da generell frage, was denn nun wirklich gravelspezifisch an dieser Gruppe sein soll (außer vielleicht, dass man ein spezielles Kundensegment auch mit dem Marketing ansprechen möchte – die GRX trägt einfach alte 11fach Technologie von Shimano auf und hat in Teilen anders geformte Schalt-/Bremshebel spendiert bekommen). Ein Shimano-Schaltwerk, das DI2 kompatibel und somit mit einer Dura-Ace, Ultegra oder 105 DI2 Rennlenker-Hebel-Garnitur zu bedienen ist und gleichzeitig die Shimano MTB-Kassetten bis hinauf zu 10-51 schalten könnte, gibt es leider nicht.
Fazit aus dem ganzen: Entweder Sram all the way oder ein Best of Both Worlds mit Sram AXS und Shimano Hyperglide
Ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht, einfach alle Technologien und Hersteller auch an eigenen Rädern zu fahren und mir so eine profunde Meinung und Anwendererfahrung anzueignen. Natürlich nur da, wo es auch für mich Sinn macht. Ich werde nicht eine in meinen Augen technologisch rückständige, optisch nicht gefällige und oder ergonomisch und haptisch unpassende Komponente oder Schaltgruppe verwenden, nur damit ich mal sagen kann, ich habe sie mal mit eigenem Geld gekauft und selbst gefahren. Aber sowohl Campagnolo mechanisch wie auch in zwei elektronischen Versionen als Super Record EPS, wie auch Shimano mechanisch (und elektronisch in Testrädern) in diversen Versionen und auch Sram Red (schon immer elektronisch und hydraulisch bremsend, aber sowohl in der ursprünglichen eTap wie auch der aktuellen eTap AXS Version) befanden und befinden sich an meinen diversen Rädern. Für Rennräder und Gravelbikes war es da bisher ganz ohne Frage in der Summe der Eigenschaften die Sram AXS Gruppe (Sram red etap AXS), die meine Ausstattung der Wahl war und ist. Nicht perfekt – das ist keine Gruppe und kein technisches System. Aber in Summe und den wesentlichen Dingen schon ein Ticken besser für mich geeignet als das Shimano Di2 System.
Von daher und den oben genannten Aspekten war es kaum eine Frage, für mein Dropbar MTB nicht auf Sram AXS zu setzen. Quasi ein „No-Brainer“. Die AXS-Familie ist schließlich genau auf solche Anwendungsfälle ausgelegt.
Ich weiss, einige von euch haben teilweise generelle Probleme mit der einen oder anderen Marke als starke Aversion oder sind umgekehrter Weise vielleicht noch irrationaler ein starker Fan einer Marke mit dem jeweils gleichen Resultat: Die jeweils andere Marke steht nicht zur Diskussion. Und wieder andere haben Vorbehalte gegenüber dem Thema elektronische Schaltung und wollen mechanisch schalten, weil sie Vorbehalte gegen der Ausfallsicherheit haben oder Sorge, die Schaltung bei Problemen weitab von gutsortierten Fahrradläden irgendwo in einem Bikepacking-Event nicht selbst reparieren zu können. Im Endeffekt muss man aber sein persönliches „Gift“ auswählen. Auch mechanische Schaltungen können mir nichts dir nichts und im Feld unreparabel ausfallen. Ich hatte mal zwei Fälle an zwei verschiedenen mechanischen Ultegra-Rädern, wo der Rastmechanismus im Schalthebel „durchrutschte“. Schalten war nicht mehr möglich – selbst ein Mechaniker im Service-Bus konnte nichts ausrichten.
Auch die Stromversorgung unterwegs ist besonders mit dem AXS-System überhaupt kein Thema. Wenn ihr gar nicht nachladen wollt (wenn die Bikepacking-Veranstaltung überhaupt so lang ist), dann nehmt ihr halt ein, zwei oder drei vollgeladene AXS-Akkus im Gepäck mit. Die sind klein und wiegen nichts. Sowas geht bei Shimano Di2 halt nicht.
Und die kleine Ladeschale für die Akkus trägt auch kaum auf. Ich habe die immer im Gepäck und zur Not kann ich einen Akku sogar während dem Fahren entweder über Powerbank oder über Nabendynamo in der Oberrohrtasche laden. Meistens mache ich das aber nachts; entweder im Hotel oder eben per Powerbank.
Aber, wenn euch das alles nicht überzeugt oder ihr vielleicht noch eine alte Schaltgruppe (mechanisch Sram oder Shimano) besitzt und die verwenden möchtet, kann ich das nachvollziehen und zeige im folgenden Abschnitt weitere Möglichkeiten auf.
Für mich stand aus meinen positiven Erfahrungen und aus der Kenntnis des Gesamtsystems aber fest: Ich möchte Sram AXS Schaltbremshebel, die ein Sram Eagle AXS Schaltwerk bedienen. Da gibt es nun zwei Möglichkeiten. Die erste ist diejenige mit dem absolut geringsten Umbau-Aufwand. Wenn man da überhaupt von einem großartigen Umbau sprechen kann… Diese Variante besteht darin, sich von vorneherein für ein Komplett-Rad mit Sram Eagle AXS-Ausstattung als Basis zu entscheiden (oder ein solches bereits zu besitzen). Wenn die restlichen Komponenten stimmen und gefallen bzw. nur wenig mit gekauft wird, was nur den Kaufpreis erhöht, aber gar nicht gebraucht wird, ist das super. Letzteres könnte vielleicht der Fall sein, weil eine elektronische Eagle AXS Gruppe erst ab Modellen einer gewissen Preisstufe zu finden ist. Um beim Canyon Exceed zu bleiben, wäre das im aktuellen Angebot von Canyon z.B. das Canyon Exceed CF SLX, von dem es (anders als beim CF und beim CFR) aktuell nur genau eine einzige Variante gibt. Und die ist mit einer Sram GX Eagle AXS Gruppe ausgestattet. Das wäre also die erste Möglichkeit:
Sram Eagle AXS 1×12, Kassette 10-52 elektronisch
Im Falle des aktuellen Canyon Exceed CF SLX oder eines gleichermaßen ausgetatten Kompletterades kann alles, sogar inklusive der Bremsen, so bleiben wie es ist. Man braucht buchstäblich nur einen Rennlenker, zwei einzelne Sram AXS Road Schaltbremshebel (ohne angeschlossene Bremszangen) aus der Gruppe seiner Wahl: Rival, Force oder Red und vielleicht noch eine bis zwei neue Hydraulik-Bremsleitungen – das ist es schon.
- Am Rennlenker werden die Sram Rival, Force oder Red AXS Schaltbremshebel montiert
- Bremsen: am Canyon Exceed CF SLX sind die Sram Level TLM verbaut. Das ist super, die sind nämlich vollständig mit den Sram Road Schaltbremshebeln kompatibel (siehe dazu das Kapitel „Bremsen“ weiter unten. D.h. sind sie lang genug, können sogar die Bremsleitungen montiert bleiben. Sie müssen dann nur von den MTB-Bremshebeln gelöst und mit den Rennlenker-Schaltbremshebeln verbunden werden. Sehr wahrscheinlich muss aber wohl mindestens die Bremsleitung nach hinten ausgetauscht werden. Diese wird vermutlich zu knapp für den Rennlenker bemessen sein.
- Fertig ist der Umbau!
Aus den oben angeführten individuellen Vor- und Nachteilen der Schaltgruppen-Systeme der beiden Hersteller Sram und Shimano, die ich ja auch schon beim Kauf meines vollgefederten MTBs in 2019 berücksichtigt hatte, stand neben der Wahl von Sram für die Bedienkomponenten am Lenker und für das Schaltwerk ebenso fest, dass der eigentliche Antrieb durch Shimano Hyperglide Komponenten (bessere Effizienz, bessere Lager, bessere Gangsprünge an der Kassette) gebildet werden sollte. Das funktioniert wunderbar, weil die Abstände zwischen den einzelnen Ritzeln der Sram Eagle und der Shimano MTB Kassetten nahezu identisch sind. Und weil es bei den Schaltwerksröllchen gar nicht so sehr auf die exakten Zahngeometrien ankommt, um den leicht unterschiedlichen Sram Eagle und Shimano-Hyperglide Ketten gerecht zu werden. Und selbst da besteht die Option, die Schaltröllchen des Eagle Schaltwerks durch Shimano-kompatible Schaltröllchen auszutauschen. Ich habe aber festgestellt, dass es dies nicht braucht.
Wie sieht also mein ausgewählter und verbauter „Sram-mano“-Antrieb aus? So:
Sram-mano AXS Hyperglide 1×12, Kassette 10-51, elektronisch
- Am Rennlenker sind die Sram Rival AXS Schaltbremshebel montiert
- Red AXS und Force AXS würde natürlich auch funktionieren. Die Red war mir für den Aufbau den Aufpreis nicht wert, die Force hätte ich gerne verbaut, war aber im vergangenen Jahr nirgends zu bekommen.
- benötige Komponenten:
- SRAM Rival eTap AXS HRD Schalt- | Bremshebel inkl. hydraulischer Scheibenbremse Flat Mount | Hebel links | Bremse vorn
- SRAM Rival eTap AXS HRD Schalt- | Bremshebel inkl. hydraulischer Scheibenbremse Flat Mount | Hebel rechts | Bremse hinten
- Bremsen: sind bereits bei den SchaltBremshebeln im Kit enthalten und fix und fertig angeschlossen. Siehe aber auch das Kapitel „Bremsen“ weiter unten.
- Laufrad, Kassette, Kette, Kurbel: Bleibt alles so, wie als Shimano-Komplettrad gekauft: Microspline Freilaufkörper, Shimano SLX Kassette 10-51, Shimano Hyperglide Kette, Shimano SLX-Kurbel (aus anderen Gründen gegen Shimano XTR-Kurbel getauscht).
- Schaltwerk: Sram GX Eagle AXS. Auch hier bewusst nicht die vielfach teurere Top-Version um ein paar Gramm zu sparen, sondern die Einstiegsversion. Sinnvollstes Kit:
- SRAM GX Eagle AXS 1×12-fach Upgrade-Kit ohne Kassette
- Da ist dann nur das Schaltwerk samt Akku, eine Ladeschale, ein (sinnleeres) einfaches Multitool und die Flatbar-Schaltwippe zum je nach Angebot unwesentlichen Mehrpreis oder sogar gleichen Preis wie der Einzelkauf des Schaltwerks enthalten. Vielleicht will man ja doch mal das Schaltwerk an der Flatbar fahren oder weiterverkaufen – da ist das ganz praktisch.
Und das ist es eigentlich schon im wesentlichen, was man benötigt, wenn man ein normales Hardtail, selbst wenn es mit Shimano-Komponenten ausgestattet ist (oder diese Shimano-Komponenten sogar bewusst ausgewählt wurden), in ein Dropbar MTB konvertieren möchte.
Das ist wie geschildert meine Präferenz und macht in meinen Augen am meisten Sinn. Ihr habt aber vielleicht andere Umstände und andere Präferenzen und vielleicht findet ihr da im folgenden Abschnitt etwas für euch passendes.


Weitere Schaltungs-Optionen mechanisch/elektronisch, Shimano, Sram, 11-fach und 12-fach bis sogar Campa 13-fach
Hier möchte ich euch weitere Anfangspunkte und Ideenkeime für eure eigenen Konversionen geben. Vielleicht seid ihr ja komplett gegen Elektronik in der Schaltung, möchtet gerne komplett Shimano fahren oder ihr wollt auch am MTB 2x benutzen (was durchaus Sinn macht, wie wir im folgenden 4. Teil der Artikelserie noch im Abschnitt zur Kettenlinie und Kettenblattgröße sehen werden).
Dann wären die folgenden Möglichkeiten vielleicht etwas für euch. In meinen Augen gehen sie alle mehr Kompromisse als die Sram AXS Lösung ein und / oder bereiten deutlich mehr Kopfschmerzen in der Planung und Ausführung. Ich habe mich auch nicht wirklich sehr tief damit befasst. Deswegen müsst ihr euch (wie sonst natürlich auch immer) im einzelen in Bezug auf euer Rad / euren Rahmen und euren Komponenten, die ihr verwenden wollt, selbst vergewissern, welche Teile ihr benötigt und dass sie zusammenspielen.
Shimano GRX 1×11
Auch hier ist das Schaltwerk das maßgebende Bauteil. Ihr habt die Wahl zwischen 11fach mechanisch und 11fach elektronisch als Di2 (10fach gibt es auch, aber standardmäßig nur als 2×10 und nur mechanisch). Aber mehr als 42 Zähne kann auch das große GRX Schaltwerk nicht schalten. Entweder beschränkt man sich darauf, oder man verwendet einen Schaltaugen-„Verlängerer“; einen Goatlink von Wolf Tooth Components. Oder man verwendet ein Shimano 11fach MTB Schaltwerk (wenn man noch eines hat oder findet) und passt dessen Schaltübersetzung mittels eines Schaltwerk-Übersetzungsröllchens an. Bei Wolftooth heisst so ein Teil „Tanpan“ und bei Ratio Technologies (siehe weiter unten) „Cable Fin“. Ihr müsst aber jeweils schauen, ob das an dem jeweiligen Modell des Schaltwerks überhaupt austauschbar bzw. zwischenschaltbar ist. Und es gibt sogar noch eine dritte Möglichkeit: man verwendet einen längeren Schaltwerkskäfig, wie es in von Garbaruk für die GRX gibt. D.h. daraus ergeben sich gleich mehrere 1×11 GRX Optionen:
1.) GRX 1×11 pur Shimano. Kassette 11-42 Zähne, MTB-Kurbel, mechanisch oder Di2
- An den Rennlenker kommen die Shimano 11fach GRX Schalt-Bremshebel
- Bremszangen können ebenfalls die Shimano-GRX-Bremszangen sein
- Post-Mount-Montage an der Gabel und ggfs auch hinten über Adapter (siehe gesondertes Kapitel zu den Bremsen) oder ggfs. Auswahl einer kompatiblen Post-Mount-Shimano-Bremszange
- Laufrad: Die Laufräder eures MTBs sollten erlauben, den Freilaufkörper zu wechseln. Denn dort wird sehr wahrscheinlich entweder ein Sram XD oder ein Shimano MicroSpline Freilaufkörper samt entsprechender 12fach Kassette verbaut sein. Die Kassette muss entfernt werden und der Freilaufkörper gegen einen normalen Shimano-Freilaufkörper für 10- und 11fach-Kassetten getauscht werden. So etwas erlauben z.B. die meisten DT Swiss-Laufräder.
- Bei der Kurbel müsst ihr Achslänge bzw. Kettenlinie (passt sie überhaupt in euren Rahmen) und maximale Kettenblattgröße prüfen. Sehr wahrscheinlich wird die Achslänge und spätestens die Kettenblattgröße bedeuten, dass ihr keine einzige der diversen GRX-Kurbeln verwenden könnt. Deren 1x Kurbeln kommen als kleinstes mit einem 40er Kettenblatt, MTBs wie das Exceed können bei entsprechender Kettenlinie und Q-Faktor (mehr dazu im Kapitel Kettenlinie und Q-Faktor) oft maximal ein 38 Zähne großes Kettenblatt unterbringen. Eine kompatible MTB-Kurbel mit einem passenden 11-fach-Kettenblatt zu finden, wird aber kein Problem darstellen. Im Fall meines Exceed CF 6 könnte ich z.B. einfach die mitgelieferte Shimano SLX Kurbel montiert lassen.
Bei der Übersetzung wird’s sehr „zach“. Mit 1×11 und hinten 11-42 Zähnen fehlt es dann doch an allen Ecken und Kanten. Sowohl was die Bandbreite wie auch die Gangsprünge betrifft. Und mit dem standardmäßig kleinsten GRX-Kettenblatt von 40 Zähnen (wenn es denn überhaupt passen würde) ist auch die Berggängigkeit unterdimensioniert. Da ihr dass aber sowieso austauschen müsst, könnt ihr da ja z.B. ein 30er Blatt verwenden. Man kann aber auch an der Kassette mit größeren Optionen experimentieren. Das zeigt die folgende Option:
2.) GRX 1×11 mittels GRX Schaltwerk über Wolftooth Goatlink und 11fach MTB-Kassette bis maximal 46 Zähnen, mechanisch oder Di2
- wie vor, das GRX-Schaltwerk wird jetzt aber über den Wolf Tooth Goatlink montiert und kann so zwar nicht ganz bis 50 oder 51, aber immerhin problemlos bis maximal 46 Zähnen schalten (Erfahrungsbericht z.B. hier beim Bikeboard.at.
oder:
3.) GRX 1×11 mittels MTB-Schaltwerk über Wolftooth Tanpan und MTB-Kassette, nur mechanisch
- An den Rennlenker kommen die Shimano GRX-Hebel, 11fach, mechanisch
- Bremsen wie vor
- Laufrad wie vor
- Kurbel wie vor
- Anstelle des GRX-Schaltwerks wird jetzt ein passendes Shimano 11fach-MTB-Schaltwerk verbaut, welches mit dem Wolftooth Tanpan kompatibel sein muss. Der passt die Übersetzungsverhältnisse des Kabelzugs an.
und schlussendlich:
4.) GRX 1×11 mittels GRX Schaltwerk, verlängerter Schaltkäfig von Garbaruk
Einfach nur den Schaltkäfig länger machen, kann, muss aber nicht funktionieren. Wichtig ist halt eben auch, wo das obere Schaltröllchen relativ zur Kassette positioniert ist und durch die Schaltwerk-Kinematik der Kassette folgt. Oft würde der Abstand zu gering; da kommen dann solche Teile wie das unter 2.) erwähnte Goatlink zum Tragen. Garbaruk hat aber speziell für das GRX-Schaltwerk einen verlängerten Schaltkäfig im Programm und nimmt für sich in Anspruch, dass dieser nicht nur die Verwendung von bis zu 50 Zähnen als größtes Kassettenritzel zulässt, sondern sogar die Performance und Schaltqualität gegenüber dem Original erhöhen soll. Wenn das mal keine selbstbewusste Behauptung ist. Schließlich kann man Shimano-Schaltungen eines nicht vorwerfen: mangelhafte Schaltperformance. Ganz im Gegenteil. Gemäß Garbaruk ist deren Schaltkäfig aber nur für die 1x-Schaltung anwendbar. Na dann – das ergibt dann die 4. GRX Möglichkeit
- An den Rennlenker kommen die Shimano GRX-Hebel, 11fach, mechanisch oder elektronisch
- Bremsen wie vor
- Laufrad wie vor
- Kurbel wie vor
- aus dem originalen GRX-Schaltwerk wird der Schaltkäfig ausgebaut und der Garbaruk Rear Derailleur Cage for Shimano GRX Di2 11-speed wird eingesetzt; ggfs. mit Garbaruk-Schaltwerksröllchen, wer mag.
- Kassette kann dann eine 11fach-Kassette bis maximal 50 Zähnen sein, z.B. die Garbaruk 11fach 10-50 Kassette
Shimano GRX 2×11
Hier macht euch nicht zu viele Hoffnungen. Ich erwähne diese Möglichkeit der Vollständigkeit halber. Aber ohne, dass euer Rahmen wirklich für die Montage eines Umwerfers vorgesehen ist, kommt ihr da nicht weiter. Dazu gehört auch, dass mindestens mal ein passendes Loch für die Durchführung des Di2-Kabels in der Nähe des Umwerfers vorgesehen ist (bei elektronischer Schaltung) oder das gar richtige Umleitungen und Kabelports für mechanische Züge vorhanden sind. Was gibt es zu beachten? Dasselbe wie zuvor bei 1×11 GRX plus Umwerfer-Kompatibilitätsfragen.
GRX 2×11 pur Shimano
- An den Rennlenker kommen die Shimano 11fach GRX Schalt-Bremshebel
- Bremszangen können ebenfalls die Shimano-GRX-Bremszangen sein
- Post-Mount-Montage an der Gabel und ggfs auch hinten über Adapter (siehe gesondertes Kapitel zu den Bremsen) oder ggfs. Auswahl einer kompatiblen Post-Mount-Shimano-Bremszange
- Bei der Kurbel müsst ihr schauen, ob die von der Achse her breit genug für das Tretlager eures MTB-Rahmens ist, der hinten sehr wahrscheinlich mindestens auf Boost setzt. Hinsichtlich Kettenblattgrößen bestehen ähnliche Beschränkungen wie bei 1×11 aufgeführt. D.h. sehr wahrscheinlich müsst ihr eine kompatible 2x MTB-Kurbel auftreiben.
- Prüfen, ob euer Rahmen erlaubt, eine Umwerferschelle zu montieren.
- Wenn es die DI2-Variante sein soll: Hat der Rahmen Löcher für das Kabel des Umwerfers (wahrscheinlich nicht aber ggfs. erlauben es entsprechende Öffnungen an der Tretlagerschale, da Kabel entlang zu führen).
- Wenn es die mechanisch geschaltete Version sein soll: ohne einen Rahmen, der hier für die Zugführung vorgesehen ist, wird es wohl kaum funktionieren. Am ehesten sehe ich hier die Chance bei Metall-Rahmen mit allen möglichen Anschlagpunkten.
- Dann müsst ihr prüfen, ob der Umwerfer erlaubt, dass auch wirklich mindestens mal 2,25 Zoll Reifen passen, ohne dass es da zu Kollisionen kommt.
- Und auch hier wieder: Den Freilaufkörper am hinteren Laufrad zu einem Standard 10/11-fach Shimano-Freilaufkörper wechseln oder ein entsprechendes Laufrad kaufen/verwenden, wenn dieser nicht austauschbar ist.
Sram 1×12 mechanisch (und ggfs. sogar mechanische Scheibenbremsen, wenn gewünscht)
Da gibt’s doch auch was von Ratio(pharm)? Ja, Ratio Technology ist ein weiterer Problemlöser ähnlich wie Wolf Tooth, aber sehr auf Schaltungen fokussiert. Experimentierfreudie Menschen können mit Wolf Tooth und Ratio sicher so ziemlich die wildesten Schaltungs- und Antriebs-Mischungen bauen und sind dabei nicht auf Shimano oder Sram oder gar auf maximal 12fach beschränkt.
Ich beschränke mich hier auf zwei Möglichkeiten, Sram, aber mechanisch schaltend, zu verwenden:
Sram 1×12 mechanisch mittels mechanischem Eagle MTB Schaltwerk und 11-fach Schaltbremshebel
- An den Rennlenker kommen die Vor-AXS und Vor-etap Generation der Hydraulischen Sram-Schaltbremshebel für mechanische 11-fach Sram-Straßengruppen
- Diese werden mittels des Austausch der originalen Schaltratschen durch die von Ratio auf 12-fach umgerüstet (filigran!)
- Bremszangen können dann z.B. die originalen Flatmount-Bremszangen zugehörig zu den Schaltbremsgriffen sein. Mehr dazu weiter unten im Kapitel Bremsen. Für Postmount-Montage wird dann ein Adapter benötigt.
- Kurbel: jede passende 1x MTB-Kurbel, egal ob mit Shimano- oder Sram-Kettenblättern.
- Laufrad: kann vermutlich so bleiben, wenn schon mit Sram XD-Freilaufkörper oder Shimano Mircospline versehen.
- 12-fach MTB-Kassette nach Wahl (Sram Eagle oder Shimano)
- Schaltwerk: mechanisches Eagle 12fach Schaltwerk
- Achtung: ggfs. oder wahrscheinlich sogar braucht es auch der Übersetzungsverhältnis-Anpassung zwischen den nun zu 12-fach konvertierten, aber immer noch grundsätzlich „Straßen“-Schaltbremshebel bleibenden Bedienhebel und dem MTB-Schaltwerk. Da kommt der Ratio Cable Fin (https://ratiotechnology.com/product/cable-fin/) ins Spiel. Der funktioniert aber nur mit GX, X01 und XX1 Schaltwerken. Nur an diesen ist die Umlenkrolle austauschbar.
Sram 1×12 mechanisch mittels mechanischem Eagle MTB Schaltwerk und 12-fach Schaltbremshebel
Das ist weitgehend wie vor, man spart sich jedoch das filigrane Prozedere des Schaltratschen-Austauschs:
- Am Rennlenker kommen die ebenfalls Vor-AXS und Vor-etap Generation der Road 22 Gruppen und damit mechanische, aber bereits 12-fach schaltende Schaltbremshebel
- Ansonsten alles wie vor, es wird nur die Cable Fin von Ratio benötigt, die die Übersetzung zum zu verwendenden mechanischen Eagle-Schaltwerk (GX, X01 oder XX1) anpasst.
Alles das und noch viel wildere Möglichkeiten findet ihr auf der entsprechenden Seite von Ratio Technology hier: Upgrade-Kits. Lest euch da wirklich komplett in die Materie ein, bevor ihr begeistert losrennt. Das soll alles sehr gut funktionieren, aber der Teufel liegt da echt im Detail und gerade eine Schalthebelkonversion ist bestimmt nicht ohne. Ihr könnt mit den entsprechenden Sram-Schaltbremshebeln auch mechanische Scheibenbremsen verwenden. Entweder, weil ihr das bewusst möchtet (man spart sich die Bleeding-Prozedur und hat alle Freiheiten in der bewussten Einstellung des Pad-to-Rotor-Gap – eines des größten Vorteils mechanischer Scheibenbremsen für mich – muss aber auch das Mehrgewicht und die bereits ohne Verschmutzung größeren Handkräfte in Kauf nehmen) oder weil ihr noch diese Komponenten zu Hause liegen habt.
Campagnolo Ekar 1×13 mechanisch
Ich habe weiter oben erwähnt, dass ich in der Vergangenheit mehrere Räder mit diversen Campagnolo-Gruppen hatte. Und auch jetzt noch steht hier ein Rennrad mit Campagnolo SuperRecord EPS, also der elektronischen Variante der Topgruppe von Campagnolo, hier neben mir. Es ist mein Canyon Ultimate CF SLX aus dem Jahr 2016. Eine sehr schöne Schaltung, aber Campagnolo ist selbst beim Kernthema Rennrad-Gruppe mehr und mehr ins Hintertreffen geraten. Ja – wenn man wirklich nur ein Rennrad im puren Sinne fahren möchte, und das auch nicht über zu lange Strecken, dann hat man immer noch Freude mit Campa. Für alles, was darüber hinaus geht, nicht so wirklich. Da muss man dann ewig warten, bis etwas von Campa dafür kommt. Wenn überhaupt etwas dafür kommt. Und wenn es dann kommt, passt es nur auf einen sehr beschränkten Anwendungsfall. Bestes Beispiel sind Schaltmöglichkeiten für Aerobars. Gibt’s jetzt endlich – aber wenn ich das richtig sehe, absolut keine Möglichkeit, diese gleichzeitig mit normalen Schaltbremshebeln zu kombinieren. Aerobar-Schalten am Gravel- oder Ultraendurance-Rad? Nicht vorgesehen. Oder das Ladegerät. Noch an der v3 eps ein Riesen-Ziegel und USB-Ladefunktion sowieso Fehlanzeige. Weder möchte man das vom Gewicht und Volumen her auf ein Ultraendurance-Race mitnehmen, noch kommt man ohne Netzstrom weiter. Es war also schon zum Zeitpunkt meines ersten Ultra-Rennens, damals des TCRNo7, absolut nicht ideal, für entsprechende Räder eine elektronische Campagnolo-Schaltung zu erwägen. Sinnigerweise fahre ich seitdem Sram-Gruppen, die alle diese Nachteile nicht haben. Auch auf den Gravel-Zug (oder überhaupt irgendetwas offroadiges mit entsprechenden Übersetzungsverhältnissen) ist Campagnolo super spät aufgesprungen. Dann aber immerhin mit einer recht interessanten Gruppe und sogar mit einer 13 Ritzel umfassenden Kassette! Vorne ist tatsächlich auch nur 1 Kettenblatt vorgesehen. Ekar gibt es also nur als 1x und nur mechanisch schaltend.
Das macht sie für mich immer noch nicht zur Gruppe der Wahl. Es ist super, dass es auch neue Gruppen immer noch mechanisch gibt. Aber das bedeutet für meine Anwendungsfälle halt eben auch: man kann nicht mal eben Bedien-Taster für das Schalten zusätzlich da positionieren, wo man es gut findet. Etwas an den Spitzen der Aerobars oder vielleicht in der Mitte der Lenkertops oder wo auch immer. Auch wirkt gerade bei Ultracycling-Events das manuelle Schalten nicht förderlich auf die ohnehin angegriffenen Hände. Besonders, wenn es so wie bei der Ekar erfolgt. Ich bin sie schon dreimal (allerdings jeweils nicht lang) auf der Halde Hoheward probe gefahren und war nur so semi-begeistert, was Schalthaptik und Präzision anging.
Aber: die Ekar ist für reines Rennlenker-Graveln ohne weitere Spezialanwendungsfälle sehr gut geeignet und weisst sinnvolle Übersetzungsverhältnisse auf. Für Offroad-Bikepacking wird es vielleicht etwas eng, da die kleinste Kettenblatt-Option 38 Zähne aufweist und die größte Kassette, bzw. das größte Ritzel, nur bis 44 Zähne geht. Das ist aber schon sowohl von der Bandbreite wie auch von der kleinsten Übersetzung besser als die Shimano GRX in der 1×11 Version (40 Zähne vorn und 42 Zähne hinten), von den besseren Gangssprüngen dank der 13fach Kassette ganz zu schweigen. Aber an der Kurbel müssen wir im Falle eines Dropbar-MTB wahrscheinlich sowieso Hand anlegen und da wird es dann eng. Aber eine Option habe ich gefunden. Die sieht folgendermaßen aus:
Campagnolo Ekar 1×13 mechanisch mit Kettenblatt von Ratio Technology
- An den Rennlenker kommen die mechanisch schaltenden und hydraulisch bremsenden Ekar-Schaltbremshebel
- Bremsen: Verwenden der normalen Flatmount-Bremszangen der Ekar-Gruppe. Für Postmount-Montage wird dann ein Adapter benötigt.
- Kurbel: Da wird es trickreich.
- Die Kurbel ist wunderschön und es gibt 4 Kettenblattgrößen zur Auswahl, die einfach austauschbar sind: 38, 40, 42 und 44. Soweit so gut. Aber ihr müsst zwei Dinge prüfen:
- Passt die Ekar-Kurbel bzw. die dafür notwendigen Tretlager in euren MTB-Rahmen? Ist die Kurbelachse also lang genug?
- Hat euer Rahmen (Kettenstreben) die nötige Clearance, um mindestens mal 38 Zähne an der Kurbel zuzulassen? Vielleicht passen ja auch nur maximal 36 oder vielleicht mehr, dann aber nur mit einer Boost- oder Superboost-Kurbel / einem entsprechenden Kettenblatt? Auch dann fällt die originale Campa-Version aus.
- Aufgrund der schmalen 13fach-Kette passen wirklich nur Ekar-Kettenblätter. Übliche Dritt-Hersteller Kettenblätter für 1×12 Sram oder Shimano Antriebe funktionieren nicht. Und der Lochkreis-Durchmesser der Ekar-Kurbel beträgt sehr unübliche 123 mm.
- Hier wäre also schon Ende und ich hätte diesen ganzen Abschnitt nicht eingefügt, hätte ich nicht doch eine Option herausgefunden:
- Ihr nehmt eine Standard-MTB-Kurbel für das Tretlager eurer Wahl mit Standard 5-Schrauben Kettenblatt-Befestigung mit Lochkreis 110 mm (5 bolt 110 BCD) und montiert darauf ein extra auch für Ekar 1×13 vorgesehenes Ratio-Kettenblatt, welches es von 34 bis 44 Zähnen in jeweils 2 Zähnen Abstufung gibt. Das ist das mir derzeit einzig bekannte Ekar-kompatible Kettenblatt eines Drittherstellers.
- Laufrad: Hier muss es eines mit dem sogenannten N3W-Freilaufkörper sein. Das ist allerdings ein sehr guter neuer Standard von Campagnolo. Ehre, wem Ehre gebührt. Mit dem N3W-System schafft es Campagnolo, ihre neue 13fach Kassette und alle bisherigen wie künftigen 9, 10 und 12fach Kassetten unter einen Hut zu bekommen und bietet auch Nachrüstsätze für alte Laufräder an. Wie schon weiter oben angemerkt: üblicherweise kann man an den viel verbauten DT Swiss Laufrädern (teilweise geht das auch bei anderen Herstellern) sehr einfach den Freilaufkörper wechseln und es gibt auch einen passenden von DT Swiss dafür. Ich war bei der Recherche unsicher, ob das von der Endkappe her auch wirklich für eine MTB-übliche Boost-Achse von 12×148 mm funktioniert oder auf eine Standard Achse von 12×142 mm, wie sie bei Gravelbikes üblich ist, beschränkt ist. Aber diesem Link zufolge müsste es für beide Versionen der gleiche Freilaufkörper sein: Das müsst ihr auf jeden Fall prüfen! Ihr werdet nämlich kaum ein fertiges MTB-Laufrad mit N3W-Freilauf finden. Campagnolo findet in der MTB-Welt nicht statt. Im Zweifel müsst ihr euch also an den Laufradbauer eures Vertrauens wenden.
- 13-fach Ekar-Kassette nach Wahl. Es gibt 3 Varianten: 9-36, 9-42 und 10-44. Apropos 9 Zähne für das kleinste Ritzel: furchtbar! Schon das 10er Ritzel bei Sram Road und MTB und Shimano MTB-Kassetten ist ein Effizienzmörder (siehe das spätere Kapitel zum 1x Antrieb im Hinblick auf Kettenlinie und Q-Faktor im folgenden Teil 4 der Artikelserie) und grenzwertig, was Laufkultur angeht. 9 Zähne machen das nochmal schlimmer.
- Schaltwerk: das normale mechanische Ekar-Schaltwerk
So, das waren jetzt diverse Optionen. Von mechanisch zu manuell, von 1×11 zu 1×13 und mit diversen Marken von Sram zu Shimano und sogar Campagnolo. Da sollte für jeden was dabei sein.
Ich möchte nun näher auf das Thema Bremsen eingehen. Da gibt es nämlich auch einiges zu beachten. Und selbst, wenn man einfach bei den schon mit den Rennlenker-Schaltbremshebeln im Kit mitgelieferten Bremszangen bleibt, braucht man immer noch den richtigen Adapter. Auch den zeige ich euch im jetzt folgenden Kapitel.
Bremsen
Ich gehe hier von hydraulischen Bremsen aus. Sowohl bei MTB- wie bei Straßen-/Gravel-Schaltungen ist das der Stand der Technik und macht auch Sinn. Die Verlegung der Hydraulikleitungen erlaubt zahlreiche Freiheitsgrade und trotzdem ist die Bedienkraft, der Druckpunkt und die Modulation der Bremse jederzeit ideal (zumindest in der Theorie bzw. bei gut eingestellten und entlüfteten Bremsen). Gleichfalls kann auch widriges Umfeld wenig daran ausrichten. Wo eine mechanische Scheibenbremse schon fabrikneu eher höhere Bedienkräfte erfordert, können diese bei verschmutzten Zügen schnell steigen – und dann gerade für langanhaltende (Ultraendurance) Abenteuer zu ermüdend für die Hände werden. Es gibt zwar auch exzellente mechanische Scheibenbremsen und sie haben auch durchaus ihre Anhänger. Aber wenn ihr ein bestehendes normales MTB hernimmt und es mit einem Rennlenker versehen wollt, findet ihr zu 99 % hydraulische Scheibenbremsen vor. Gleiches gilt für den Kauf moderner Schaltbremshebel – diese sind meistens für hydraulische Scheibenbremsen vorgesehen.
Und wenn ihr vom Straßenrennrad oder vom Gravelbike kommend mit den dort verbauten Scheibenbremsen zufrieden seid, gibt es wenig Gründe, von den entsprechenden Bremsen bzw. Bremszangen abzuweichen. Dann ist der einzige Aspekt, um den man sich kümmern muss, die Montageart der Bremszangen an den Rahmen bzw. an die Gabel. Da gibt es im Wesentlichen heute nur noch Postmount und Flatmount.
Eigentlich ist es super einfach: man nimmt die Bremsen, die eh an den Rennlenker-Schaltbremshebeln dran sind (oder mitgeliefert werden), mindestens noch einen Postmountadapter für die Federgabel dazu, und fertig ist die Laube.
Wenn ihr aber aus irgendeinem Grund mit den euch bekannten Scheibenbremsen hadert, dann kann es sich lohnen, nach weiteren Optionen Ausschau zu halten. Etwa die Verwendung von Doppelkolben-Bremszangen aus gleichem Hause wie eure Schaltbremshebel oder auch Bremszangen von Drittherstellern. Gründe könnten z.B. Dosierbarkeit sein. Oder auch die Bremskraft, die euch an euren bisherigen (Gravel-)Rädern zu gering war. Letzteres wird wahrscheinlich automatisch dadurch behoben, dass wir beim MTB üblicherweise vorne und hinten einen Größensprung in den Rotoren, also den Bremsscheiben vornehmen werden. Wo also typischerweise an Rennrädern und Gravelbikes vorne 160 mm (140 mm nur noch in Ausnahmefällen) und hinten 140 mm (oder auch 160 mm) verbaut werden, ist der Standard bei XC-Mountainbikes vorne 180 und hinten 160 mm. Das wirkt schon enorm positiv und da braucht es (für mich als leichte Person und selbst mit bepacktem Rad) nicht notwendigerweise Doppelkolben-Bremszangen oder noch größere Rotoren als 180 mm, die aber auch problemlos möglich wären.
Doch der Reihe nach, was gibt es zu beachten? 3 Dinge: Bremsflüssigkeit bzw. das Hydraulikmedium, Montageart der Bremszangen und Übersetzungsverhältnis zwischen Hebel und Bremskolben.
Bremsflüssigkeit: niemals mischen
Im großen und ganzen lassen sich Hydraulikbremsen für das Fahrrad in zwei Arten aufteilen: welche, die Mineralöl-basierte Bremsflüssigkeiten und solche, die spezielle synthetische Bremsflüssigkeiten verwenden. Letztere sind auch weitestgehend in allen Kraftfahrzeugen zu finden. Beide haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. Für uns hier ist wichtig: sie greifen auch auf unterschiedliche Arten und Weisen unterschiedliche Materialien wie Kunststoffe, Hydraulikschlauch-Innenwände und Dichtungen an. Deswegen muss man nicht nur aus anderen Kompatibilitätsgründen penibel darauf achten, niemals Komponenten unterschiedlicher Hersteller zu verwenden, die auf verschiedene Bremsflüssigkeiten setzen.
Und hier ist es leider so, das die zwei großen Gruppen-Hersteller Sram und Shimano auf unterschiedliche Fluide setzen. Bei Shimano ist es Mineralöl und bei Sram ist es Dot 5.1 Bremsflüssigkeit. Bei Drittherstellern ist es ebenfalls unterschiedlich, auf welches System sie setzen. Einige Dritthersteller bieten auch Bremszangen für den Endkunden an, die für den Anschluss an Shimano- oder Sram-Rennlenker-Schaltbremshebel vorgesehen sind. Da muss man dann bei der Bestellung darauf achten, auch wirklich die Bremse für das entsprechende System in den Warenkorb zu legen und zu verbauen. Sonst kann es böse enden.
Dieser Aspekt bedeutet aber leider auch, dass man, ungleich zum Mix im Antriebsstrang, bei den Bremsen leider kein „Best of both Worlds“ herstellen kann. Die Schalt-Bremshebel von Sram aus dem sehr komfortablen AXS System mit den guten und ein vernünftiges Mindestmaß an Pad-to-Rotor-Gap bereitstellenden MTB-Bremszangen von Shimano – das geht leider nicht. Mehr als Schade, aber so ist es nun mal. Hier bleibt uns nur abzuwarten und zu hoffen, das Sram ihre Hydraulikbremsen bei der nächsten Iteration der AXS-Straßengruppe anpackt und deutlich verbessert. Die AXS MTB Gruppe wurde ja gerade in ganz neuer Form als „Eagle Transmission“ frisch diesen Monat vorgestellt. Leider hat man sich unabhängig davon zwar auch um die Bremsen, aber nur um die Geber, sprich, die Bremshebel gekümmert.
Montageart: Postmount und Flatmount und Standard-Rotorengröße
Neben Postmount und Flatmount gab es früher auch noch IS-Mount und davor sicher weitere. Wichtig ist: Flatmount ist der neuere Standard und hat sich bei Rennrädern und Gravelbikes durchgesetzt. Warum? Nun, er ist im wahrsten Sinne weniger auftragend, weil flach angeschlagen. Also einerseits ästhetische Gründe – wobei das debattierbar war und ist. Aber andererseits sparte man sich das anmodellieren von kleinen Domen mit Innengewinde, die „Pföstchen“ für den Pföstchen- äh, den „Post-“ mount. Das schafft natürlich besonders bei Carbonrahmen Mehraufwand. Flatmount braucht im Grunde nur zwei gewindelose Löcher.
Deswegen findet man Flatmount-Montagen mittlerweile auch bei modernen MTB-Rahmen. Mindestens mal solchen für XC-MTBs. Aber halt nur am Rahmen, also hinten. Vorne an der Federgabel ist es immer noch der Postmount-Standard, der benutzt wird. Und das aus gutem Grund: Die Bremsen sind so nämlich ein Stück einfacher zu installieren und zu justieren.
Das vorgenannte bedeutet nun, dass eure Rennlenker Schaltbremshebel, wenn sie als Kit mit bereits angeschlossenen Bremszangen geliefert werden, definitiv Flatmount-Bremszangen beinhalten. Und dass ihr euren Rahmen und eure Gabel daraufhin überprüfen müsst, ob sie Flatmount- oder Postmount-Montage vorsehen und für welche Bremsscheibengröße die Montage-Pfosten bzw. die Montage-Löcher vorgesehen sind.
Vermutlich wird es bei euch ähnlich wie bei meinem Canyon Exceed sein: Rahmenaufnahme (hinten) Flatmount und Gabelaufnahme (vorne) Postmount.
Der Komponentenhersteller Hope Tech hat hier sehr schöne Übersichten, wie man feststellt, welchen Mount man an seinem Rahmen / seiner Gabel hat: Brake Mount Identification Chart 2021 und hier, wie man am Beispiel der RX4+ Bremszangen feststellt, welche genau man benötigt: RX4 Caliper Selection Chart v2.
Schaut ein bisschen komplex aus, ist aber gar nicht kompliziert. Z.B. ist ein Flatmount am Rad hinten entweder für 140 und 160 mm Bremsscheiben oder für 160 und 180 mm Bremsscheiben positioniert. Bei Rennrädern wohl fast immer ersteres, bei MTBs wohl fast immer letzteres. Rennrad- (und damit gleichzeitig Gravelbike-) Bremszangen von Shimano und Sram sind immer für 140 / 160 mm Bremsscheiben und die entsprechende Montageloch-Postion ausgelegt. Wird eine 160 mm Bremsscheibe verwendet, bleibt die separate Montageschine, die werksseitig unter der Bremszange montiert ist, dran. Wird eine 140 mm Bremsscheibe verwendet, schraubt man diese ab und die Bremszange direkt an den Rahmen.
Was ist, wenn man an so einem Rahmen dann hinten sogar eine 180 mm Bremsscheibe verwenden will? Ganz einfach: man braucht entweder einen weiteren Zwischenadapter, der die Bremszange nochmal 20 mm weiter von der Radachse entfernt. Oder man kauft gleich eine Bremszange, die dies eingebaut hat. Z.B. bei Hope dann die RX4+ Flatmount +20 Variante. Natürlich muss geprüft werden, ob die Platzverhältnisse zwischen Kettenstrebe und Sitzstrebe ausreichen, um auf eine so große Bremsscheibe zu gehen.
Und bei Postmount und für die Gabel ist es das gleiche Schema. Da sind – zumindest bei XC-Federgabeln – die Aufnahmen meist für 180 mm Rotoren positioniert. Auch da schaut man dann, welcher Adapter gebraucht wird.
Achtung: hier habe ich Adapter immer nur in Bezug auf die Bremsscheibengröße verwendet. Das sind keine Adapter, die euch die Montage einer Flatmount-Bremszange an einem Postmount und umgekehrt ermöglichen. Das ist noch ganz etwas anderes und dazu komme ich jetzt.
Post zu Flatmount Adapter
Wie gesagt haben wir zwei Möglichkeiten für unsere Rennlenker-Konversion und Bremsenauswahl:
- separate Bremszangen entsprechend der an Rahmen / Gabel vorgefundenen Montageart kaufen und montieren
- oder mitglieferte Bremszangen per Adapter verwenden
Diese Adapter müssen also erlauben, Flatmount-Bremszangen an Postmount-Aufnahmen des Rahmens bzw. der Gabel zu montieren. Wonach sucht man jetzt in Google oder in den Portalen der Versandhändler? Flatmount zu Postmount oder Postmount zu Flatmount Adapter? Egal wonach, ihr werdet immer das falsche finden! Interessanterweise findet man recht viele Flatmount zu Postmount-Adapter. Damit sind aber immer Adapter gemeint, die es erlauben, eine Postmount-Bremszange an eine Flatmountaufnahme zu montieren. Nicht umgekehrt.
In meiner Recherche bin ich nur auf genau zwei (!) Hersteller und Adapter gestoßen, die das umgekehrte und hier gesuchte bewerkstelligen: eine Flatmount-Bremszange an eine Postmountaufnahme zu montieren. Eine vom kanadischen Hersteller A.S. Solutions und dann ist es zum zweiten mal wieder Wolf Tooth Components, die in die Bresche springen. Die bieten den „Post to Flat Mount Brake Adapter“ an und der ist genau das, was wir brauchen.
Dieser Adapter stellt gleichzeitig eine +20mm Distanzkonversion dar, die es bei der Überprüfung der Einbaurandbedingungen zu beachten gilt. Für übliche XC-Federgabeln mit 180 mm Postmount-Montage passt das prima: die standardmäßige Flatmount-Bremszange wird ohne ihre werksseitig angeschraubte Zusatzschiene auf den Adapter geschraubt und dieser dann direkt an die Aufnahme der Federgabel.
Wenn man also mit seinen Bremsen, die man vielleicht schon vom Rennrad oder Gravelbike kennt, glücklich ist, gibt es keinen Grund gegen diesen Adapter. Die Verwendung mindestens einer Distanzschiene für einmal 20 mm ist nämlich sowohl bei Flat- wie Postmount-Bremszangen Standard. Man hat sogar den Vorteil, bei einem etwaigen Gabeltausch flexibel zu sein. Zum Beispiel könnte man ja für eine entsprechende Bikepacking-Verantstaltung entscheiden, doch keine Federgabel zu benötigen. Vielleicht ist der Kurz verhältnismäßig eben und die Herausforderung liegt vielleicht im weichen Boden oder den Höhenmetern, die es zu bewältigen gilt? Vielleicht wollt ihr dann eine Starrgabel einwechseln? Um Gewicht zu sparen und gleichzeitig eingebaute Gabelmontagepunkte zu erhalten? Nun – meistens wird eine entsprechende Gabel, z.B. die Enve Mountain Fork dann sowieso auch Postmount-Aufnahme vorsehen (macht am meisten Sinn). Vielleicht ja aber auch Flatmount – und dann könnt ihr in beiden Fällen ohne Kopfschmerzen einfach und geschwind Gabeln hin- und hertauschen.
So sieht der Adapter aus, den ich problemlos bei Wolf Tooth direkt bestellen konnte:
Und so sieht es aus, wenn die Sram Rival Bremszange mit diesem Adapter an der Fox Rhythm Remote und an der Rockshox SID SL verbaut und mit einer 180 mm Bremsscheibe benutzt wird:


Übersetzungsverhältnis Bremshebel zu Bremskolben
Bei der Verwendung der Original-Bremsen brauchen wir uns darüber keine Gedanken zu machen. Aber schon innerhalb eines Herstellers ist es trotz gleicher Bremsflüssigkeit (und damit grundsätzlicher Unbedenklichkeit hinsichtlich Dichtungshaltbarkeit etc.) nicht angeraten, einfach zwischen Rennlenker-Schaltbremshebeln einerseits und beliebigen MTB-Bremszangen andererseits zu mischen. Da passt dann entweder das Bremshebel-Reservoir gar nicht mit dem benötigten Pumpvolumen hinter den Bremskolben zusammen oder es leidet im Mindesten mal die gute Bremsmodulation. Ihr müsst also auch bei Drittherstellern darauf achten, dass die entsprechenden Bremssättel entweder explizit für die Verwendung mit Rennlenker Schaltbremshebeln vorgesehen sind (etwa die RX4+ von Hope oder die C22 von Trickstuff) oder der Hersteller selbst die Kompatibilität bestätigt. Sram hat hier eine sehr schöne Übersicht: MTB and Road Hydraulic Disc Brake Lever and Caliper Compatibility.
Da sieht man, dass es grüne (perfekt), gelbe (ist kompatibel, aber Performance könnte nicht so wie erwartet sein) und rote Kombinationen (geht gar nicht, Unfallgefahr) gibt. Aus der gesamten Sram MTB-Bremsenfamilie sind es also nur die Level, und zwar in der ULT und der TLM-Version und die Level Stealth 2P (also die Zweikolben-Version), die 100 % und wie vorgesehen zusammen funktionieren. Und wenn man sich die anschaut, dann sieht man schon: das muss der ohnehin der gleiche Bremssattel wie z.B. der der Rival oder Force sein, nur halt mit Postmount-Montage. Technisch gewinnt man also nichts, aber man hat direkt die richtige Montageart für seinen Rahmen oder seine Gabel.
Wenn man dann für seine Gabel aber trotzdem wieder eine Adapterschiene von z.B. 160 auf 180 mm Scheibengröße braucht, dann hat man auch preislich nichts gewonnen. Denn der Wolftooth Post to Flat Mount Brake Adapter kostet selbst per Direktversand aus USA weniger als ein neuer Level Bremssattel von Sram.
Welche Bremsen habe ich an meinem Exceed verbaut und warum?
Mein einziges Problem mit Sram-Bremsen ist der arg geringe Pad-to-Rotor-Gap, d.h. die freibleibende Lücke zwischen den Bremsbelägen und der Bremsscheibe. Ich habe es weiter oben im Artikel schon angesprochen und ich habe diesem Thema auch mal einen ganzen Beitrag gewidmet: Tipps und Tricks zur Montage und Wartung von hydraulischen Scheibenbremsen am Rennrad, Crosser und Gravelbike.
Das ist beileibe nicht nur bei Sram so, sondern eine industrieweite „Krankheit“ von hydraulischen Scheibenbremsen für Fahrräder und im Besonderen Rennrädern und Gravelbikes, der sich bisher scheinbar nur Shimano angenommen hat. Deren aktuelle Generation von MTB und sogar auch Straßen-Scheibenbremsen setzen auf eine (bei den Straßengruppen nur sehr leichte, aber immerhin) Vergrößerung dieses Abstandes, die durch clevere Hebelkinematik in der Bedienung und im Bremsgefühl überhaupt keine Nachteile bereitet.
Wenn ich jetzt ein weiteres Rad neu aufbauen würde und da dann ohnehin wenigstens vorne einen neuen Bremssattel benötigen würde (wenn kein Adapter verwendet wird) und auch hinten sowieso den Bremssattel neu anschließen muss (weil die Bremsleitung durch den Rahmen geführt wird), dann kann man doch mal versuchen, etwas besseres zu finden.
Die Hoffnungen waren gering (siehe Industrieweite des Problems) aber ab und an findet man Erfahrungsberichte, dass die Hope RX4+ zumindest einen Hauch besser in Punkto Pad-to-Rotor Gap sein soll. Aber auch Berichte, dass dem nicht so wäre. Ich kann es vorwegnehmen: es ist nicht so. Also leider in dieser Hinsicht Fehlanzeige. Man gewinnt keinen Deut mehr „Quality of Life“, was einfaches Laufradwechseln nach Reifenwechseln, Pannen oder Transport des Rades im Auto angeht (Filigranität des Wiedereinsetzens des Laufrades ohne die Bremsbeläge zu beschädigen) oder Schleiffreiheit bei nur kleinsten Imperfektionen (thermische Bremsflüssigkeitsausdehnung bei langen Downhills, auch nur minimalst verzogene Bremsscheibe, unterschiedliche Laufradsätze etc. pp.).
Aber immerhin sind es schöne Bremsen und auch im 4fach-Kolben-Design und vielleicht hilft das ja in Punkto gleichmäßige Kolbenwege links und rechts und dem Vermeiden der gefürchteten „Sticky Pistons“ (siehe dazu den zuvor verlinkten Artikel zu Tipps und Tricks zur Montage und Wartung von hydraulischen Scheibenbremsen).
Eine weitere Dritthersteller-Bremse, die in diesem Zusammenhang mit Pad-to-Rotor Gap ab und an mal Positiv erwähnt wird, ist die C22 von Trickstuff. Aber auch da habe ich meine Zweifel. Wie ihr mich kennt, hätte ich mir aber auch diese einfach mal gekauft, um es auszuprobieren. Das ist mein Service für euch! ;-) Aber auch mir springt das Geld nicht so einfach aus der Tasche und mehr noch habe ich wenig Lust, für nichts und wieder nichts doppelt und dreifach an meinen Rädern zu schrauben. Da ich also auch bei der C22 berechtigte Zweifel an dieser besonderen Eigenschaft habe, wollte ich vor weiteren Beschaffungskopfschmerzen (schon ohne Lieferkettenprobleme sind Trickstuff-Komponenten notorisch schlecht bis unmöglich zu bekommen, so meine Wahrnehmung) Gewissheit haben. Also habe ich eine entsprechende Anfrage direkt an Trickstuff gerichtet, wo ich gefragt habe, ob das eine Designvorgabe bei der C22 Bremse gewesen sei und diese tatsächlich ein eher größeres Pad-to-Rotor-Gap als andere Bremsen vorsieht. Leider blieb diese Anfrage unbeantwortet.
Also daher: keine Trickstuff C22 und die Hope RX4+ derzeit nur hinten. Denn die habe ich natürlich zuerst montiert, um genau diesen und weitere Aspekte zu testen. Resultat: sie sieht sehr schön aus, lies sich gut montieren und entlüften und bremst tadellos. Sie gefällt mir also insgesamt sehr gut. Super schade halt nur, dass sie genau so schlecht wie Sram in Bezug auf das Pad-to-Rotor Gap ist. Benötigt wird die folgende Version: HOPE Bremssattel RX4+ Flatmount FM Std für SRAM | DOT.


Aus diesem Grund war natürlich die Motivation gering, auch vorne die entsprechende und schon bereit liegende Postmount RX4+ Bremszange zu montieren. Denn: bauartbedingt muss man an Mountainbikes und Federgabeln mit der Bremsleitung nirgendwo „durch“. D.h. man kann den fix und fertig als Kit gelieferten Schaltbremshebel für vorne mit der Bremsleitung und dem Bremssattel fix und fertig angeschlossen, befüllt und entlüftet aus der Schachtel nehmen und einfach ans Rad schrauben. Den Wolftooth Adapter dafür hatte ich ja. Das war meine erste Testkonfiguration und so habe ich sie bisher belassen. Bremst sehr fein – kann man so lassen. Vielleicht läuft mir ja doch mal ein C22 Bremssattel über den Weg, dann kann ich den ja mal ausprobieren. Oder ich schraube irgendwann doch mal den RX4+ Bremssattel vorne dran und kann dann in diesem Zuge auch die vordere Bremsleitung doch ein paar cm kürzen. Hierfür habe ich die folgende Version bereit liegen: HOPE Bremssattel RX4+ Postmount für SRAM | DOT.
Die andere Option wäre natürlich: die hintere RX4+ Bremszange wieder abmontieren und die originale Sram Rival Bremszange anschließen. Falls das jemand aus OCD (Obsessive-Compulsive Disorder) Gründen unbedingt braucht ;-)
Fazit des Ganzen: würde ich das Rad noch einmal aufbauen, würde ich mir den Umweg über die Hope RX4+ sparen und einfach bei den im Kit gelieferten Sram Bremssätteln (Rival, Force oder Red) bleiben.
Damit sind wir am Ende von Teil 3 angelangt. Weiter geht es im folgenden Teil 4 mit Fragen zum 1x Antrieb. Wie findet man die richtige Kettenblatt-Größe, was hat die Kettenlinie damit zu tun und was ist der Q-Faktor? Und Teil 5 und somit der Abschluss der Serie ist ebenfalls bereits fertig geschrieben; dieser folgt dann am Wochenende.
Schreibt mir gerne, falls ihr euch mit ähnlichen Gedanken eines Umbaus eines Mountainbikes befasst oder ob ihr selbst schon Erfahrung mit der Konversion eines alten mechanischen Sram 11fach oder 12fach Schalthebels für den Einsatz mit einer 12fach-Schaltung am MTB oder auch Gravelbike gesammelt habt. Oder ihr weitere Möglichkeiten bereits irgendwo gesehen habt. Da gibt es sicher noch weitere Optionen, die ich noch nicht erwähnt habe. Ich könnte mir z.B. auch die Verwendung einers althergebrachten, und sicherlich auch in moderner Form verfügbaren sogenannten Friction-Shifters vorstellen. Also – nicht für mich persönlich. Ich möchte elektronische Schaltung nicht mehr missen und auch bei mechanischer Schaltung soll es bitte alles vollintegriert und gerastert sein. D.h. indexiertes Schalten und gleichzeitig Bremsen mit ein- und demselben Schaltbremshebel (deswegen heissen die ja so). Aber manchmal sieht man solche Schalter durchaus und es kann ja für manchen eine Lösung sein. Das noch als letzten Tip ganz zum Schluss und gleichzeitig als Beispiel, was ihr gerne alles Schreiben könnt.
Artikelhistorie:
- 19.04.2023: Erstveröffentlichung
- 20.04.2023: Update: Schaltungsoption 4.) GRX 1×11 mittels GRX Schaltwerk, verlängerter Schaltkäfig von Garbaruk hinzugefügt
Hallo Torsten,
die Kompatibilität von Shimano-Teilen im Bereich der Bremshebel und -zangen ist innerhalb der Road-, Gravel- und MTB-Gruppen gegeben. Dies liegt daran, dass überall 10mm-Geberkolben verbaut werden unabhängig von der Bremssattel-Technik (2oder4 Kolben).
An meinem Gravelbike fahre ich vorne einen Tiagra4725-Bremsschalthebel mit einer MTB- SLX7100-2KOLBEN-Bremszange (Postmount). Hinten fahre ich die dazugehörige Tiagra4700-Bremszange (Flatmount). Bremsmodulation und -Druckpunkt sind gefühlt identisch. Der Leerweg vorne ist trotz 2,3mm starker Scheibe geringfügig groeßer was nicht stört.
Vorne fahre ich eine 160mm-Scheibe in 2,3mm Stärke von Brakestuff. Damit hatte ich bei 135kg-Gesamtgewicht bei meinen Alpentouren noch keinerlei Fading- bzw. Thermische Probleme.
Beste Grüße aus Murnau am Staffelsee
Wolfram Popp
Hallo Wolfram,
Kompatibilität wirklich bei allen? Bei Sram ist es ja nicht ganz so. Ob das bei Shimano z.B. auch für eine Saint zutrifft? Aber gut – es wäre ja umso besser. Wichtig ist, dass man sich vorher vergewissern muss. Da hilft auf jeden Fall auch schon mal deine Erfahrung. Vielen Dank für’s Teilen. :)